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Rieser Kulturtage: Ortsfamilienbuch von Kleinsorheim erzählt von Krieg und Aufstieg

Rieser Kulturtage

Ortsfamilienbuch von Kleinsorheim erzählt von Krieg und Aufstieg

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    Gründete eine Putzmühlenfabrik: Johannes Bachmann (1835-1911) mit seiner ersten Ehefrau Maria, geb. Müller (1835-1884).
    Gründete eine Putzmühlenfabrik: Johannes Bachmann (1835-1911) mit seiner ersten Ehefrau Maria, geb. Müller (1835-1884). Foto: Bildarchiv des Museums Kulturland Ries

    Vor zwei Jahren übernahm der Ahnenforscher Manfred Wegele eine von Lothar Faul angefangene erste familienmäßige Zusammenstellung der frühesten Kirchenbucheinträge aus dem 17. Jahrhundert (ab 1622) und erstellte seither ein vollständiges Ortsfamilienbuch, welches nun publiziert wurde. Doch zunächst zur Frage: Was ist denn überhaupt ein Ortsfamilienbuch?

    Es ist nicht nur eine Verkartung der Kirchenbucheinträge und damit eine Zusammenfassung aller Bewohner des Ortes sowie von Einzelpersonen, die dort geheiratet haben, geboren oder gestorben sind. Durch die Auswertung weiterer Archivquellen wie Steuerbücher, Leibeigenschaftsbücher oder Urkunden werden viele Details aus dem Leben der Einwohner gefunden und hier dokumentiert. Auch zahlreiche Familien, die bereits vor dem Kirchenbuchbeginn lebten, konnten so rekonstruiert werden.

    Familien im Ortsfamilienbuch Kleinsorheim sind alphabetisch angeordnet

    Die Handhabung des Buches ist einfach: Die Familien sind alphabetisch wie in einem Lexikon angeordnet, und so kann jeder Interessierte nach seinen eigenen Vorfahren suchen. Auch weitere Recherchen sind möglich: Welche sind denn die Urfamilien des Dorfes? Welche Familiennamen dominierten über die Jahrhunderte? Woher kamen die Leute? Wohin sind sie abgewandert?

    Die Zeitzeugen-Schilderungen des Dreißigjährigen Krieges wurden durch den damaligen Pfarrer Conrad Widenmann, der in Personalunion die Pfarreien Unterringingen, Kleinsorheim und Mönchsdeggingen versah, in den ersten Kirchenbüchern dokumentiert, so zum Beispiel auch die Belagerung Nördlingens und andere dramatische Vorfälle.

    Mit statistischen Erhebungen zu Eheschließungen, Taufen und Sterbefällen konnte Wegele nachweisen, dass es etwa 150 Jahre dauerte, bis das Dorf wieder die gleiche Einwohnerzahl wie vor dem Krieg erreicht hatte. Daneben waren auch immer wieder Seuchenausbrüche (Fleckfieber, Pocken, Ruhr, Diphterie oder Scharlachfieber) eine ständige tödliche Gefahr. Impfungen waren unbekannt, bis auf die verpflichtende Pockenschutzimpfung, die es allerdings schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts gab, so Wegele.

    Besondere Erwähnungen im Vortrag der Rieser Kulturtage

    Der Autor widmete sich im Vortrag auch einigen besonderen Familien, so zum Beispiel einer Fabrikantenfamilie. Johannes Bachmann gründete im Jahre 1860 eine Putzmühlenfabrik, die einen steilen Aufstieg nahm und in der Blütezeit 30 bis 40 Mitarbeiter zählte und über vier Generationen in Familienbesitz blieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Niedergang. Ein prächtiges Grabmal auf dem alten Friedhof zeugt noch heute von der einstigen Wohlhabenheit.

    Als weiteres Beispiel präsentierte der Autor die Familie des Pfarrers Ludwig Rudolf Albert von Bezold, welcher im Jahre 1844 das neu errichtete prächtige Pfarrhaus in Kleinsorheim bezog. Sein Sohn Gustav Theodor Friedrich von Bezold machte eine steile Karriere als Königlicher Bayerischer Geheimer Hofrat, Kunsthistoriker und Architekt und war in vielen gehobenen Positionen tätig, beispielsweise als Konservator des Bayerischen Nationalmuseums in München.

    Durch Statistiken kann die Bevölkerungsentwicklung gut nachvollzogen werden. Auch Texte zu besonderen Ereignissen wurden originalgetreu zitiert und belegen die damaligen Lebensumstände.

    "Gute alte Zeit" sei eine romantische Vorstellung

    Manfred Wegele hob am Ende der Präsentation auch etliche emotionale Komponenten beim Studium des Buches hervor. Wenn man beispielsweise die Schilderungen der kargen und bedrohlichen Lebenssituationen früherer Jahre sehe. „Die gute alte Zeit“ sei eine imaginäre romantische Vorstellung.

    Für Familienforscher ist dieses Ortsfamilienbuch laut Wegele ein wichtiges Nachschlagewerk, aber es sei auch eine wichtige historische Dokumentation. Es gesellt sich in die Reihe zahlreicher bereits publizierter Ortsfamilienbücher Nordschwabens. (pm)

    Eine Filmaufzeichnung des Vortrags findet sich unter www.rieser-kulturtage.de. Dort sind auch das täglich aktualisierte Programm und die Zugangslinks zu den Online-Vorträgen zu finden. Das Buch ist für 30 Euro in Kleinsorheim bei Ingrid Bachmann, 09083/ 920470, oder bei Manfred Wegele, 09070/1805, manwegdon@t-online.de, zu erwerben.

    Alle Beiträge zu den Vorträgen der Rieser Kulturtage finden Sie hier:

    Lesen und lernen Sie mehr über die Vorträge der Rieser Kulturtage

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