Startseite
Icon Pfeil nach unten
Nördlingen
Icon Pfeil nach unten

Nördlingen: Wie gut funktioniert NÖ-Mobil? Das Rufbussystem im Selbsttest

Nördlingen

Wie gut funktioniert NÖ-Mobil? Das Rufbussystem im Selbsttest

    • |
    Seit knapp vier Monaten ist das Rufbussystem NÖ-Mobil in Nördlingen und Umgebung im Einsatz. Wie gut funktioniert das System in der Praxis? Das haben die Rieser Nachrichten im Selbsttest untersucht.
    Seit knapp vier Monaten ist das Rufbussystem NÖ-Mobil in Nördlingen und Umgebung im Einsatz. Wie gut funktioniert das System in der Praxis? Das haben die Rieser Nachrichten im Selbsttest untersucht. Foto: Jan-Luc Treumann

    Kurz bin ich perplex. Ich stehe im Bus und der Fahrer fragt mich: „Wie wollen Sie nach Reimlingen fahren?“ Ich zögere. Eigentlich bin ich es gewohnt, dass der Busfahrer macht, was er eben macht, auf seiner festen Strecke fährt. Auch wenn ich mir den Weg aussuchen kann, überlasse ich es ihm. Es ist eine Besonderheit des Rufbussystems NÖ-Mobil, dass es keine feste Route gibt. Seit knapp vier Monaten kurven die Busse durchs Ries. Die Rieser Nachrichten haben im Selbsttest ausprobiert, wie gut das Konzept funktioniert. Kann man damit sogar wandern gehen?

    Am 3. Mai startete das Rufbussystem. Es ist ein Modellprojekt, das auf drei Jahre ausgelegt ist und eine Ergänzung für den bestehenden Nahverkehr sein soll. Der Bus fährt in der Stadt Nördlingen, den Stadtteilen sowie in den umliegenden Gemeinden. Dazu gehören (samt Ortsteilen) Wallerstein, Deiningen, Ederheim, Reimlingen und Möttingen.

    Die Buchung von NÖ-Mobil funktioniert Online oder per Telefon

    Vor der ersten Fahrt steht die Buchung an, die online oder per Telefon stattfindet, ich teste das Online-System. Nach einer kurzen Registrierung buche ich meine Fahrten. Tag auswählen, Abfahrtsort, Ziel, Abfahrtszeit. Eigentlich ganz einfach, nur eines ist ein klein wenig umständlich. Wenn ich in Nördlingen ein Ziel auswähle und „Nördlingen B“ (zum Beispiel für Brettermarkt) eingebe, erscheint keine Haltestelle zum Auswählen, ein Komma muss nach Nördlingen getippt werden, damit die entsprechenden Halte aufgelistet werden.

    So funktioniert das Rufbussystem NÖ-Mobil

    Buchung: Eine Fahrt kann online unter www.nö-mobil.de oder per Telefon unter 09081/2404095 gebucht werden. Das muss bis eine Stunde vor Beginn der Fahrt gemacht werden.

    Abfahrtszeiten: Sind in Nördlingen zur vollen und zur halben Stunde, im restlichen Verbreitungsgebiet zur 15. und zur 45. Minute. Änderungen sind um einige Minuten möglich, wenn Fahrten zusammengelegt werden.

    Preise: Das Verbreitungsgebiet ist in verschiedene Zonen eingeteilt. Innerhalb einer solchen Wabe, zum Beispiel in Nördlingen, kostet eine Fahrt 2 Euro, in die nächste sind es 2,50 Euro. Je nach Anzahl der durchfahrenen Zonen kostet eine Fahrt für Erwachsene dann 3,20 Euro (drei Zonen), 3,70 Euro (vier Zonen), 4,30 Euro (fünf Zonen) oder 4,90 (ab sechs Zonen). Kinder fahren etwas günstiger, Kleinkinder von 0 bis 3 Jahren sind frei. Für eine Sechserkarte, die für eine feste Strecke gilt, werden nur fünf Fahrten berechnet, eine ist gratis.

