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Oettingen/Löpsingen: Rektor über Corona-Tests: „Das hat in der Schule nichts verloren“

Oettingen/Löpsingen

Rektor über Corona-Tests: „Das hat in der Schule nichts verloren“

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    Eine Schülerin führt einen Schnelltest durch.
    Eine Schülerin führt einen Schnelltest durch. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Wie viele Corona-Schnelltests werden im Landkreis Donau-Ries für Schülerinnen und Schüler benötigt? Das Schulamt wartet eigenen Angaben zufolge derzeit auf die Antworten aus den Schulen und will den Bestellvorgang „demnächst abschließen“. Somit könnte es nach den Osterferien in den Schulen soweit sein, dass die Kinder sich selbst unter Anleitung einer Lehrkraft zweimal pro Woche testen. Aus den Schulfamilien gibt es erhebliche Kritik. Elternbeiräte wenden sich sogar in einem offenen Brief an Landrat Stefan Rößle.

    Kritik gegen Corona-Tests in der Schule im Landkreis Donau-Ries

    Die benötigten Einwilligungs-Erklärungen von den Eltern für die Corona-Schnelltests werden auch im Oettinger Albrecht-Ernst-Gymnasium in diesen Tagen eingesammelt. Das Schulamt hat Schulleiter Günther Schmalisch am Mittwochabend vorige Woche dazu aufgefordert, die Anzahl der Tests abzufragen. Die Zustimmungen der Eltern zu bekommen, sei aber gar nicht so einfach. Das liege zunächst nicht an der Bereitschaft, die Einwilligung zu unterschreiben, sondern an den unterschiedlichen Präsenztagen der Klassen. Noch dazu kommt, dass die meisten Schüler seit gestern wieder im Distanzunterricht sind. Die Tests für die Lehrer konnte der Rektor abholen, die Tests für die Schüler aber werden erst nach den Osterferien kommen. Bislang sind die Tests freiwillig. Der Oettinger Schulleiter vermutet allerdings, dass sie verpflichtend werden könnten.

    Rektor Günther Schmalisch ist gegen Corona-Tests im Klassenzimer

    Grundsätzlich ist Schmalisch der Meinung, dass die Kinder für den Test eine andere Umgebung bräuchten als ein Klassenzimmer. Unmissverständlich sagt er: „Das hat in der Schule nichts verloren.“ Seine Kritik habe er der Rechtsabteilung des Kultusministeriums bereits zugeschickt. Warum das Testen ins Elternhaus gehöre, untermauert Schmalisch mit mehreren Argumenten. Da sei zum einen der Datenschutz. Dieser würde sonst so hoch gehängt. Und wenn sich nun eine ganze Klasse zusammen testet, erfahre jeder sofort, wenn einer oder eine positiv ist. „Das Kind wird isoliert und jeder bekommt mit, dass es heimgeht. Das ist psychisch sehr belastend“, sagt Schmalisch. Jugendliche könnten sich bloßgestellt fühlen.

    Das Testen sei sensibel, wozu das Kind eine Vertrauensperson benötige. Der Rektor meint außerdem, Kinder und Jugendliche hätten schon genug mitzumachen. Er sieht keine Notwendigkeit, die Tests in die Schule zu verlagern. Ihm käme es aber so vor, als gebe es ein Misstrauen gegenüber den Eltern, etwa dass sie einen positiven Coronatest verschweigen würden. Schmalisch aber möchte eine Schule haben, in der es ein Grundvertrauen gibt.

    Würde zu Hause getestet, so argumentiert Schmalisch, müssten sich Lehrer auch nicht mit Haftungsfragen beschäftigen, sollte sich ein Kind mit dem Stäbchen in der Nase verletzen. „Wir sind kein medizinisches Personal“, sagt er.

    Gudrun Meier, die Schulleiterin der Grundschule in Löpsingen, lehnt es ebenfalls ab, dass sich Schüler unter der Anleitung von Lehrern selbst testen. Sie hält die Ansteckungsgefahr für unzumutbar und fragt sich: „In Krankenhäusern und Arztpraxen bekommen Pflegekräfte dafür eine Hygieneunterweisung und tragen eine Schutzausrüstung, in Apotheken gibt es einen eigenen Raum – und Lehrkräfte sollen sich neben eine ganze Klasse ohne Masken stellen, die korrekte Testung überwachen und alle Ergebnisse überprüfen?“

    Lehrer können das Testen nicht als "Morgenritual" leisten

    Meier zufolge sollte das Kultusministerium außerdem zwischen einem sechsjährigen Erstklässler und einem 18-jährigen Abiturienten differenzieren. Es sei für die Tests ein gewisser Reifegrad erforderlich, „um nicht das Risiko von Selbstverletzungen einzugehen“. Meier, auch Vorstandsmitglied im BLLV Schwaben, betont außerdem, dass Lehrer das Testen als „tägliches Morgenritual“ nicht leisten könnten. Sie könnten nicht gleichzeitig einen Test überwachen und die Klasse beaufsichtigen. „Ich finde es für alle Beteiligten schon schwierig genug, unserer Kernaufgabe als Schule unter den derzeitigen Bedingungen gerecht zu werden“, sagt die Löpsinger Rektorin. Mit den Tests würden noch einmal 20 Minuten an Unterrichtszeit ausfallen. Das sei nach einem Jahr Pandemie „weder unter pädagogischen noch unter gesellschaftlichen Gründen zu vertreten“. Sie befürchtet, dass der Unterricht noch mehr leiden würde.

    Die Rektorin hat sich außerdem als Personalratsvorsitzende im Schulamtsbezirk Donau-Ries mit der „Bitte um Unterstützung für seine Schulen im eigenen Landkreis“ an den Landrat gewandt. Sinngemäß schlägt sie vor, dass sich „Landkreisteams“ um die Schnelltests kümmern sollten, wolle das Kultusministerium die Verantwortung nicht an die Eltern übergeben.

    Offener Brief an den Landrat vom Elternbeirat in Löpsingen

    Nicht nur die Schulleitung wendet sich an Landrat Stefan Rößle. Der Elternbeirat verfasste einen offenen Brief. In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, argumentieren die Eltern ähnlich wie die Schulleiter. Sie sagen außerdem: „Besonders die abrupte Isolation aus der Schule bei einem positiven Testergebnis stellt (...) einen Eingriff in die Würde unseres Kindes dar, welche wir leider schon teilweise, trotz Fürsorglichkeit der Lehrer, erleben mussten (aufgrund der sofortigen Abholung durch die Eltern nach Anordnung des Gesundheitsamtes wegen einem positiven Kontaktfall in der Klasse).“

    Sämtliche Kritiker betonen, dass die Tests befürwortet werden, allerdings nicht in den Klassenzimmern, sondern im eigenen Zuhause.

    Lesen Sie dazu auch einen Kommentar von Verena Mörzl:

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