Immer wieder führt der Weg in den Garten eines Imkers nach Ebermergen, weil einige interessante, auch recht alte Obstbäume darin stehen. Diesmal stellte der Eigentümer Baum und Früchte einer Sorte vor, die vor 1920 von einem Ulmer Baumwart namens Jakob Unseld vermutlich als Sämling gefunden wurde. Bis in die 60er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde die Sorte rege vermehrt.
Groß und stark gewachsen steht der Baum in Ebermergen neben einem ähnlich aussehenden Sonnenwirtsapfelbaum, der an dieser Stelle schon vorgestellt worden ist.
Die Literatur spricht von einer wenig interessanten Frucht. Doch der Imker ist ebenso wie der Artikelverfasser samt Frau vom Geschmack nicht "unbegeistert". Wenn es also recht unterschiedlich geprägte Gaumen und Geschmacksempfindungen gibt, so waren doch drei Menschen auf einmal überzeugt: Der glockenförmige Unseldapfel schmeckt für einen Wirtschafts- und Mostapfel auch mal für den Frischverzehr gar nicht so übel.
Der Unseldapfel trotzt immer schwierigeren klimatischen Bedingungen
Die Sorte ist ein heißer Tipp, wenn man einen guten Stammbildner braucht. Jakob Lebel oder Lohrer Rambur bilden zum Beispiel gerne mal schräge Stämme. Mit dem Jakob Fischer kann der Unseldapfel also in dieser Hinsicht für Vermehrungskundige mithalten. Auf Streuobstwiesen ist der Charakter dieser Sorte eigentlich ein Traum: Viele Seitentriebe gehen aus einem stabilen Astgerüst hervor und die Leitäste sind bezeichnend gerade. Wegen der frostharten Blüte gibt es entsprechend hohen Ertrag – ein Geheimtipp wegen der immer schwierigeren klimatischen Bedingungen.
Bei dünnen Ästen mag es hier und da zu Krebsbefall infolge eines Pilzes kommen, womit der Baum aber sehr gut klarkommt. Denn die Bäume sind insgesamt sehr robust.
Betreffs Pollenspendereigenschaften scheint noch Recherche notwendig zu sein. Bei der Planung und Ergänzung von Streuobstwiesen spielt diese eine Rolle, wenn man mit einem gewissen Ertrag rechnen will. Das Orchester aus diploiden und triploiden Sorten, also solchen, die gute oder schlechte Bestäuber sind, entscheidet über die "Melodie", die über die Jahre hinweg in Form qualitativer Früchte auf den Bäumen hängt. Genau dafür bedarf es aber auch der Arbeit fleißiger Bienen.
Diese Merkmale hat der Unseldapfel
- Baum: außergewöhnlich starker Wuchs, schon als Jungbaum stabiles Gerüst, kräftiges Dickenwachstum und gerade Leitäste
- Blüte: mittelfrüh, forsthart
- Schale: grünlich gelb, sonnenseits teils blassrot verwaschen
- Frucht: zunächst festes Fruchtfleisch, schwach säuerlich, häufig glasig
- Pflückreife: ab Mitte Oktober
- Genussreife: spätestens Januar
- Haltbarkeit: April
Hinweis: Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenverein und Obstbaumpfleger.