Nach 60 Millionen-Euro-Defizit sind drastische Einschnitte an Ostalbkliniken geplant
Die Kinderkliniken Aalen und Mutlangen sollen 2027 zusammengelegt werden. Es ist nur eine Maßnahme von vielen, um Geld zu sparen.
Der Ostalbkreis erwartet, dass er in diesem Jahr bei seinen drei Kliniken ein Defizit von 60 Millionen einfahren wird. Landrat Dr. Joachim Bläse und der Vorstandschef der Kliniken, Christoph Rieß, haben daher in einer Klausurtagung mit dem amtierenden Kreistag und den neu gewählten Kreisrätinnen und Kreisräten ein Restrukturierungskonzept erarbeitet, das tiefe Einschnitte vorsieht. So sollen die Gynäkologie und die Geburtshilfe an der Ellwanger St. Anna-Virngrundklinik bereits zum 1. September diesen Jahres geschlossen werden, der OP-Bereich soll im zweiten Halbjahr 2025, der ambulante Betrieb 2026 folgen. Die beiden Kinderkliniken in Aalen und Mutlangen sollen im Jahr 2027 in der Kreisstadt zusammengelegt werden.
Rieß erwartet wegen der vorgesehenen Maßnahmen, die der Kreistag noch vor der Sommerpause absegnen soll, heftige Reaktionen, Landrat Bläse rechnet nach eigenem Bekunden damit, heftige Prügel zu beziehen. Und dennoch sehen beide angesichts des erwarteten und befürchteten Klinikdefizits von 60 Millionen Euro keine andere Möglichkeit, als umgehend im Krankenhausbereich harte Einschnitte vorzunehmen. Diese sehen vor, Doppel- und Dreifachstrukturen konsequent und schnell abzubauen und zusammenzuführen. Rieß: „Die Konzentration von Leistungen in größeren, spezialisierten Teams ist der Schlüssel, um die Versorgung langfristig in hoher Qualität zu sichern und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig zu werden.“ Das bedeutet, dass viele Bereiche fusionieren werden. Die Notfallversorgung rund um die Uhr soll an allen Standorten erhalten bleiben, schwere Fälle werden bis zur Errichtung des neuen Klinikums in Essingen etwa im Jahr 2035 im Notfallzentrum in Aalen behandelt.
So soll sich die Kliniklandschaft verändern
Dann soll es neben dem Zentralklinikum in Essingen einen so genannten Grund- und Regionalversorger in Mutlangen im westlichen Teil des Kreises geben, während Ellwangen ein so genannter sektorenübergreifender Versorger wird. Konkret soll es dort nur noch eine allgemeine Innere Medizin, voll- und teilstationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP), geriatrische Betten, die Schmerztherapie, ein Ärztehaus, außerklinische Intensivpflege (Wachkoma), eine Kurzzeitpflege sowie eine Notfallpraxis rund um die Uhr geben. Entfallen sollen die Gynäkologie, die komplexe Gastroenterologie, die Viszeralchirurgie, die gesamte onkologische Chirurgie, die ebenso wie die Geburtshilfe nach Mutlangen „wandert“, sowie die Unfallchirurgie. Auch Wirbelsäuleneingriffe im Neuro-Zentrum soll es nicht mehr geben.
Von den Umstrukturierungen erhofft sich der Kreis Einsparungen in Millionenhöhe. Die beiden Standorte in Aalen sollen voll ausgelastet werden. Von der Schließung des OP-Betriebs in Ellwangen etwa erwartet Rieß Einsparungen in einer Größenordnung von rund 11,5 bis 14 Millionen Millionen Euro pro Jahr. Die Fusion der Schlaganfalleinheiten soll 1,1 Millionen, die der Kinderkliniken zwei Millionen und die der Herzkatheter in Aalen eine Million pro Jahr bringen. Dies würden jedoch nicht sofort wirksam, so dass der Kreis noch eine Zeitlang mit tiefroten Zahlen wird leben müssen.
Kliniken im Ostalbkreis können gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllen
Bläse und Rieß machten deutlich, dass in der derzeitigen Aufstellung der Kliniken die Gesundheitsversorgung nicht bis 2025 aufrecht erhalten bleiben kann, bis also das Zentralklinikum in Betrieb geht. Bereits jetzt mangele es an Personal, so dass Leistungen nicht erbracht werden können. Die zunehmenden gesetzlichen Mindestvoraussetzungen an Personal und Fallzahlen könnten in einiger Bereichen nicht mehr erfüllt werden. Spätestens wenn die Krankenhausreform in Baden-Württemberg in Kraft trete, würde der Verlust ganzer Leistungsbereiche drohen. Damit wäre auch die Finanzierbarkeit der Kliniken gefährdet.
Klinik-Vorstandsmitglied Sylvia Pansow unterstrich: „„Uns ist bewusst, dass die Übergangsmaßnahmen bereits kurzfristig besonders in Ellwangen zu schmerzhaften Einschnitten führen werden. Aber diese sind unumgänglich, um die Versorgung zu sichern und die dringend benötigten wirtschaftlichen Verbesserungen zu erreichen. In diesem Zuge sind auch Personalveränderungen unausweichlich. Wir werden alles daran setzen, schnellstmöglich Klarheit für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.“
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