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Mönchsdeggingen: Kabarettist Rolf Miller: Der König der Halbsätze erfreut Mönchsdeggingen

Mönchsdeggingen

Kabarettist Rolf Miller: Der König der Halbsätze erfreut Mönchsdeggingen

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    Kabarettist Rolf Miller ist in Mönchsdeggingen in der Rose aufgetreten.
    Kabarettist Rolf Miller ist in Mönchsdeggingen in der Rose aufgetreten. Foto: Anton Kutscherauer

    „Wenn nicht wann dann jetzt“ lautet der Titel des Programms, das der Kabarettist Rolf Miller auf Einladung des Dorfvereins Mönchsdeggingen im Saal der komplett ausverkauften „Rose“ präsentierte. Vor 180 Besuchern trat der Kleinkünstler den Beweis an, dass es möglich ist, einen satirisch-humorvollen Abend zu gestalten, ohne auch nur einen einzigen vollständigen Satz gesprochen zu haben.

    Einziges Requisit auf der Bühne ist ein Stuhl. Auf diesen setzt Miller sich und lässt seine Bühnenfigur einfach drauf los schwadronieren. Nach einer zufriedenstellenden Kurzanalyse der persönlichen Situation („Haus bezahlt, Kinder ausgezogen, Auto bestellt“) geht es zunächst um die technischen Feinheiten des neuen SUVs („autogenes Fahren“ mit „Aufprallverstärker“), Robert Habeck („Großmeister für erneuerbare Politik“) und um die Tochter von Boris Becker: „Das einzige Kind der Welt, bei dem nur der Vater feststeht.“

    Unsortierte Gedankenwelt: Rolf Miller auf der Bühne in Mönchsdeggingen

    Und schon hat Miller das Publikum eingeführt in die unsortierte Gedankenwelt seines Protagonisten, der da bräsig auf dem Stuhl flegelt. Zu allem und jedem hat dieser eine Meinung, welche zumeist reichlich hanebüchen ist und deren Inhalt aufgrund sprachlicher Hilflosigkeit oft völlig verdreht wird. Ob es um Windräder geht („jetzt geht’s voran mit’m Stillstand“), um die Arbeitswelt („bei uns fehlt doch auch der Fachkräftemangel“) oder um Gesundheitsvorsorge („bin auch für freiwillige Impfpflicht“). Kennzeichnend in diesem wirren Brei von Andeutungen und Phrasen sind dabei scheinbar wahllos hingeworfene Satzfragmente ohne Anfang und Ende sowie die Vermischung gängiger Redewendungen („Das Leben ist kein Ponyschlecken“, „ganz schmaler Spagat“, „die Weisheit mit’m Löffel erfunde“). 

    So wird der Besucher auf witzige Weise hinabgeführt in die Niederungen einfältigen Stammtisch-Niveaus. Hinab auf die Ebene provinzieller Kleingeister und Besserwisser mit ihren halbgaren Weisheiten und einer derben Brachial-Logik, geprägt von Dilettantismus und Bildungsferne. Stellvertretend dafür stehen neben dem Akteur sein Kumpel Achim („geistiger Nichtschwimmer“) und dessen Bruder Jürgen, der sich in seinem „Zweckverband Ehe“ eingerichtet hat. Oder deren Schwester („der Apparat“), die sich nach drei Scheidungen als „unbemannte Kampfdrohne“ mit „zwei Kindern von vier Männern“ durchs Leben schlägt. 

    Rolf Miller erhielt den Deutschen Kabarettpreis 2011

    „Wenn nicht wann dann jetzt“ ist Rolf Millers achtes Kabarettprogramm. Erstmals aufhorchen ließ er im Jahr 1994, als er das Passauer Scharfrichterbeil verliehen bekam. In der Zwischenzeit kamen zahlreiche Auszeichnungen hinzu, unter anderem der Bayerische Kabarettpreis (2004), der Deutsche Kleinkunstpreis (2006) oder der Deutsche Kabarettpreis (2011). Zudem ist er regelmäßig im TV zu sehen, etwa als Hausmeister im Satire-Format „Asül für alle“. Bemerkenswerte Erfolge, obwohl er an seiner Bühnenfigur in all den Jahren nichts verändert hat. 

    Auch im zweiten Teil lässt Miller seinen bauernschlauen Proleten zur persönlichen Interpretation des Weltgeschehens von der Leine. Man muss genau hinhören, um in dem meist widersinnigen Geschwurbel das – häufig doch vorhandene - Körnchen Wahrheit zu entdecken („Der Idealismus wächst mit der Entfernung zum Problem“). Gekonnt übt sich Rolf Miller in der Kunst der Wort- und Gedankenlücken, des Gestammels und der Halbsätze. Nicht zu Unrecht wird er gerne als „der konsequenteste Minimalist auf deutschen Kabarettbühnen“ bezeichnet. Folgerichtig endet der gelungene Kabarett-Abend in Mönchsdeggingen mit einem unvermittelt abgebrochenen Satz. Nach einer Zugabe, in der Miller sich als veritabler Stimmenimitator beweist, wird er vom begeisterten Publikum mit reichlich Beifall verabschiedet.

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