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Rieser Kulturtage: Schon den Vorfahren schmeckten die Nördlinger Messwürste

Rieser Kulturtage

Schon den Vorfahren schmeckten die Nördlinger Messwürste

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    Schon Reisenden in der frühen Neuzeit schmeckten die Nördlinger Bratwürste.
    Schon Reisenden in der frühen Neuzeit schmeckten die Nördlinger Bratwürste.

    Wie war das Reisen in früheren Zeiten im Ries? Antworten geben wollte Dr. Thomas Freller, Historiker und Germanist, in einem digitalen Vortrag im Rahmen der Rieser Kulturtage. Der Dozent der Hochschule Aalen referierte über „Das Ries im Spiegel der Reiseberichte des 18. Jahrhunderts“, wobei der Untertitel „Wann je ein schön Revier auf Erden ist ... so findet man es da“ schon ahnen ließ, dass Ries-Fans auf ihre Rechnung kommen würden.

    Kavaliere nahmen die Strapazen auf sich

    Entsprechend groß war (anfangs) die Teilnehmerzahl, und immerhin circa dreißig Personen hielten durch, bis der Referent unter dem Druck der technischen Probleme statt einer ausgefeilten Präsentation einen „konventionellen“ akademischen Vortrag hielt. „Im Postkutschenzeitalter“ war das Reisen nicht so einfach wie heute. Handel, Pilgerschaft und die zum gehobenen Lebensstil gehörende Kavaliersreise waren typische Anlässe, sich den Strapazen und Gefahren auszusetzen. Nördlingen als Handelsplatz, die lokalen Adelssitze und die Wallfahrtsorte im Ries waren nur noch von regionaler Bedeutung, aber dennoch wurden Nördlingen und das Ries in den Reiseführern der damaligen Zeit, darunter dem „Itinerario español spañol, o guia de caminos“ (Madrid 1767), erwähnt, sowie in den „Fahrplänen“ des damaligen Fernverkehrssystems.

    Die Stadt und die Region kommen auch in einer beträchtlichen Zahl von Reisetagebüchern und -berichten vor, die als sogenannte „autoptische“ Reisebeschreibungen die Erlebnisse, die gemachten Beobachtungen und auf Begegnungen beruhenden Wertungen ihrer Verfasser wiedergeben. Geistliche aller Konfessionen besuchten das Ries und dokumentierten ihre Eindrücke und Erinnerungen: Ludwig Joseph Freiherr von Welden besuchte als Fürstbischof von Freising auf der Durchreise den Fürsten von Wallerstein – die schriftliche Nachricht darüber stammt von seinem Hofmarschall Ferdinand Wilhelm Bugniet des Croisettes und erlaubt Einblicke in die Lebens- und Arbeitswelt des örtlichen Adels. August Hermann Francke, der große Theologe und Pädagoge aus Halle, kehrte im Februar 1718 natürlich auch bei „seinesgleichen“ ein, nämlich beim leitenden Geistlichen des letzten evangelischen Fürsten von Oettingen-Oettingen. Er besuchte das örtliche Waisenhaus und hielt auf Einladung des lokalen Klerus gastweise eine Predigt in St. Jakob.

    Ausführlich und anschaulich berichtete Rabbi Chajim Josef David Asulai über seinen Aufenthalt in und seine Abreise aus Harburg und die Weiterreise über Oettingen und Wassertrüdingen nach Gunzenhausen. Auch das enthusiastische Zitat im Untertitel des Vortrags stammt von einem geistlichen Herrn: von dem hohenlohischen Pfarrer, Forscher, Erfinder und Architekten Johann Friedrich Mayer (1719-1798), der im Herbst 1780 zum Fürsten Oettingen-Wallerstein reiste, nachdem er sich im Süddeutschen Raum einen Ruf als landwirtschaftlicher Berater und Reformer erworben hatte.

    Die Straßenverhältnisse waren, wie heute, sehr unterschiedlich. Gelobt wurden in einigen Quellen die württembergischen Chausseen. Zum Teil beklagten sich die Reisenden aber über holprige Pflaster, schlammige Wege und einen ungehobelten Straßenzolleinnehmer.

    Die Stadt Nördlingen gastlich aber altmodisch und ärmlich

    Die Stadt Nördlingen wurde teils als gastlich und gepflegt gerühmt, teils als weniger fröhlich und offen als Dinkelsbühl, gar als altmodisch und ärmlich empfunden. Der Gasthof zum Walfisch aber galt dem Reisenden Carl Ludwig Junker als „der größte, den ich je sah“, und die Nördlinger Bratwürste „gehören zu den besten in Deutschland“. Gelobt wurden von den Reisenden auch die Rieser Gänse, die angeblich schon der antike Naturwissenschaftler Plinius (gestorben 79 n. Chr.) kannte.

    Von der angeblich morastigen Gegend um Nördlingen bis zur ausschweifenden Lebensart am Wallersteiner Hof – was die „Touristen“ vom ausgehenden 17. bis zum anfangenden 19. Jahrhundert über das Ries berichteten, und die barock ausschweifende und umständliche Form, in der sie das tun, all das ist es wert, zur Kenntnis genommen zu werden. TripAdvisor-Sachlichkeit und herzerwärmende Emotion kommen zu ihrem Recht.

    Alle Beiträge zu den Vorträgen der Rieser Kulturtage finden Sie hier:

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