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Augsburg: Plädoyer im Gülletod-Prozess: Was die Nebenklage fordert

Augsburg

Plädoyer im Gülletod-Prozess: Was die Nebenklage fordert

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    Im Gülletod-Prozess hat es ein weiteres Plädoyer gegeben. (Symbolbild)
    Im Gülletod-Prozess hat es ein weiteres Plädoyer gegeben. (Symbolbild) Foto: Alexander Kaya

    Indem er sie mit Gülle überschüttet und so erstickt habe, habe er der Tochter und Schwester aufs Schlimmste die Würde genommen. Dieses Fazit zog Nebenklägervertreter Robert Uhl in seinem Plädoyer in Sachen Birkhauser Gülletod. Uhl vertritt in dem seit vergangenem Oktober laufenden Strafprozess vor dem Augsburger Landgericht die Mutter und die beiden Schwestern der Toten. Die 51-jährige Bäuerin war im September 2018 an der Güllegrube auf dem heimischen Hof in Birkhausen zu Tode gekommen. Staatsanwaltschaft und Nebenklage gehen davon aus, dass sie von ihrem Ehemann getötet wurde. Beide fordern eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags.

    In weiten Teilen schloss sich Rechtsanwalt Uhl den Ausführungen des Staatsanwalts Michael Nißl vom Vortag an. Uhl setzte in seinem Plädoyer gleichwohl auch eigene Akzente, die aus seiner Sicht und der seiner drei Mandantinnen „zur Abrundung des Bildes“ gehörten. Auffälligster Aspekt: Laut Nebenklage habe es an der Güllegrube keine Leiter gegeben, zu widersprüchlich seien in diesem Punkt die Angaben von Zeugen und Ermittlern gewesen. Damit schließt die Nebenklage ein Unfallgeschehen, wie es die Verteidigung seit Wochen nachzuweisen versucht und wie es der Sachverständige Prof. Dr. Klaus Püschel (Rechtsmedizin Hamburg) für denkbar erachtet hatte, faktisch aus. Denn nur wenn die 51-Jährige, gerade von einem Fußpflege-Termin zurück, eine Leiter geholt und in die Grube gestellt hätte, um mit Halbschuhen bekleidet dort hinabzusteigen, wäre ein Unfall erklärbar. Für die Nebenklage aber nicht nachvollziehbar. Uhl hält es vielmehr für wahrscheinlich, dass die Bäuerin gerade über den Hof zur Mülltonne lief, um dort einen Beutel einzuwerfen, als sie von ihrem Ehemann niedergeschlagen wurde. Anschließend habe der Angeklagte seine Frau mit Gülle überschüttet, um so den Erstickungstod herbeizuführen.

    Guthaben hätte keine relevanten Erkenntnisse erbracht

    Uhl widersprach einem Antrag der Verteidigung, die Kosten für die Gutachten von Prof. Püschel und die eines Bausachverständigen zur Beschaffenheit der Wand der Güllegrube der Staatskasse aufzuerlegen. Diese Gutachten hätten keine relevanten Erkenntnisse erbracht und seien von der auftraggebenden Verteidigung zu bezahlen.

    Weil auch für die Nebenklage nicht ersichtlich ist, von welchen Voraussetzungen der Ehemann bei seiner Tat ausgehen konnte, plädiert sie wie die Staatsanwaltschaft nicht auf Mord, sondern auf Totschlag. Auch bei der Motivlage ist die Nebenklage nicht weit von der Staatsanwaltschaft entfernt. Eine sich abzeichnende Trennung sei es wohl hauptsächlich gewesen, dazu Probleme bei der Schweinehaltung, die der Ehemann seiner Frau vorgeworfen hatte. Uhl legte Wert auf die Feststellung, dass nicht – wie teilweise in dem Verfahren zu vermuten – das ganze Familienleben zerrüttet gewesen sei. Probleme beträfen vor allem das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau, teils auch mit den drei Kindern. Uhl zitierte dazu mehrere Aussagen von Zeuginnen, die im Laufe des Verfahrens angehört worden waren. So hatte eine Bekannte von einem blauen Auge bei der Bäuerin berichtet, was diese mit „einem Schwinger vom Mann“ erklärt habe. Einer anderen Zeugin habe die Frau irgendwann einmal gesagt, „er wird mich eines Tages umbringen“. In der Zeit vor der mutmaßlichen Tat am 20. September 2018 sei es zu einer Zuspitzung gekommen und zwar deswegen, weil die Bäuerin wegen der Fuß-Erkrankung „Rotlauf“, die sie sich möglicherweise von den Schweinen zugezogen habe, krankheitsbedingt als zuverlässige Arbeitskraft auszufallen drohte. Auch sei bekannt geworden, dass sich die 51-Jährige nach einer Vollzeit-Arbeitsstelle umgeschaut habe. Denn es habe die Zeit genaht, wo der Sohn 18 Jahre alt wurde und seine Lehre absolvierte, jene Zeit, wo sich die Frau laut vorherigen Äußerungen von ihrem Mann trennen wollte. Teilweise habe sie ihm zu Hause nichts mehr zu essen gekocht, sodass er länger bei seiner Freundin verweilt hatte. Verschiedenste Anzeichen, die erklären könnten, warum es beim Ehemann zu der Reaktion gekommen sei, die mit dem Tod seiner Frau endete. Auch dieses rund einstündige Plädoyer nahm der Angeklagte offensichtlich mit Gelassenheit entgegen.

    Forderung, das beschlagnahmte Geld freizugeben

    Die Verteidigung nutzte den Verhandlungstag, um mit Antrag Nummer 62 aufzuwarten. Nico Werning forderte von Gericht die sofortige Freigabe von beschlagnahmtem Geld in deutlich sechsstelliger Höhe, das aus dem Besitz des Angeklagten stamme. Ein aktuelles, vergleichbares Urteil des Bundesgerichtshofes mache diese Freigabe zugunsten des Angeklagten unbedingt notwendig, selbst wenn es zu seiner Verurteilung kommen würde. Bereits im Vorfeld hatte die Verteidigung die Freigabe von beschlagnahmtem Geld zu erreichen versucht, welches den Kindern des Angeklagten dazu dienen solle, die elterliche Landwirtschaft fortzuführen.

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