Startseite
Icon Pfeil nach unten
Nördlingen
Icon Pfeil nach unten

Interview: Bürgermeister von Neresheim: "Die Zeit geht gegen mein Amtsverständnis"

Interview

Bürgermeister von Neresheim: "Die Zeit geht gegen mein Amtsverständnis"

    • |
    Thomas Häfele ist seit vier Jahren Bürgermeister in Neresheim und hat damit Halbzeit.
    Thomas Häfele ist seit vier Jahren Bürgermeister in Neresheim und hat damit Halbzeit. Foto: Viktor Turad

    Sie sind am 29. Oktober 2017 zum Bürgermeister von Neresheim gewählt worden und haben Ihr Amt als Nachfolger von Gerd Dannenmann am 1. Januar 2018 angetreten. Für Sie ist nun folglich Halbzeit. Was hat Sie da am meisten gefordert?
    THOMAS HÄFELE: Es war eine sehr spannende Zeit, und es kamen viele Projekte gleichzeitig auf die Verwaltung und mich zu. Das war herausfordernd. Was mich aber jetzt seit zwei Jahren vor allem beschäftigt, ist die Corona-Pandemie. Das ist nicht nur eine schwierige Zeit, sie geht auch komplett gegen mein Amtsverständnis. Mir ist wichtig, Leben in die Stadt zu bekommen und etwas zu bewegen. In der Pandemie aber gilt eher die Devise, nach Möglichkeit nichts mehr zu machen, bei dem Menschen zusammenkommen. Deshalb ist es weiterhin schwierig, Projekte voranzubringen. Und das alles hat ja auch finanzielle Auswirkungen.

    Bei Ihrem Amtsantritt haben Sie von großen Herausforderungen gesprochen, vor denen Neresheim steht, nämlich zum Beispiel die Digitalisierung, der demografische Wandel und ein zunehmendes Anspruchsdenken. Würden Sie das heute auch noch so formulieren, und wenn ja, wie sind Sie diese Herausforderungen angegangen?
    THOMAS HÄFELE: Das sind nach wie vor Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Bei der Digitalisierung haben wir schon vieles gemacht, denken Sie an den Breitbandausbau, wo wir mit dem "Weißen-Flecken-Programm" versuchen voranzukommen. Mittlerweile haben auch alle Amtsleiter und die Stadträte auf Tablets umgestellt. Nächstes Jahr gehen wir mit der E-Akte die papierlose Verwaltung an und werden ein Bürgerinformationssystem einführen. Beim demografischen Wandel ist uns gegen alle Statistiken ein Bevölkerungswachstum gelungen. Seit meinem Amtsantritt haben wir 120 Einwohner mehr und die 8000-Einwohner-Grenze überschritten. Wir versuchen, der älteren Gesellschaft beispielsweise durch den Stadtbus und anderes mehr Rechnung zu tragen. Das Anspruchsdenken schließlich erleben wir gerade jetzt in der Corona-Pandemie, auch der Ton ist rauer geworden.

    Eine der großen Herausforderungen, denen Sie sich stellen mussten, war die Sanierung des Freibads in Kösingen. Kaum eine Gemeinderatssitzung in Neresheim hat so viele Zuhörerinnen und Zuhörer angezogen wie die beiden Sitzungen, in denen es um die Zukunft des Bades gegangen ist.
    THOMAS HÄFELE: Ich bin froh, dass wir es gemacht haben und dass es so gut funktioniert hat. Es war zum absolut richtigen Zeitpunkt. Ein oder zwei Jahre später hätten wir es wegen der Pandemie nicht mehr angehen können. Ich bin auch allen dankbar, die dabei mitgezogen haben, vom Stadtbauamt über den Bäderbetriebsleiter und vor allem dem starken Ehrenamt. Nicht zu vergessen die Initiative Freibad, die uns mit Spendenaktionen unterstützt hat. Das Bad ist trotz der Beschränkungen und obwohl das Wetter nicht so toll war, schon gut angenommen worden. Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren Besucherzahlen zu erreichen, die wir in der Vergangenheit mit dem alten Bad nicht hatten.

