Eines der beherrschenden politischen Themen in Deutschland ist derzeit die Krankenhausreform der Ampel-Regierung, die vergangenen Woche vom Bundestag mehrheitlich verabschiedet wurde. Sie ist umstritten, weil sie aus Sicht der Unionsparteien nicht zuletzt die Existenz der Krankenhäuser im ländlichen Raum bedroht. Was sagen die drei Bundestagsabgeordneten aus der Region dazu? Wie wird die Situation im gemeinsamen Kommunalunternehmen (gKU), das für die Häuser zuständig ist, beurteilt? Am Mittwochnachmittag tagte der gKU-Verwaltungsrat und diskutierte darüber.
Richtig in das Thema „reingekniet“ hat sich nach eigener Aussage der CSU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lange. Seit geraumer Zeit versuche er das neue Gesetz zu durchdringen, um mögliche Konsequenzen für Nordschwaben herauszufiltern.
Ulrich Lange: „Brückenfinanzierung“ fehlt
„Es ist klar, dass wir eine Reform brauchen, jedoch nicht so“, erklärte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Es fehle beispielsweise als wichtiges Element eine „Brückenfinanzierung“ seitens des Staates für die Häuser auf dem Land, die mitunter mit dem Rücken zu Wand stünden. Dies sei im Landkreis Donau-Ries glücklicherweise nicht der Fall. „Unsere Kliniken sind gut und stabil aufgestellt, so dass sie die Reform überleben werden.“ Im Nachbarlandkreis Dillingen stelle sich die Lage hingegen weitaus schwieriger dar. Von großer Bedeutung, so Lange, sei jetzt eine zeitnahe Auswirkungsanalyse, um herauszufinden, wie sich die Reform konkret regional, also auch in Nordschwaben, auswirke. Diese fehle bisher.
Positiv bewertet der Nördlinger in dem Gesetz hingegen die Abkehr von den zunächst geplanten „Levels“, in die der Bundesgesundheitsminister ur-sprünglich die Krankenhäuser habe einteilen wollen. „Das hätte einen Kahlschlag für die gKU-Kliniken bedeutet“, ist sich der Abgeordnete sicher. Die jetzt nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen zum Tragen kommenden unterschiedlichen „Leistungsgruppen“ könnten für die regionalen Häuser eine Chance bedeuten, ihre Stärken herauszustellen. Schwierigkeiten sieht Lange bei den geplanten Vorhaltepauschalen, die die bisherigen Fallpauschalen teilweise ablösen sollen. 60 Prozent der Vergütung für die Kliniken würde künftig über diese Pauschalen errechnet. Mit einer „Entökonomisierung“ habe dies wenig zu tun.
Laut Lange braucht es Kooperationen zwischen den Krankenhäusern
Auf die Frage, wie er sich die Kliniklandschaft Nordschwabens für die Zukunft vorstelle, meinte Lange: „Wir brauchen Kooperationen zwischen einzelnen Häusern über die Landkreis- und Landesgrenzen hinweg.“ Möglichkeiten sehe er im Bereich der Urologie oder der Kinderheilkunde zwischen dem Ostalbkreis und dem Stiftungskrankenhaus. Mit Dillingen würde sich eine Intensivierung der Kooperation auf dem Gebiet der Kardiologie anbieten.
Langes Kollege von der SPD, Christoph Schmid, begrüßte das Gesetz nachdrücklich und machte gegenüber unserer Redaktion deutlich, durch die Reform werde die Behandlungsqualität zum Wohle der Patienten eine Steigerung erfahren bei gleichzeitiger Sicherstellung der ländlichen Versorgung.
Schmid: Bundeseinheitliche Vorgaben sorgen für gute Qualität
Anders als CDU und CSU ist Schmid davon überzeugt, dass das Reformgesetz die wohnortnahe medizinische Versorgung aufrechterhalten und den Strukturwandel im Sinne der Patientinnen und Patienten begleiten werde. Bundeseinheitlichen Vorgaben würden darüber hinaus für eine gute Qualität sorgen, weil künftig komplexe Behandlungen dort vorgenommen würden, wo auch die Qualität am höchsten sei. Durch die veränderte Finanzierung entfielen für die Krankenhäuser künftig Anreize, möglichst viele Fälle zu erbringen. „Diese Spezialisierung, die das gKU rechtzeitig unternommen hat, führt in den Kliniken im Landkreis Donau-Ries ohnehin schon zu insgesamt besseren Behandlungsergebnissen für die Patientinnen und Patienten.“
Der FDP-Abgeordnete Maximilian Funke-Kaiser äußerte sich so: „Die Bundesregierung verbessert mit der Krankenhausreform die Behandlungsqualität der Patienten. Künftig seien Fachkliniken für die Betroffenen einfacher erkennbar, um eine bessere Auswahl treffen können.“ Potenziell lebensbedrohliche Erkrankungen dürften künftig nur noch von zertifizierten Zentren mit routinierten Experten behandelt werden. So werde verhindert, dass Krankenhäuser aufgrund finanzieller Fehlanreize Behandlungen übernehmen, für die sie nicht die nötige Expertise hätten. Länder und Freistaat forderte Funke-Kaiser auf, ihren Investitionsverpflichtungen für die Kliniken nachzukommen.
Unsere Redaktion hat der gKU-Verwaltungsratsvorsitzende und Landrat Stefan Rößle auf Anfrage noch über die Verwaltungsratssitzung informiert und erklärt, dass die drei Kreiskliniken weiterhin eine Zukunft hätten. Keine müsse sich um den Fortbestand in der bisherigen Form Sorgen machen. Eine Auswirkung der Reform werde es dennoch geben: In den Einrichtungen fielen alle Belegabteilungen weg. Davon betroffen seien die Urologie, Hals-Nasen-Ohren sowie die Augenheilkunde. Dies sei für das gKU insofern verkraftbar, als diese Bereiche keine starken Belegungen verursacht hätten und ohnehin der Trend in Richtung ambulante Behandlungen gehen, sagte Rößle.
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