Heutzutage werden nicht mehr annähernd so viele Briefe verschickt wie noch vor 20, 30 Jahren. E-Mails und digitale Kurznachrichten haben die schriftliche Nachricht zu einem großen Teil ersetzt. So ist es nicht verwunderlich, dass auch das Sammeln von Briefmarken aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich: Vereine sind noch immer aktiv. Briefmarken werden noch immer ausgegeben. Sammler jagen noch immer dieser einen Marke hinterher, und gerade Vereinsmitglieder sehen ihre Briefmarkensammlung als eine Art sehr spezielle Wertanlage, auch im Landkreis Donau-Ries. Wichtig ist nur zu wissen, was eine Briefmarke wirklich wertvoll macht.
Auf der Suche nach Antworten geht es zu einem Großtauschtag im Landkreis Donau-Ries. Veranstaltet wurde ein solcher kürzlich von den Briefmarkenfreunden Nördlingen. Im Goldbachsaal in Baldingen waren laut Sascha Hönle die ersten Gäste schon vor Beginn um 9 Uhr gekommen, um die in ihrer Sammlung fehlende Marke zu suchen und, davon abgesehen, einfach zu stöbern. Denn auch wenn eine Briefmarkensammlung freilich einem gewissen Geldwert gegenübersteht und seltene Briefmarken für Hunderte, Tausende ja bis zu mehreren Millionen Euro bringen könnten, so geht es den Sammlern hauptsächlich darum, etwas Besonderes zu finden.
So stellt man den Wert von Briefmarken fest
Sascha Hönle ist bei den Briefmarkenfreunden mit 32 Jahren einer der Jüngsten. Was eine Briefmarke am Ende wirklich wertvoll mache, hänge von vielen Faktoren ab, sagt er. Eine Faustregel sei: Je seltener eine Marke, desto wertvoller ist sie vermutlich. Aber es gibt auch verschiedene Qualitätsmerkmale.
Eine Briefmarke, die postfrisch ist, also wie von der Post ausgegeben ohne Stempel und ohne Verwendung auf einem Brief, hat den höchsten Wert. Eine mit Klebefalz bringt schon deutlich weniger, und gestempelt ist der Wert noch etwas geringer. In einem Beispiel wären das 3000 Euro für die postfrische Variante, 800 für eine Marke mit Falz und 85 Euro gestempelt. Bei Letzterem gelte der Preis allerdings nur, wenn Ort, Datum und Postamt gut lesbar seien, sagt Hönle. Das sei gar nicht so oft der Fall, sagt sein Stellvertreter Sigmar Goldau.
Goldau erklärt anhand eines Katalogs die unterschiedlichen Wertigkeiten von Briefmarken. So seien gerade Sammlungen mit Briefmarken ab den 50er-, 60er-Jahren kaum noch etwas wert, weil es auf dem Markt gerade eine regelrechte Schwemme gebe. Doch was tun mit Briefmarken aus dem Nachlass von Großeltern und Eltern, die eine Vielzahl aus Marken dieser Zeit beinhaltet? Wegschmeißen?
Was tun mit der Briefmarkensammlung aus dem Nachlass?
Sascha Hönle meint: "Man kann es nicht pauschal sagen." Doch genau für solche Fälle sind die Briefmarkenfreunde da. Auch am Großtauschtag kommt eine Frau vorbei und erkundigt sich, was sie mit einer Briefmarkensammlung der Familie machen solle. Der Verein sieht sich als erster Ansprechpartner, um mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie nehmen die Sammlungen unter die Lupe. Wenn wertvolle Briefmarken dabei seien, würden sie beispielsweise dazu raten, zu Auktionen zu gehen oder die Marken selbst zu verkaufen, sagt Hönle.
Kürzlich musste der Verein eine Sammlung aus dem Nachlass eines Mitglieds veräußern. Da seien zwischen 3500 und 4000 Euro zusammengekommen, hauptsächlich, weil gültige Eurobriefmarken darin enthalten waren, die noch zum Versand von Briefen verwendet werden könnten. Sie werden auch als Frankaturmarken bezeichnet.
Die Briefmarkenhändler, die an jenem Oktobersonntag in Baldingen sind, haben ihre wertvollsten Briefmarken nicht dabei. Dafür umso mehr Marken aus der Zeit zwischen 1920 und 1950. Norbert Bork aus Heidenheim steckt das Geld, das er bei Tauschmärkten erhält, wieder in seine eigene Sammlung. Für ein Set der Olympischen Spiele in Berlin aus dem Jahr 1936 hat er einen Preis von 30 Euro angesetzt. Die Briefmarken seien postfrisch. Doch ob er so viel dann von einem Käufer erhalte, sei eine andere Frage, meint er.
Heinz Neubrand betreibt einen An- und Verkauf von Briefmarken. Im Goldbachsaal hat er sogar Regale aufgestellt, so umfangreich ist sein Angebot. Einer der Briefmarkenfreunde erzählt an dem Stand eine Anekdote. Harald Theiss selbst sammelt unter anderem Komponisten.
Nach der langen Suche nach einer bestimmten Marke habe der Zufallsfund regelrecht Glücksgefühle in ihm ausgelöst. Wesentlich wertvollere Marken, die einst in seinen Besitz kamen, hätten dies nicht getan: "Wenn ich etwas Teures kaufe, habe ich diese Freude manchmal nicht."
Kontakt zu den Briefmarkenfreunden im Internet unter www.briefmarkenfreunde-noerdlingen.de.