Wie jedes Jahr um diese Zeit werden jetzt die jungen Triebe des Gemüsespargels geerntet, die im sandigen Boden des östlichen Rieses wachsen. Damit sich der weiße Spargel nicht verfärbt, muss er aus dem Damm herausgestochen werden, bevor der Kopf die Erde durchbricht. Laut dem Statistischen Bundesamt ist Spargel in Deutschland das am häufigsten angebaute Freilandgemüse. Doch das Ernten und Verkaufen ist durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Krise dieses Jahr nicht so einfach.
So sind auf dem Sonnenhof der Familie Murr in Rudelstetten nur 50 Prozent der sonst eingesetzten Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa angekommen, wie Ulrich Murr sagt. Die kalten Nächte ließen den Spargel noch nicht so stark wachsen, weshalb sie momentan keinen Engpass beim Stechen haben. Murr ist jedoch skeptisch, ob Menschen aus der Region als Erntehelfer einspringen können, da Spargelstechen eine körperlich anstrengende Arbeit sei. Mit dem Spargelverkauf ist Murr bis jetzt zufrieden. Dieser funktioniere gut über den Lebensmittelhandel, wie auch über die Märkte in Nördlingen und München. Bis auf einige Ausnahmen, wo „Essen to go“ angeboten wird, falle jedoch die Gastronomie als Abnehmer aus. Murr weiß nicht, ob er dieses Jahr seinen Spargel komplett verkaufen kann und meint dazu: „Wir machen das Beste aus der Situation.“
Bereits seit Ende der vergangenen Saison ist Familie Göggerle in Laub durch ihren Spargelvollernter fast unabhängig von Erntehelfern. Dieses Frühjahr helfen beim Ernten und Sortieren nur vier polnische Saisonkräfte, die bereits am Gründonnerstag eingereist sind, bevor Karfreitag die Grenzen geschlossen wurden, sagt Erich Göggerle. Sie arbeiten meist an der Wasch- und Sortieranlage. Dort wird der geerntete Spargel mit Eiswasser gewaschen, heruntergekühlt und einzeln per Hand gesäubert. Der Spargelvollernter mit Kettenantrieb, mit dem Göggerle über den Spargeldamm fährt, ist erst der dritte seiner Bauart, erklärt er. Vor der Ernte stellt er die zwei rotierenden Scheiben, die den Spargel abschneiden, auf die richtige Höhe ein, damit der Wurzelstock nicht beschädigt wird. Ein Laufband befördert den geschnittenen Spargel samt Erde nach oben, diese fällt dabei ab und der Spargel wird in die bereitgestellten Kisten gelegt. Unten am Vollernter befinden sich zwei Scharen, die den Damm wieder über die Spargelstöcke häufeln, damit die nächsten Triebe nachwachsen können.
In Deutschland arbeiten nur fünf Prozent ohne Folie
Doch nicht nur mit dem Spargelvollernter sind Tanja und Erich Göggerle eine Ausnahme bei den Spargelbauern. Mit ihrem Anbau ohne Folie gehören sie zu den deutschlandweit nur rund fünf Prozent, die keine Abdeckung auf den Spargeldamm legen. Ihnen sei dies wichtig, sagen sie, denn sie sind überzeugt, dass sich dadurch der Geschmack des weißen Gemüses steigert. Auch verzichten sie der Umwelt zuliebe auf die Plastikfolie. Doch ihr geplantes Verkaufskonzept, dieses Jahr auf Busreise-Gruppen zu setzen, mussten sie umstellen. Deshalb bieten sie das dafür geplante Spargelmenü jetzt sonntags als Drive-In zum Verkauf nach Vorbestellung an. Ebenso haben sie Privatabnehmer, Lebensmittelhändler und Gasthäuser, wie auch den Spargelverkauf ab Hof, und sind sich deshalb sicher, ihren Spargel verkauft zu bekommen.
In Alerheim bauen Sabine und Karl-Heinz Straß auf ihrem Spargel- und Kürbis-Hof ebenfalls das beliebte Frühjahrsgemüse an. Durch Mundpropaganda hätten sie rechtzeitig nach Deutschland eingereiste rumänische Erntehelfer gefunden, sagt Sabine Straß. Gemeinsam mit den eingearbeiteten Arbeitskräften aus der Region stechen sie den Spargel. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, kommentiert Straß dies, denn das richtige Stechen lasse sich lernen, ist sie überzeugt. Ihr Spargel werde über verschiedene Absatzwege, vom Privatkunden bis zum Gastronom, gut angenommen. Doch ob sie alles verkaufen können, werde sich zeigen, meint Straß. Sehr gut akzeptiert würden auch ihre neue Spargel-Drive-In- Hütte vor dem Hof sowie ihr seit zwei Jahren existierender Kühlschrank zur Spargel-Selbstbedienung.
Bis Johanni, 24. Juni, wird die Delikatesse und Heilpflanze geerntet und kann solange noch frisch und reichlich als regionales Gemüse auf die Rieser Teller kommen.