Für das Dorf Alerheim war der 3. August 1645 eine Katastrophe. Musste der Ort, wie auch viele andere Dörfer der Umgebung, seit bereits zwei Jahrzehnten unter durchziehenden Kriegsvölkern, ständigen Überfällen, Einquartierungen, plündernden Räuberbanden, Folter, Mord, Vergewaltigung und sonstigem Drangsal leiden, so gab jener Tag vor genau 375 Jahren dem Dorf buchstäblich den Rest.
Als am Morgen des Schicksalstages die kaiserlich-bayerische Armee in langer Kolonne von Oettingen her wörnitzabwärts zog und sich bei Alerheim sammelte, hatte die Bevölkerung das Dorf wohl bereits verlassen. Wie so oft zuvor, waren die von Hunger und Krankheit geschwächten Menschen vor Angst und Schrecken in die Wälder und, wenn möglich, hinter die schützenden Mauern der nahe gelegenen Städte Nördlingen und Wemding geflüchtet.
Doch warum Alerheim? Generalfeldmarschall Franz Freiherr von Mercy, der Oberbefehlshaber jener 16000 Mann starken Armee, erkannte die strategisch günstige Lage für eine Schlacht. Sofort begannen die Schanzarbeiten. Die Frontlinie zog sich vom Wennenberg zum Schlossberg, das Dorf selbst bildete eine vorgeschobene Bastion. Dort wurden für freies Schussfeld eiligst Bäume gefällt und Mauern eingerissen. An den Bauernhäusern und Städeln wurden Dächer aufgedeckt und in die Wände Schießscharten gebrochen. Hinter Brustwehren aus Balken und Brettern sowie Verschanzungen aus Erdwällen erwarteten die Truppen den Feind.
Die gegnerische Armee, ein unter französischem Oberbefehl stehendes Bündnis aus 6000 Franzosen, 5000 Weimarern und 6000 Hessen, zog von Nördlingen her über die Ebene auf Alerheim zu. Befehlshaber war der noch keine 24 Jahre alte Louis II. von Bourbon, Herzog von Enghien, der spätere Condé. Die Armee brachte sich mit ihren 27 Geschützen in Stellung. Marschall Graf Gramont befehligte den rechten, Marschall Turenne den linken Flügel mit der Kavallerie. Im Zentrum stand die Infanterie unter General Graf Marsin.
Im Dorf selbst betete nach Augenzeugenberichten Feldmarschall von Mercy noch in der Dorfkirche um Segen für die Schlacht, trank beim Verlassen der Kirche ein Glas Wein und erteilte zwischen vier und fünf Uhr mit dem Losungswort „Heilige Maria“ den Befehl zur Schlacht. Diese begann mit einem Artillerieduell, anschließend stürmten die Franzosen mit aller Härte gegen das Dorf, die siegessicheren Kaiserlichen hielten dagegen. Beide Befehlshaber kämpften an vorderster Front. Condé verlor zwei Pferde und erhielt Schüsse auf den Brustpanzer. Dann ereignete sich etwas, das wohl entscheidend für den weiteren Verlauf der Schlacht war: Feldmarschall von Mercy wurde von einer Musketenkugel in den Kopf getroffen und stürzte tot vom Pferd. Die Bayern kämpften mit verbissener Wut weiter. Inzwischen hatten die Franzosen vom westlichen Dorfrand her die Strohdächer in Brand gesetzt. Durch die große Hitze mussten sich die Verteidiger auf den Friedhof, in die Kirche und zwei Steinhäuser zurückziehen. Etwa zur gleichen Zeit warf sich am linken Flügel der Kaiserlichen der berühmte General Johann von Werth mit seinen Reitern gegen ein französisches Corps, das sich alsbald in chaotischer Flucht befand. Von Werth verfolgte den Feind bis nahe Deiningen, und plünderte die beim Hohhof stehende Bagage der Franzosen. Ein schicksalhafter Fehler: Bei seiner Rückkehr, gegen acht Uhr abends, hatte sich nach dem Sturm der Franzosen auf den damals unbewaldeten Wennenberg und nach erbitterten Kämpfen, Mann gegen Mann, das Blatt zugunsten der Franzosen gewendet. Die Bayern wurden weiter abgedrängt und mussten sich letztendlich geschlagen geben. Sie versammelten sich nach Mitternacht bei der Alerheimer Schlossruine und marschierten Richtung Donauwörth ab.
