An diesem Fall ist manches ungewöhnlich: Etwa, dass ein 20-Jähriger eine Rolex für 10.000 Euro über ein Kleinanzeigen-Portal verkauft. Oder der Übergabe-Ort für ein (vermeintlich) so wertvolles Gut: ein Supermarkt-Parkplatz in Nördlingen. Dieser war der Schauplatz eines Betrugs, der kürzlich vor dem Nördlinger Amtsgericht ein erstes Ende fand. Was war passiert?
Im vergangenen Jahr verkaufte ein junger Mann in Nördlingen über ein Kleinanzeigen-Portal eine gebrauchte Rolex samt Garantiekarte für rund 10.000 Euro – doch Uhr wie auch die Garantiekarte waren gefälscht. Das wusste der junge Mann und musste sich deswegen vor dem Nördlinger Amtsgericht verantworten – wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung.
Prozess vor dem Amtsgericht: Treffen auf Nördlinger Supermarktparkplatz
Sven Gaudernack, der Verteidiger des heute 21-Jährigen, äußert sich vor Gericht für seinen Mandanten: Der räume den Vorfall ein, er habe die gefälschte Rolex für 10.000 Euro verkauft, um seine Schulden zu bezahlen. Den Rest habe er verspielt. Mehr, etwa Informationen zur Herkunft der Uhr, wolle der 21-Jährige nicht schildern.
Dafür legt der Geschädigte aus Franken seine Sicht des Vorfalls dar: Über das Kleinanzeigen-Portal und Handynachrichten habe er mehrmals mit dem Nördlinger Kontakt gehabt. Auch Auszüge aus den Chats werden verlesen, so versuchte der 34-Jährige noch zu verhandeln. Einen Vertrag wollte er ebenfalls aufsetzen, doch der junge Verkäufer schilderte, seinen Geldbeutel kürzlich verloren zu haben. Weitere Papiere zur Uhr habe er nicht. Dennoch ist der 34-Jährige interessiert, sie treffen sich schließlich auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Nördlingen.
Unbekannte sollten wohl den Preis für die Uhr hochtreiben
Richterin Sandra Fischer fragte den Käufer, ob er sich nicht über den Verkaufsort gewundert habe. Der 34-Jährige entgegnet bestimmt: „Man muss sich vorstellen: Das ist nicht meine erste Uhr.“ Auch der Uhrmacher, dem er die Uhr einige Tage später gezeigt hatte, habe die Fälschung nicht auf den ersten Blick erkannt. Man habe sich ja nicht im Wald, sondern auf einem öffentlichen Parkplatz getroffen. Dazu kommt ein weiterer Punkt: „Ich kannte diese Uhr schon: Ich hatte sie in Grün, in Anthrazit und ich wollte sie in Blau.“ Der Verkäufer hatte ihm im Vorhinein auch ein Video auf Anfrage geschickt: „Da war ich sicher, dass es die Uhr auch gibt.“
Schließlich schildert er aber doch, dass ihn so manches gewundert habe: Dass da etwa zwei andere Personen kamen, die auf einmal auch die Uhr kaufen wollten - wohl Freunde des Angeklagten, vermutet der Käufer. Sie hätten jedenfalls nicht so ausgesehen, als ob sie 10.000 Euro für eine Uhr ausgeben wollten. Doch er habe dann die Uhr gekauft. Der Angeklagte sei dann schließlich zu Fuß über ein (damals) unbebautes Grundstück verschwunden. Erst als er das Uhrenarmband anpassen lassen wollte, habe der Rolexhändler nach kurzer Zeit gesagt, dass es sich um eine Fälschung handle. Damit per Nachricht konfrontiert, hatte der Verkäufer den Kontakt abgebrochen. Der 34-Jährige zeigte ihn an.
Prozess in Nördlingen: Angeklagter bekommt Geld von der Familie
Der Angeklagte hat fünf Eintragungen im Bundeszentralregister, etwa wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Pädagogin der Jugendgerichtshilfe schilderte, dass der Angeklagte keinen Schulabschluss, keine Ausbildung und keine Arbeit habe, er werde aber von der Familie unterstützt, bekomme 700 bis 1000 Euro im Monat.
Auch Sicht von Staatsanwalt Robert Birkner trug das eher nicht zu einer positiven Sozialprognose bei, vor allem, weil die Berufssuche schleppend verlaufe. Der Angeklagte habe einen hohen Schaden verursacht und er sei mit großer krimineller Energie vorgegangen. Der 21-Jährige habe sich nicht das leichtgläubigste Opfer gesucht, aber er habe den Verkauf über die Bühne bringen und den Preis hochhalten wollen. Aber die Tat habe der Mann gestanden. Eine Jugendstrafe von acht Monaten auf Bewährung hält der Staatsanwalt für möglich, dazu einen Bewährungshelfer, der den jungen Mann eng betreue und eine Wiedergutmachung beim Angeklagten. Außerdem hält er einen Freizeitarrest für angebracht.
Richterin will Tagesstruktur für Angeklagten
Von dem hält Verteidiger Gaudernack wenig, seines Erachtens war der Geschädigte durchaus etwas leichtgläubig. Aber auch Gaudernack hält es für wichtig, dass der Angeklagte einen Job findet und den Schaden so weit wie möglich wieder gut macht.
Das Jugendschöffengericht um Richterin Fischer urteilt schließlich: Sieben Monate Jugendstrafe zur Bewährung. Auflagen sind, dass er sich regelmäßig bewerben, bei einer Organisation vorstellen muss, die für Tagesstruktur sorgt und 250 Euro monatlich an den Geschädigten zahlt. Auch Fischer sieht die hohe kriminelle Energie durch die vermeintlichen weiteren Käufer, die den Geschädigten zum schnellen Vertragsabschluss bringen sollten. Der Angeklagte benötige auf jeden Fall eine engmaschige Begleitung.
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