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Landkreis Donau-Ries: 35-Stunden-Woche für Lokführer? "Das ist so nicht umsetzbar"

Landkreis Donau-Ries

35-Stunden-Woche für Lokführer? "Das ist so nicht umsetzbar"

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    Triebfahrzeugführer werden nicht nur im Landkreis Donau-Ries gesucht.
    Triebfahrzeugführer werden nicht nur im Landkreis Donau-Ries gesucht. Foto: Marcus Merk (Symbolbild)

    Ohne sie ist die Verkehrswende nicht möglich, kein anderes Fahrzeug kann so viele Menschen gleichzeitig von Augsburg nach Bopfingen oder von Nördlingen nach Donauwörth bringen: Lokführer, wie sie umgangssprachlich genannt werden, offizielle Berufsbezeichnung: Triebfahrzeugführer. Kürzlich schilderte Go-Ahead-Sprecher Winfried Karg gegenüber unserer Redaktion, dass der Lokführermarkt in Südbayern nahezu leer sei. Dazu heißt es von Lokführern bisweilen hinter vorgehaltener Hand, dass viele Menschen die Prüfung nicht schaffen. Was macht die so kompliziert? Und ist es in ländlicheren Regionen schwerer, Triebfahrzeugführer zu finden?

    Das erste Jahr für Go-Ahead im Landkreis Donau-Ries war von Problemen geprägt, neben den großen Vorfällen und Baustellen gab es auch ganz profan Zugausfälle aufgrund von Krankheit. Doch auf dem Arbeitsmarkt sieht es mager aus, aktuell sind keine Lokführer im Bezirk der Agentur für Arbeit Donauwörth arbeitslos gemeldet, wie Sprecherin Christine Jung mitteilt. In der Region waren 2022 in diesem Bereich im Schnitt zwei Arbeitslose verzeichnet, bayernweit waren es 39 Personen, neuere Zahlen liegen nicht vor. Die Nachfrage sei aber da, Quereinsteiger werden gesucht, die dann von den Betreibern umgeschult werden.

    Lokführer Kadir Sahin aus Langweid fährt für Go-Ahead Bayern Züge quer durchs Augsburger Land.
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    Lokführer Kadir Sahin aus Langweid fährt für Go-Ahead Bayern Züge quer durchs Augsburger Land. Impressionen aus dem Führerstand.

    Go-Ahead: Immer weniger halten bis zur Lokführer-Abschlussprüfung durch

    Im Jahr 2022 übernahm Go-Ahead im Landkreis Donau-Ries den Großteil des Zugverkehrs, das Bahnunternehmen betreibt die eigene Akademie "Go-Train". Die Zahl der Quereinsteiger liegt in Baden-Württemberg bei rund 70 beziehungsweise 40 Personen in Bayern, teilt Go-Ahead mit. 320 Lokführer wurden so seit Herbst 2019 ausgebildet. Dazu startete im September der neue Ausbildungsjahrgang mit zwölf künftigen Fahrerinnen und Fahrern. Die Ausbildung dauert drei Jahre.

    Doch nicht alle von ihnen beenden diese auch: "Branchenweit ist der Erfahrungswert, dass rund 60 bis 70 Prozent derjenigen, die die Ausbildung beginnen, bis zur Abschlussprüfung durchhalten und diese dann auch schaffen. Leider hat sich der Wert in den letzten Jahren verschlechtert", teilt Go-Ahead-Sprecherin Daniela Birnbaum mit. Zwar gebe es aktuell keine unbesetzten Stellen, jedoch fehle immer wieder Personal für Bereitschaftsschichten – also Lokführerinnen und Lokführer, die einspringen, falls jemand krank wird. Das decke man durch externe Lokführer ab.

    GDL könnte ab 8. Januar wieder streiken

    Der Schichtdienst mache diesen Beruf sicher nicht ganz einfach, dazu kann nicht jeder diesen Beruf ausüben: Man müsse diverse Tests durchlaufen, gut sehen und Deutsch können. Dazu kommt ein falsches Berufsbild, wie Birnbaum mitteilt: "Wir merken auch, dass viele Menschen beim Beruf des Lokführers immer noch das klischeehafte Bild im Kopf haben, dass das Männer machen müssten. Das ist gar nicht so, aber viele Frauen bewerben sich gar nicht erst, weil sie es sich nicht zutrauen oder gar nicht auf die Idee kommen, dass das ein toller Beruf für sie sein könnte." Die Ausbildung selbst sei anspruchsvoll, aber mit etwas Fleiß machbar. Problematisch sei sicher das viele Lernen.

    Bundesweit diskutiert wird aktuell die Arbeitszeit, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) versucht diese von 38 auf 35 Wochenstunden für ihre Mitglieder zu verringern, ab 8. Januar drohen weitere Streiks. Bei Go-Ahead würden die Forderungen zu höheren Personalkosten von 50 Prozent führen, heißt es. Weniger Arbeitszeit führe zu verschärftem Personalmangel und "noch mehr Stress im System Schiene".

    Ausbildung für Lokführer ist komplex

    Wie sieht es mit dem Besetzen von Stellen im ländlicheren Bereich aus? Birnbaum teilt mit, dass dies möglich sei – "wenn Bewerber in unmittelbarer Nähe der Einsatzstelle ihres Schichtbeginns und -endes leben". Heimatnahes Arbeiten sei vielen wichtig, doch immer weniger Menschen seien bereit, mehr als 30 Minuten zu pendeln. Starke Industriestandorte erschwerten aber die Rekrutierung durch vergleichsweise leichteres Einarbeiten und besseren Verdienst in solchen Branchen.

    Der große Wettbewerber auf dem Stellenmarkt ist die Deutschen Bahn, die nur noch bedingt in der Region unterwegs ist, etwa mit dem RE16, der über Donauwörth nach Augsburg fährt. 3700 Lokführerinnen und Lokführer beschäftigt das Unternehmen nach eigenen Angaben in Bayern, 400 werden derzeit ausgebildet. Wie schwierig Teile der Ausbildung sind, bestätigt auch eine DB-Sprecherin: "Insbesondere Module wie zum Beispiel 'Signale des Regelbetriebes', 'Technische Grundlagen der Triebfahrzeugtechnik' und die Bremsprobenberechtigung bieten eine hohe Komplexität und müssen vertiefend erlernt werden, um diese dann auch praktisch anwenden zu können."

    In Zukunft werde die Lage noch schwieriger, denn es würden fast doppelt so viele Menschen den Arbeitsmarkt verlassen, wie hineinkommen würden. Die DB versuche gegenzusteuern, etwa durch das Anwerben von Personal aus dem Ausland. Zudem wolle man Zielgruppen – unter anderem Frauen – gezielt ansprechen. Dazu will die DB die Arbeitsbedingungen verbessern: So seien den Mitarbeitenden etwa flexible Arbeitszeitmodelle wichtig.

    Die von der GDL geforderte 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich bedeute für den Konzern aber eine Viertageswoche: "Das ist für die DB so nicht umsetzbar. Der Konzern bräuchte dann zehn Prozent mehr Mitarbeitende."

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