Die siegreichen Franzosen, Hessen und Weimarer lagerten noch mehrere Tage nördlich des Dorfes und am Fuß des Wennenberges.
Die Szenerie nach der blutigen Schlacht muss einen schrecklichen Anblick geboten haben. Der Tag hatte etwa 7000 bis 8000 Menschenleben gefordert. Schreiende Verwundete lagen neben Toten und Pferdekadavern auf dem Schlachtfeld. Auch in der Wörnitz sollen Tote geschwommen sein. Es war August. Noch Wochen später lagen die verwesenden Leichname in der Sommerhitze und verbreiteten einen üblen Gestank über der ganzen Gegend. Die Seuchengefahr war groß. Erst ab etwa Mitte September konnten vier Untertanen gegen Bezahlung für diese abscheuliche Arbeit als tausendfache Totengräber gewonnen werden.
Im Februar 2008 wurde bei archäologischen Untersuchungen an der Trasse für die Ethylen-Pipeline südwestlich von Alerheim beim Humusabtrag eine 2,65 m x 2,46 m große Grube mit zahlreichen menschlichen Knochen entdeckt. Das Grab war lediglich 30 bis 50 cm eingetieft und dicht mit durcheinanderliegenden menschlichen Überresten ohne anatomischen Verband befüllt. Dazwischen fanden die Archäologen neben einzelnen Bleikugeln, Rosenkranzperlen, Schnallen, Nieten, Beschlägen, Lederresten und Teilen der Waffenausrüstung auch zwei französische Münzen. Untersuchungen haben ergeben, dass in der Grube die Reste von etwa 85 männlichen Personen lagen, das Durchschnittsalter betrug etwa 21 bis 25 Jahre. Die Knochen belegen grausamste Verletzungen durch Hieb-, Stich- und Schusswaffen.
Die Entdeckung des Grabes löste damals überregional ein großes Medieninteresse aus. Inzwischen ist die Alerheimer Schlacht auch Teil der Dauerausstellung im Armeemuseum in Ingolstadt.
In unmittelbarer Nähe des Massengrabes befindet sich heute ein kleines Denkmal. Im Dorf, am Ort seines Todes, erinnert ein Gedenkstein mit der Aufschrift „STA VIATOR HEROEM CALCAS“ (Stehe Wanderer, du besuchst einen Helden) an den Freiherrn von Mercy. Auch eine Straße ist nach ihm benannt. Am Wennenberg erinnert eine Tafel an die Schlacht.
Das größte Denkmal hat uns jedoch der Alerheimer Karlheinz Scheible hinterlassen. In zahlreichen Publikationen, Vorträgen und Exkursionen hat er vielen Interessierten das Schlachtgeschehen nahegebracht. Sein 2004 erschienenes Buch „Die Schlacht von Alerheim“ beschreibt detailliert und fundiert die Ereignisse.
Heute ist auf den Feldfluren um Alerheim oberflächlich nichts mehr zu sehen. Auf den Äckern finden sich gelegentlich noch bleierne Musketenkugeln, teils durch den Aufprall verformt. Bei Baumaßnahmen dürften weitere Massengräber zu erwarten sein. Überlieferte Sagen und Geschichten zeigen, dass die Schlacht noch vor wenigen Generationen im Gedächtnis der Alerheimer präsent war.
Die Bevölkerung kehrte erst allmählich wieder zurück. Große Teile der blutgetränkten Felder wurden lange nicht bewirtschaftet. Das großteils zerstörte Dorf war erst nach Jahrzehnten wieder aufgebaut. Trotz bereits begonnener Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück kam es am 3. August 1645 zu einer der blutigsten Auseinandersetzungen des Dreißigjährigen Krieges.
Selbst für damalige Verhältnisse hat die Schlacht von Alerheim in wenigen Stunden eine immens große Zahl von Menschenleben gefordert. Tragischerweise war sie weder militärisch entscheidend noch hatte sie einen nennenswerten Einfluss auf den Kriegsverlauf.