Die Rieser Kulturtage nähern sich von Tag zu Tag mehr ihrer Kapazitätsgrenze: Nicht weniger als 137 Personen hatten sich am Montagabend online eingeloggt, um den Vortrag von Professor Dr. Rüdiger Krause über das Thema „Der Ipf bei Bopfingen – Machtzentrum der Bronze- und Eisenzeit am Nördlinger Ries: Neue Forschungen und Erkenntnisse zur Genese des frühkeltischen Fürstensitzes auf dem Ipf“ mitzuerleben. Der Referent, der sich, wie der Vorsitzende Gerhard Beck einleitend feststellte, seit Jahren immer wieder für den Ipf stark macht, gab zunächst einen Überblick über die Forschungsgeschichte am „schönsten Berg überhaupt“.
Diese beginnt mit Friedrich Hertlein, der 1911 den Begriff der „Königsburg“ zur Debatte stellte, und setzte sich 1930 fort, als Gerhard Bersu mit Bezug auf den benachbarten Goldberg die Bezeichnung „Fürstensitz“ prägte. Seit 1969 wird das von Wolfgang Kimmig im Zusammenhang mit der Aufdeckung und Erkundung der Heuneburg bei Sigmaringen ausgearbeitete Konzept der „keltischen Fürstensitze“ allgemein auch auf den Ipf angewendet.
Stabile gesellschaftliche Verhältnisse in Ipf-Region nachweisbar
Luftbildarchäologie, allen voran praktiziert durch Dr. h.c. Otto Braasch und moderne Scan- und Analysetechniken beflügeln die weiteren Fortschritte. Die neuere Erforschung der lokalen Siedlungsgeschichte beschränkt sich nicht auf den markanten Zeugenberg mit seinem Gipfelplateau, sondern erstreckt sich im östlichen Vorland auf Rechteckhöfe und Begräbnisstätten, die der Elite des Ipf-Herrschers zugeordnet werden.
Ein wesentliches Merkmal der der frühkeltischen Fürstensitze ist der „Kulturimport“ aus dem Mittelmeerraum. Er zeichnet sich ab in Fundstücken wie dem „Jüngling von Ehringen“, rotfiguriger attischer Keramik und italisch-etruskischen Gefäßen. Anders als am Fundort „Heuneburg“ seien in der Ipf-Region stabile gesellschaftliche Verhältnisse kontinuierlich über 100 Jahre nachweisbar.
Der Name „Ipf“, ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal des Bopfinger Wahrzeichens, wird in neuerer Zeit ebenfalls mit Einflüssen vom „Caput Adriae“, also aus dem illyrisch-venetischen Raum in Verbindung gebracht. Das Ende der Blütezeit am Ipf verlief ohne größere gesellschaftliche Erschütterungen. Mit den Worten des Referenten: „Kein schöner Brandhorizont“ weist auf Feindeinwirkung oder Katastrophen hin. Es müssen gegen Ende des 5. Jahrhunderts großräumige, aber nicht schockartige politische Veränderungen stattgefunden haben. Ausführlich wurde über die umfangreichen Befestigungsanlagen berichtet. Die jetzt im Gelände feststellbaren „Wälle“ waren nicht als solche errichtet worden. Sie sind nur die Überreste der ursprünglich aus Holz und Stein errichteten massiven Pfostenschlitzmauern, die im Freilichtmuseum als Nachbau zu besichtigen sind.
Wasserversorgung des Bopfinger Berges war nicht einfach
Der Ursprung dieser Bauweise liegt in der späten Eisenzeit. „Gräbchen“ zeigen, wo die Fundamentbalken verlegt waren, Pfostenlöcher markieren die Positionen der senkrechten Stützen. „Archäobotanische“ Forschungen helfen bei der Datierung der Anlagen und der Feststellung, welche Holzarten zur Verfügung standen. Von diesen Mauern hat die innerste das Gipfelplateau umgrenzt. In drei weiteren Stufen war die flache Ostflanke des Berges in das Befestigungswerk einbezogen.
Die Wasserversorgung des dicht bevölkerten Fürstensitzes war nicht einfach. Drei Wasserstellen in Form von „Trichtergruben“ haben die Archäologen an der Nordflanke des Berges festgestellt: eine Zisterne, in der Regenwasser gesammelt wurde, eine Vertiefung, deren Funktion noch geklärt werden wird, und - am Nordfuß des Ipf am Übergang zur feuchten Wiesenlandschaft einen Brunnen mit Zugang zum Grundwasser. Mit Rammkernbohrungen und modernsten paläoökologischen Untersuchungsmethoden, unter anderem der Analyse von Pollen und organischen Materialien wurden hier interessanteste Details der damaligen Lebensweise ermittelt zum Beispiel, welche Pflanzen in der Umgebung wuchsen, aber auch welche verschiedenen Nutztierarten hier zur Tränke gingen. Durch weitere Forschungen sollen in diesem Bereich bisher unbekannte Quellen zur Umwelt- und Wirtschaftsgeschichte erschlossen werden.
Insgesamt steht die württembergische Riesarchäologie also vor interessanten Zeiten, nicht zuletzt, wie Krause hervorhob, durch die Aussage von Ministerpräsident Kretschmann, wonach Baden-Württemberg sich als „Keltenland“ etablieren soll – nicht ohne erheblichen finanziellen Einsatz. Die Erweiterung des Freilandmuseums am Ipf ist zur Zeit im vollen Gang, eine Umgestaltung des Bopfinger Museums im Seelhaus ist auf dem Weg. Diese optimistische Schlussfeststellung des Referenten führte in der anschließenden Diskussionsrunde zur Frage, warum „das“ in Bayern nicht vergleichbar gut laufe, indem es zum Beispiel keinen Kreisarchäologen gebe. Bei Baumaßnahmen jeder Art würden „auf Teufel komm raus“ Rettungsgrabungen durchgeführt, aber aus den Ergebnissen keine systematischen Folgerungen abgeleitet.
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