    Wie verhindern Sie, dass die Ortskerne ausbluten? Was tun Sie beziehungsweise können Sie tun gegen Leerstände?
    THOMAS HÄFELE: Das große Problem ist definitiv die Kernstadt. Wir waren schon im Gespräch mit Investoren, und es gab Planungen. Die Verhandlungen mit den Eigentümern sind aber knifflig. Es wäre absolut notwendig, in der Innenstadt Wohnraum zu schaffen und auch Geschosswohnungsbau umzusetzen. Da haben aber noch nicht den Durchbruch erzielt.

    Inwieweit hat die Corona-Pandemie Ihre Agenda gestört? Was konnten Sie deswegen nicht so umsetzen, wie Sie es eigentlich gewollt hatten?
    THOMAS HÄFELE: Bei den Bauprojekten ist es erstaunlich, dass wir ziemlich im Plan liegen. Da bin ich ganz stolz auf mein Haus und insbesondere auf das Stadtbauamt. Aber man merkt natürlich schon, dass die Pandemie die Entwicklung einer Stadt hemmt. Investoren sind vorsichtiger. Bei Veranstaltungen ist alles schwieriger. Ich denke auch, dass der eine oder andere Leerstand zum Teil der Pandemie geschuldet ist und dass er deswegen nicht kurzfristig gefüllt werden kann. Das "Blühende Neresheim" andererseits hat den Vorteil, dass es im Sommer und im Freien ist, da konnte man alles durchführen. Aber zum Beispiel das Open-Air-Konzert mit DJ Ötzi mussten wir schon zweimal verschieben, und den Kulturherbst mussten wir zum zweiten Mal abbrechen.

    Der bislang letzte Beschluss im Kreistag, dem Sie selbst angehören und der Neresheim direkt betrifft, ist die einstimmige Unterstützung für den Bau der Ortsumfahrungen Neresheim und Ohmenheim. Wie sehr haben Sie sich darüber gefreut und wie geht es jetzt weiter?
    THOMAS HÄFELE: Natürlich habe ich mich gefreut, dass wir es hinbekommen haben, und das auch noch einstimmig. Denn es war ja nicht immer klar, ob alle Fraktionen mitziehen. Wir werden jetzt zügig in eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Es wird geprüft, ob die Trasse aus den 80er-Jahren heute überhaupt so gebaut werden kann, ob sie finanzierbar ist, oder ob sie anders geplant werden muss. Das alles wurde nie näher untersucht. Im Spätsommer sollen die Ergebnisse auf dem Tisch liegen.

    Was sind die größtem Herausforderungen in der zweiten Halbzeit?
    THOMAS HÄFELE: Eine der größten Herausforderungen wird die Kinderbetreuung sein. Wir werden uns im Gremium darüber unterhalten müssen, ob wir oben auf der Sohlhöhe ein Bildungshaus bauen. Der Bedarf ist trotz des Naturkindergartens in Schweindorf und des Kindergartens in Ohmenheim noch nicht gedeckt. Zum einen gab es noch nie so viele Geburten wie in diesem Jahr, was sehr erfreulich ist. Zum anderen wird der Wunsch für eine Betreuung der Kinder ab dem ersten Lebensjahr bei den Eltern immer größer. Hinzu kommt ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Daher entwickeln wir konkrete Pläne, ob wir in unmittelbarer Nähe des Schulzentrums ein Bildungshaus umsetzen. Das wäre sehr zukunftsweisend, aber auch sehr kostenintensiv. Die zweite große Herausforderung ist die Sanierung der Härtsfeldschule. Die ist stark in die Jahre gekommen, es regnet in manche Teile rein, und das lässt sich einfach nicht mehr schieben.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden