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Ostalbkreis: Skilift-Bilanz in der Ostalb: Von Eltern, die ihre Kinder den Berg runterschubsen

Ostalbkreis

Skilift-Bilanz in der Ostalb: Von Eltern, die ihre Kinder den Berg runterschubsen

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    So lange Schnee lag, waren die Ostalb-Skihänge oberhalb von Aalen ein gutes Ziel.
    So lange Schnee lag, waren die Ostalb-Skihänge oberhalb von Aalen ein gutes Ziel. Foto: Peter Schlipf

    Er ist dahin, der Schnee. Zwei Wochen lang hat er auf den Hängen am Langert für prächtige Bedingungen gesorgt. Für die Skifahrer und Snowboarder lieferte die Ostalb Skilift GmbH Flutlicht, Pistenbully und Lifte zur coronakonformen, privaten Vermietung. Jeden Tag konnten Geschäftsführer Dieter Gerstner und seine Mannschaft beobachten, was die Menschen auf den Pisten so tun. Und das war allerhand.

    Ironman: „Haben Sie den gesehen?“ Es war der vermutlich schnellste Papa der Welt. Und zwar bergauf. Wieder und wieder konnte man dem jungen Vater zusehen, wie er seinen Sohn in einem irren Tempo die Kinderabfahrt hinaufzog. Der kleine Bub auf Skiern hielt das untere Ende einer Stange fest, der Papa zu Fuß das obere, und so rannten sie zusammen hinauf.

    Eine super Sache für beide, konnte sich der Kleine doch von seinem ganz persönlichen Lift befördern lassen, während der Große auch nach 100 Metern noch nicht im Tempo nachließ. Bestimmt trainierte er für den Ironman. Mindestens.

    Von Vätern, die ihre Kinder nicht trösten

    Unmensch: Es gab auch andere Papas. Etwa den, der mitten auf der Piste stand, als sein kleiner Sohn auf kleinen Skiern den Hang hinuntergeschossen kam, zu schnell, panisch schreiend und offenkundig ganz unfähig zu bremsen. Der Vater sprang ihm in den Weg und fing seinen Sohn auf, die Wucht des Aufpralls schickte beide kugelnd in den Schnee. Schon wollten die Beobachter aufatmen, weil die Heldentat wohl gut gegangen war. Der Vater rappelte sich auf.

    Aber statt sein weinendes Kind zu trösten, begann er laut zu schimpfen, riss ihm die kleinen Skier von den Füßen, packte den einen und schleuderte ihn weit über die Piste. Der andere Ski flog in die andere Richtung. Dann stapfte der Mann wüst fluchend davon. Zurück blieb allein auf weiter Flur ein heulender Junge.

    „Tja“, sagte der Aufsichtführende am Kinderlift und zuckte hilflos mit den Schultern, „was Eltern mit ihren Kindern machen, können wir nicht ändern. Wir sehen da vieles.“ Und dann erzählte er die Geschichte vom Schubsen.

    Andere Väter schubsen ihre Kinder den Berg hinunter

    Schubsen: Die geht so. Immer wieder seien Eltern zu beobachten gewesen, die ihren Kindern das Skifahren beibringen wollten. Dazu stellten sie sich oben am Hang auf, wo die Kinderabfahrt beginnt. Sie selbst ohne Ski, die Kinder mit. Dann schubsten sie.

    Die Kinder sausten wohl oder übel geradeaus den Hang hinunter und knallten frontal in die gepolsterte Bande, die die Ostalb-Skilift-Betreiber im Auslauf der Piste aufgestellt hatten. Die Aufsicht versuchte zu helfen. „Ihr müsst den Kindern erst das Bremsen beibringen, das ist das A und O“, erklärte sie den Eltern. Aber die wussten es besser: „Das lernen die schon.“

    Skilift im Ostalbkreis: Der steile Hang wird unterschätzt

    Gummireifen und Mountainbikes: Immerhin, diese Kinder hatten Skier an den Füßen, andere Wintersportler nicht. „Es sind sogar Mountainbiker die Piste hinuntergefahren“, berichtete Dieter Gerstner, „das geht gar nicht. Die Gefahr wird von diesen Leuten total unterschätzt.“ Was wäre gewesen, wenn einer von ihnen in einen Skifahrer gekracht wäre oder in einen der Rodler? Gleiches gelte für die Jugendlichen, die auf Plastikfolien oder mit großen, unlenkbaren Gummireifen den Abhang hinabrasten.

