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Porträt: Der Rieser Geschichtenerzähler

Porträt

Der Rieser Geschichtenerzähler

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    Alfred Bäurle setzt der Dorfkultur im Ries ein Denkmal. Aktuell ist der Band mit Mundartgedichten „So redt ma bei os im Ries“ erschienen.
    Alfred Bäurle setzt der Dorfkultur im Ries ein Denkmal. Aktuell ist der Band mit Mundartgedichten „So redt ma bei os im Ries“ erschienen. Foto: Hummel

    Nach zwei Generationen kann vieles, was auf den Dörfern passiert ist, in Vergessenheit geraten. Das stellt Alfred Bäurle immer wieder fest. So waren es auch von Erinnerungen geprägte Treffen mit seinen Geschwistern, die schließlich 2008 den Ausschlag gaben, die alten Lausbuben- und sonstigen Geschichten in Form des Buches „Als ich noch der kleine Schmied-Alfred war“ unvergessen zu machen.

    Alfred Bäurle, 1942 geboren, wuchs mit sieben Geschwistern auf einem kleinen Bauernhof in Deiningen auf. „Das ganze dörfliche Umfeld war ein einziger Abenteuerspielplatz für uns Kinder“, erinnert er sich. Geschrieben hat er schon immer gerne, in der Schule stachen den Lehrern seine langen und wohl formulierten Aufsätze ins Auge; bis heute hat er ein Schulheft von 1955 aufbewahrt. Allerdings hatte seine Schreibleidenschaft jahrzehntelang „Sendepause“, wie er sagt, denn die berufliche Laufbahn als Kfz-Mechaniker, Maschinenbautechniker, Lkw-Detailkonstrukteur, Projektierer von Heizungsanlagen und EDV-Experte sowie natürlich die Familie füllten ihn aus.

    Erst 2008, also mit 66 Jahren, fasste er seine Schreibleidenschaft in Bücher; Gedichte zu festlichen Anlässen oder zu Weihnachten hatte er schon vorher verfasst und in den Rieser Nachrichten veröffentlicht. So brachte er denn auch 2016 den Band „Gedichte und Geschichten“ heraus, ganz aktuell folgte heuer „So redt ma bei os im Ries“ ein Gedichtband in Rieser Mundart. Die ganze Bandbreite menschlicher Gedanken findet sich hier, vom besinnlichen Philosophieren anlässlich eines Besuchs beim altehrwürdigen Pfarrer über Opas hintergründige Wünsche „ans Christkendle“ bis zu frechen oder unbedachten Kindersprüchen wie in „Dr kloine Moler“, der der Lehrerin erklärt, dass er sein Talent zum Malen nicht von Mutter oder Vater haben kann, wohl eher vom Knecht. Das Werk für nächstes Jahr ist bereits in Arbeit. Mittlerweile lebt Bäurle in Laub, und es soll ein Büchlein mit Lauber Dorfgeschichten werden, die er vor allem bei älteren Mit-Dorfbewohnern in Erfahrung brachte. In seiner alten Heimatgemeinde Deiningen ist er mit seinen Festvorträgen beliebt, auch im Heimatkalender 2018 wird er mit aufgenommen.

    Was er mit dem Schreiben erreichen will? „Dass der Rieser Dialekt erhalten bleibt“, dies ist Bäurle ganz besonders wichtig. Für ihn persönlich ist Schreiben ein Akt der Befreiung: „Man kann seinen Gedanken freien Lauf lassen, hat aber auch mehr Zeit zum Denken als beim Reden und kann alles korrigieren.“ Und dann eben das Anschreiben gegen das Vergessen. Ein Beispiel sind die vier Dorfkapellen in Laub: Er hat ihre Geschichte genau dokumentiert, aber den Anlass, warum sie entstanden sind, konnte Bäurle beim besten Willen nicht mehr recherchieren. Zum 300-jährigen Kirchenjubiläum in Laub verfasste er einen Kirchenführer und ein Schauspiel über die Patronin, die Heilige Margaretha von Antiochien.

    Bei der Renovierung der Kapellen hat er selbst mit Hand angelegt, wobei seine zweite künstlerische Leidenschaft zum Tragen kam – die Ikonenmalerei. Er erlernte die klassische Maltechnik mit in Eigelb gelösten Pigmenten im ehemaligen Kloster Heiligkreuztal bei Riedlingen nahe Ulm, seine Frau hatte ihm den Kurs zum 60. Geburtstag geschenkt. Auch hier zählt für ihn persönlich die Entspannung; dennoch hat er auch hierbei schon etliche seiner Werke verkaufen können und Ausstellungen in Laub, Harburg und Bopfingen damit bestückt. Früher hatte er auch Aquarelle gemalt oder beispielsweise Kannen oder Truhen mit klassischer Bauernmalerei versehen. Wie das Schreiben lag ihm auch die Malerei schon als Kind im Blut – richtig, „dr kloine Moler“ ist kein Geringerer als Alfred Bäurle selbst.

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