Frau Lettenbauer, wie fällt die Bilanz Ihrer ersten Periode als Landtagsabgeordnete aus?
EVA LETTENBAUER: Für mich ist es ein Privileg, Volksvertreterin zu sein. Ich nehme die Aufgabe sehr ernst. Sie macht mir große Freude. Aus dem Landkreis konnte ich in den vergangenen fünf Jahren sehr viele Anliegen mit nach München nehmen.
Als Vertreterin einer Oppositionspartei hatten Sie aber keinerlei Einfluss auf die Regierungsarbeit. War das nicht ziemlich frustrierend?
LETTENBAUER: Es waren in der Tat keine positiven Erfahrungen. Die Regierungsfraktionen haben so gut wie jede Idee aus der Opposition abgelehnt, was ich sehr schade fand. Wir sind alle Vertreter des Volkes und sollten zusammenarbeiten. Dennoch haben wir Grüne sehr viel Druck gemacht, sodass die Staatsregierung manche Idee, wie ein Klimaschutzgesetz, das aber noch viel zu unverbindlich ist, von uns aufgenommen hat.
Aktuell weht den Grünen ein scharfer Wind ins Gesicht. Die Umfragen zeigen nach unten. Haben Sie Angst, dass Sie und Ihre Partei bei der Landtagswahl am 8. Oktober im Vergleich zu 2018 schlechter abschneiden?
LETTENBAUER: Ich gehe davon aus, dass wir ein ähnlich gutes Ergebnis bekommen. Wir lagen auch 2018 vor der Wahl bei rund 16 Prozent und haben uns hochgekämpft. In Bayern arbeiten mein Co-Vorsitzender und ich und unser Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann jeden Tag für ein gutes Ergebnis. Mit unserem Regierungsprogramm machen wir den Menschen Angebote, wie man in Bayern auch in den kommenden Jahren gut leben kann.
Gelegentlich gewinnt man den Eindruck, dass die Grünen-Kandidaten in ihren Stimmkreisen nicht besonders präsent sind….
LETTENBAUER: Da haben Sie wirklich eine falsche Wahrnehmung. Wir sind täglich in Gesprächen, Diskussionsveranstaltungen und auf sonstigen Terminen, um mit Unternehmen, Vereinen und Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren. Wir machen im Wahlkampf auch Haustürbesuche, bei denen wir uns persönlich vorstellen.
Sind Sie dabei auch umweltfreundlich unterwegs?
LETTENBAUER: Selbstverständlich. Innerhalb des Landkreises fahre ich mit dem E-Auto. Bei weiter entfernten Terminen nutze ich den Zug.
Sie stehen auf Platz eins der schwäbischen Landtagsliste Ihrer Partei, was wohl den sicheren Einzug in den Landtag bedeutet. Welche Schwerpunkte setzen Sie in der nächsten Wahlperiode in Ihrem Fachausschuss im Landtag?
LETTENBAUER: Ich brauche jede einzelne Stimme, sicher ist ein Ergebnis erst nach der Wahl. Ich strebe an, wieder im Ausschuss für Arbeit und Soziales zu arbeiten und will weiterhin für stabile Arbeitsplätze sorgen. Auch den Ausschuss für Wirtschaft und Energie kann ich mir als Wirtschaftsingenieurin vorstellen.
Und in Ihren Stimmkreis Donau-Ries?
LETTENBAUER: Ich bin seit Langem regelmäßig in Kontakt mit Vertretern der Landwirtschaft und mit ihnen auch in vielen Punkten einig. Zum Beispiel wollen wir das Zubetonieren landwirtschaftlicher Flächen eindämmen. Der Dialog ist mir sehr wichtig und ich werde ihn auch in der nächsten Wahlperiode fortsetzen. Auch mein Engagement für genug gute Kita-Plätze will ich fortsetzen.
Inzwischen gibt es in Bayern eine brisante Aiwanger-Affäre. Was sagen Sie dazu?
LETTENBAUER: Der Wirtschaftsminister muss noch viele offene Fragen beantworten, zuerst hat er es abgestritten, jetzt gibt er zu, dass er die antisemitische Hetzschrift im Ranzen hatte. Ministerpräsident Markus Söder muss ihn entlassen. Er ist nicht mehr tragbar. Schon als er sich bei der Demonstration in Erding von Rechtsextremen hat feiern lassen und ihre Worte verwendet hat, hätte er sein Amt aufgeben müssen.
Seit längerer Zeit betreiben die bayerischen Regierungsparteien verstärkt Ampel-Bashing. Wie gehen Sie damit um?
LETTENBAUER: Das ist keine verantwortungsvolle Politik. Ich erwarte von Söder und Co. nicht, dass sie alles, was in Berlin passiert, gutheißen. Aber man sollte darüber konstruktiv diskutieren und nicht einfach nur dagegen sein oder sogar komplett falsche Informationen, Lügen also, über Gesetze verbreiten. Das macht die gesellschaftliche Stimmung kaputt. Die Menschen durchschauen das jedoch immer mehr und kommen deshalb verstärkt zu unseren Veranstaltungen, weil wir Grüne eine Palette guter Ideen präsentieren, nicht zuletzt auf dem Feld der Erneuerbaren Energien mit Fotovoltaik, Windkraft und Biomasse.
Sollte sich Markus Söder vor dem Hintergrund der Aiwanger-Affäre von den Freien Wähler als Koalitionspartner nach der Wahl abwenden, stünden dann die Grünen mit Ihnen als Landesvorsitzende für eine Zusammenarbeit bereit?
LETTENBAUER: Wir wollen mehr Einfluss in der Landespolitik und deshalb regieren.
Das heißt also eine mögliche Koalition mit der CSU?
LETTENBAUER: Den Umfragen nach ist das die wahrscheinlichste Variante, ja.
Aber Söder hat ein Zusammengehen mit Ihrer Partei ausgeschlossen…
LETTENBAUER: Das entscheiden in einer Demokratie die Wählerinnen und Wähler. Man muss mit allen Parteien reden, außer mit denen, die unsere Verfassung infrage stellen, so wie die AfD. Eine nach vorne gerichtete Politik ist nur mit den Grünen möglich.