Edwin Michler, Vorsitzender des Freundeskreis Kloster Kirchheim, hat im Rahmen der Rieser Kulturtage in seinem bebilderten Vortrag einen Gang durch die Klostergeschichte auf den Spuren der reichlich vorhandenen Epitaphien/Gedenksteine aufgezeigt. Nach dem Motto: „Wenn die Steine reden könnten“ spannte er den historischen Bogen von der Klostergründung im Jahre 1267 bis zu den Klosterfrauen des letzten Jahrhunderts.
Am Beginn standen die Klostergründer Ludwig III. von Oettingen (1279) und seine Frau Adelheid von Hirschberg (1274), deren Epitaphien ihren Standort im Chor der Klosterkirche gefunden haben. Ursprünglich als Deckel zu Truhengräbern ausgeführt, erklärt sich die heute im Standbild seltsam anmutende Haltung von Löwe und Bracken zu ihren Füßen. Dass bei Klostergründung ausgehend von einer kleinen Baulichkeit, heute als Stiftskapelle genutzt, bereits eine größere Klosteranlage geplant war, leitet der Referent aus den Modellen der Kirchengebäude ab, die das Stifterpaar vor sich hält – Ludwig mit der Stiftskapelle, Adelheid mit der Klosterkirche, die um 1300 erstellt wurde. Wenn auch beide Modelle nahezu gleich groß sind, so sprechen die Proportionen doch eine eindeutige Sprache.
Prunkharnisch mit Reichsschwert
Als herausragender Vertreter der Oettinger Grafen zeigte sich Ludwig XI., der Gebartete (1440), in seinem Prunkharnisch mit dem Reichsschwert. Bekleidete er doch bis ins hohe Alter die Position des Hofmeisters bei Kaiser Sigismund. Bei der feierlichen Eröffnung des Konzils von Konstanz am 8. November 1417 trug er dem Kaiser das Reichsschwert, sein Bruder Friedrich III., genannt der Fromme (1423), den Reichsapfel voran.
Etliche Äbtissinnen wurde ebenfalls nahezu in Lebensgröße auf ihren Epitaphien verewigt, so Margaretha von Oettingen (1535), Anna von Woellwarth (1553), M. Magdalena Geisbergerin (1560). Diese Gedenksteine zeigten mit den umgebenden Wappen auch jeweils die Linie der Voreltern an. In anderen Fällen zeigte lediglich die Darstellung eines Äbtissinnenstabes auf die Funktion der Bestatteten hin. Eine Inschriftentafel von 1663 vermerkte von der Gründung bis dato die Beisetzung von 35 Grafen und 37 Gräfinnen in der Klosterkirche als Familiengrablege. Diese Gedenktafel war offenbar zum Jubiläum des denkwürdigen Jahres 1563 entstanden, als letztlich die Reformation des Dorfes Kirchheim durch die Grafen Ludwig XV. und Ludwig XVI. erfolgte, das Kloster aber dem alten Glauben treu blieb. Die Spannungen der Glaubensauseinandersetzung dieser Zeit in der Adelsfamilie führte zur Resignation der Äbtissin Anna von Oettingen, die dann, mit einer jährlichen Pension ausgestattet, das Kloster verlassen musste und erst nach dem Tode (1572) in der klösterlichen Familiengruft ihre letzte Ruhe fand.
An den letzten Grafen der Linie Oettingen-Baldern erinnerte eine Inschriftentafel im Chorraum. Franz Wilhelm Reichsgraf von Oettingen-Baldern (1725 bis 1798) war Domherr in Köln und Münster, in Köln wurde er 1786 zum Domprobst erwählt. Im Jahre 1778 übernahm er nach dem Tode seines älteren Bruders Joseph Anton die Regierung von Oettingen-Baldern-Soetern. Mit seinem Tod am 14. Januar 1798 starb die Grafenfamilie im Mannesstamme aus. Entgegen seinem früher geäußerten Wunsch wurde er nicht in Kerkingen, sondern in der Klosterkirche Kirchheim beigesetzt.
Weitere Adelige sind in Epitaphien präsent: So Clara, Ehefrau des Jörg von Gaisberg (+ 9. Februar 1554), Christoph von Diemantstein zu Trochtelfingen (+ 13. Februar 1575) und seine Ehefrau Anna geb. Löw (+ 25. Mai 1559).
Verschiedene Gedenksteine um die Klosterkirche
Mit den verschiedenen Gedenksteinen um die Klosterkirche herum hat auch manche nicht adelige Person Aufmerksamkeit gefunden. Von Joseph Anton Baumann (1835), einem oberen Wirtssohn aus Utzwingen, über den Rentbeamten Johann Roehrle (1848) bis zu den Klosterfrauen, Dienerinnen des Heiligsten Herzen Jesu mit Mutterhaus in Wien, die im letzten Jahrhundert noch in Kirchheim wirkten, reichte das Spektrum.
Michler würdigte besonders Ulrich Mayr, der als Sohn Franz Anton des Arztes Ignatz Mayr 1743 in Kirchheim geboren wurde, im Zisterzienser-Kloster Kaisheim den Namen Ulrich bekam und dort als Professor lehrte. Mit zwei Dissertationen, die anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Universität Ingolstadt gewürdigt und gelobt wurden, zog er sich offenbar nach Intrigen im darauf folgenden Jahr den Unwillen Roms zu, verlangte doch Papst Clemens XIV. (1774) den Widerruf etlicher Sätze und die Unterdrückung der gedruckten Exemplare der Dissertation.
Mayr hatte in seinen Dissertationen „Über den Einfluß der gelehrten Geschichte in das Studium der Gottesgelehrsamkeit“ und „Die Verbindung der Statistik mit der kirchlichen Rechtsgelehrsamkeit“ auch etliche evangelische Autoren einbezogen. Herzog Karl Eugen von Württemberg holte 1785 den Gelehrten an seinen katholischen Hof in Ludwigsburg. Ulrich Mayr starb am 18. Juli 1811 als Pfarrer in Altingen.
Letztlich machte Michler deutlich, dass aber mancher beschädigte Gedenkstein noch die weitere Erforschung herausfordert. (pm)
Alle Beiträge zu den Vorträgen der Rieser Kulturtage finden Sie hier:
Lesen und lernen Sie mehr über die Vorträge der Rieser Kulturtage