    „Die Leute unterschätzen völlig die Steilheit des Hangs“, warnte Gerstner. Ein Glück seien solche Pistenrowdys die Ausnahme geblieben. „Die meisten Leute waren rücksichtsvoll und hatten Verständnis“, lobte der Geschäftsführer. Immer wieder hätten Menschen sich auch für den Service bedankt, den der Liftbetreiber in diesen Zeiten anbiete.

    Zwei Unfälle gab es

    Schwere Unfälle: Viele Rodler tummelten sich am Langert. Jeden Tag konnte man zusehen und zuhören, wie Kinder und Eltern juchzend den Hang hinuntersausten. Die allermeiste Zeit ein herrliches Vergnügen, das der Liftbetreiber ihnen gerne gönnte, solange sie abseits der Skipisten blieben: „Den Leuten fiel doch zuhause die Decke auf den Kopf, die waren glücklich rauszukommen.“

    Es seien aber auch schwere Unfälle geschehen. „Beim Rodeln passiert mehr als beim Skifahren“, bestätigte Florian Funk, der Bereitschaftsleiter der Aalener Bergwacht. Am Langert gab es zwei Unfälle, beide unten, wo die Piste am Zaun endet. „Die Leute unterschätzen die Steilheit des Hangs und krachen unten rein“, so Gerstner. Er appellierte an alle Eltern: „Kinder können das nicht einschätzen.“

    Ganz groß: Manche Kinder können was viel Besseres: großzügig sein. Wie der Junge, der zum Geburtstag eine Stunde am kleinen Lift geschenkt bekommen hatte. Ganz allein mit seinem Vater durfte er wieder und wieder den Kinderhang hinunterwedeln und sich vom Lift wieder hinaufziehen lassen. Wieder oben, standen da noch andere Leute auf Skiern. „Ihr dürft gerne mitfahren“, erklärte ihnen der Knirps freundlich. „Mir macht das nichts aus.“ Ganz groß.

    Bilanz nach fast zwei Wochen Schnee

    Zudem zieht Dieter Gerstner, seit 14 Jahren Geschäftsführer der Ostalb Skilift GmbH, eine vorläufige Bilanz der Saison: „Wir sind so dankbar für 13 tolle Betriebstage.“ Und versichert, trotz Defizits sei das Unternehmen „so gut gesattelt, dass man die Sinnfrage nicht stellen muss“.

    Von weit her seien die Menschen gekommen. Neben vielen Einheimischen haben ab Mitte Januar Ski- und Snowboardfahrer aus Heidelberg, Tauberbischofsheim und München die Ostalb angesteuert. „Die Nachfrage war da, die Leute wollten nur noch raus“, sagt Gerstner.

    Warum es sich trotz Defizit gelohnt hat, zu öffnen

    Was er und sein Team ihnen anbieten konnten: so viel Schnee und so gute Pisten wie seit Jahren nicht. „Da lagen fünf bis sechs Schneedecken übereinander.“Bis zum 27. Januar hatte die Ostalb Skilift GmbH Flutlicht und Lifte an 13 Tagen in Betrieb. Dann kam der Regen. In einem normalen Jahr hätte das für ein Plus ausgereicht. „Normalerweise brauchen wir acht bis zehn Betriebstage für eine schwarze Null“, sagt Dieter Gerstner. An jedem Tag würden im Durchschnitt 500 Menschen die Lifte nutzen. Aber so ist es in der Pandemie „logischerweise nicht“.

    Der Liftbetreiber hat den Kinderlift für 60 Euro und den großen Lift für 150 Euro pro Stunde coronakonform an einzelne Haushalte vermietet. 60 bis 100 Menschen konnte er pro Tag so befördern - ein Fünftel der üblichen Zahl. „Also habe ich im Geldsäckel auch nur ein Fünftel des normalen Umsatzes.“

    Natürlich bleibe da ein Defizit. Trotzdem habe es sich gelohnt, Präsenz zu zeigen, ist der Geschäftsführer überzeugt. Denn schon in den vergangenen beiden Jahren mussten die Lifte mangels Schnee aussetzen.

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