Die Runde ist schon mal lockerer gewesen bei der Konjunktur-Bilanz der Industrie- und Handelskammer (IHK) Donau-Ries in Donauwörth. Und das kommt nicht von ungefähr: Die Stimmung ist bei den Unternehmen im Landkreis schlechter als im schwäbischen Durchschnitt, wie der am Montag veröffentlichte IHK-Konjunkturindex zeigt.
100 Punkte sind die magische Grenze. Alles darunter zeugt von Tristesse in der Wirtschaft, alles knapp darüber steht auf gut Bayrisch für "passt schon". Von euphorischen Werten weit über der 100-Punkte-Marke war man zuletzt angesichts der sich aneinanderreihenden Krisen ohnehin weit entfernt gewesen. Im Donau-Ries-Kreis liegt jener Index, der sich aus einer breit angelegten Befragung sämtlicher IHK-Mitgliedsunternehmen ergibt, jetzt bei 95. Also eher Tristesse. "Kein Stimmungsumschwung", so nennt es IHK-Regionalvorsitzender Andreas Dirr, der zugleich Geschäftsführer beim Wohnwagenhersteller Fendt Caravan in Mertingen ist. Zwar bewerteten die hiesigen Firmen ihre aktuelle Geschäftslage besser als zu Jahresbeginn und deutlich besser als noch im Herbst 2022 - doch von Optimismus oder gar Aufbruch kann generell keine Rede.
Fachkräftemangel ist nicht das einzige Sorgenkind im Kreis Donau-Ries
Es waren 64, vor allem große und größere Industriebetriebe aus dem Landkreis, die der IHK die Daten für den Stimmungsbericht geliefert hatten. Laut diesem machen sich die Firmen Sorgen wegen fünf entscheidender Punkte: Erstens wäre da der eklatante Fachkräftemangel zu nennen, den es, so Dirr, zweifelsohne mittlerweile querbeet gebe - im Landkreis schlägt dieses Thema sogar härter ins Kontor als andernorts, zumal hier die Arbeitslosigkeit mit zwei Prozent so niedrig sei, dass der Personalmarkt schier komplett abgegrast ist. Auch auf die Energie- und Rohstoffpreise blicken 65 Prozent der Betriebe nach wie vor wie das Kaninchen auf die Schlange. IHK-Regionalgeschäftsführer Oliver Stipar erklärt hierzu, dass jener Wert noch höher ausfiele, hätte die Bundesregierung nicht unlängst mit den Energiepreisbremsen - wenn auch verspätet - für etwas Beruhigung gesorgt. Trotzdem: Es sei eine Beruhigung auf hohem Kostenniveau. "Die Politik muss sich im Klaren sein, dass wir in einem internationalen Wettbewerb stehen", betont Dirr.
Auf kurz oder lang würden auch hiesige Betriebe über Produktionsverlagerungen in das kostengünstigere europäische Ausland nachdenken - und nachdenken müssen. Gut die Hälfte der Firmen nannte zudem hohe Arbeitskosten und "wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen" als Risiken für die künftige Entwicklung. Dirr und Stipar führen zu letztem Punkt eine vom Gesetzgeber ausgehende "überbordende Bürokratie" an - manchmal durchaus mit guten Absichten, die sich aber oft als kosten- und personalintensives "Bürokratiemonster" entpuppen würde. Wie solle ein Betrieb nachverfolgen und nachweisen, dass beispielsweise bei 5000 Bauteilen für einen Wohnwagen jedes Einzelteil unter den allerbesten Arbeitsbedingungen hergestellt wurde - "das geht nicht", sagt Dirr. Auch die Inflation sei noch immer ein Hemmschuh, Stichwort: Inlandsnachfrage. Die Teuerung lag 2022 bei knapp acht Prozent, aktuell geht man von gut sechs Prozent aus. "Die Menschen konsumieren weniger, sie legen mehr zurück", resümiert Stipar. Will heißen: Was nicht in den Wirtschaftskreislauf gepumpt wird, sorgt im besten Falle für Stagnation, im schlimmsten für einen Rückgang der Wirtschaftskraft - das Gespenst Rezession ist offenbar noch nicht gebannt.
Der größte Arbeitgeber im Donau-Ries-Kreis ist optimistisch
Derweil machen sich nicht alle Betriebe im Kreis Sorgen. Nachgefragt beim Sprecher des mit Abstand größten Arbeitgebers in der Region, Airbus Helicopters in Donauwörth. "Die Lage ist gut", bilanziert Gregor von Kursell kurz und knapp. Der Konzern habe eine "internationale Kundenbasis", es gebe auch aufgrund langfristiger Bestellungen und Verträge "keine Umsatzeinbrüche". Der Standort Donauwörth, an dem gut 7000 Menschen arbeiten, werde weiterhin gestärkt und darin investiert. Was aber zu spüren sei, so Kursell, sei indes durchaus der Mangel an Fachkräften. Auf dem Feld "Energie" mache sich der Konzern derzeit Gedanken - hierzu werde es im Sommer eine "größere Entscheidung" geben, über die Kursell noch keine Details preisgeben möchte.
Zur allgemeinen Stimmung passt wiederum der jüngste Geschäftsbericht des Batterienherstellers Varta, der ein großes Werk in Nördlingen hat. Nach "starken Jahren des kontinuierlichen Wachstums" hätten sich zuletzt "die angespannte weltwirtschaftliche Lage, das eingetrübte Konsumverhalten, die Corona-Langfristfolgen sowie die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise" auf den Konzernumsatz des Unternehmens ausgewirkt. Für das Geschäftsjahr 2022 liegt der bei 806,9 Millionen Euro, was einem Rückgang um 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresumsatz entspreche.
Mit einem Umsatzrückgang in dieser Größenordnung rechnet unterdessen auch Andreas Dirr für seinen Betrieb, Fendt Caravan in Mertingen. Der resultiere aber auch daraus, dass die Nachfrage nach Wohnwagen in der Corona-Zeit auf einem außerordentlich hohen Level gelegen habe.
Die Politik müsse rasch reagieren, Anreize setzen für Investitionen, energie- und steuerpolitisch sowie auf dem Arbeitsmarkt für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen. Sonst drohe die Wirtschaft im Lande wie auch in der Region zu einer "lahmen Ente" zu werden, so die IHK-Vertreter.