    Fahrzeiten: NÖ-Mobil fährt von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr, am Samstag von 8 bis 13 Uhr. Am Sonntag fährt NÖ-Mobil nicht. (jltr)

    Aber daran scheitert die Fahrt sicher nicht. Im Konto gibt es eine Übersicht über die gebuchten Fahrten. Innerhalb Nördlingens ist die Abfahrt zur vollen und zur halben Stunde möglich, in den umliegenden Orten je zur 15. und 45. Minute. Doch da das Reisebüro Schwarzer, das NÖ-Mobil betreibt, Fahrten zusammenlegt, kann sich die Abfahrtszeit schon mal um einige Minuten ändern.

    Zum Tierarzt mit NÖ-Mobil?

    Meine erste Fahrt führt mich nach Reimlingen. Mal angenommen, ich habe ein Haustier und möchte zur dortigen Tierärztin fahren – laut Homepage dürfen Kleintiere in entsprechenden Boxen mitgenommen werden – wie gut klappt das? Als ich zur Haltestelle am Brettermarkt gehe, wartet der Bus mit blau-orangem Logo schon vor neun Uhr. Da ich der einzige Fahrgast bin, können wir direkt losfahren. 2,50 Euro zahle ich für die Fahrt nach Reimlingen, wo ich zehn Minuten später ankomme.

    Zur Tierärztin würde ich also problemlos kommen. Etwas schwieriger würde sich – in meinem theoretischen Fall – die Abfahrt gestalten. Ganz genau weiß man bei Arztbesuchen ja doch nicht, wann man fertig ist. Doch der Rufbus muss spätestens eine Stunde vor Antritt der Fahrt gebucht werden. Es muss also gut eingeschätzt werden können, wie lange man braucht und gegebenenfalls ein Puffer eingeplant werden.

    Positives Fazit des Geschäftsführers

    Meine Fahrt führt mich weiter nach Möttingen. Nach Reimlingen komme ich ja noch locker mit dem Rad, die Strecke nach Möttingen ist mir da vielleicht schon zu weit, wenn ich etwas einkaufen oder jemanden besuchen möchte. Die Weiterfahrt von Reimlingen aus geht schnell und ohne Probleme, auch eine kurze Fahrt nach Kleinsorheim, eines der entlegensten Ziele, klappt gut. Nur eines klappt dort nicht wie geplant: Ich will mir die Kirche ansehen, doch die ist zugesperrt. Da kann NÖ-Mobil aber nichts dafür.

    Der Geschäftsführer des zuständigen Verkehrsunternehmens, Jörg Schwarzer, zieht aktuell ein positives Fazit: „Wir haben den Vergleich mit anderen Rufbussystemen, wo nach zwei Jahren 100 Fahrgäste pro Tag erreicht werden. 40 bis 50 haben wir schon erreicht. Wir sind sehr zufrieden, der Bedarf ist da.“

    Er findet es interessant, dass neue Gruppen erschlossen wurden und nicht nur bisherige Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV. Gerade ältere Personen mit Gehwägen und Rollstühlen, die sich bislang vielleicht einmal in der Woche von Verwandten nach Nördlingen bringen ließen, würden nun vielleicht viermal in der Woche mit NÖ-Mobil in die Stadt fahren. Auch Familien mit dem Kinderwagen würden sich das Zusammenbauen sparen, an Punkt A aussteigen und später an Punkt C wieder einsteigen.

    Wandern im Ries mit dem Rufbusssystem ist möglich

    Gerade für Fahrten im Alltag scheint NÖ-Mobil gut geeignet zu sein, aber ist es auch möglich, sich Sehenswürdigkeiten in der Region anzusehen oder sogar wandern zu gehen? Ich selbst habe kein Auto, einfach so komme ich beispielsweise nicht zur Ruine Niederhaus. Also auf nach Hürnheim. Am Parkplatz werde ich abgesetzt.

    RN-Redakteur Jan-Luc Treumann fuhr nach Kleinsorheim.
    RN-Redakteur Jan-Luc Treumann fuhr nach Kleinsorheim.

    Im Vorhinein habe ich mir überlegt: Wann komme ich an? Wie lange werde ich hier wohl für eine kleine Wanderung unterwegs sein? Es ist eine genaue Planung notwendig, ich habe noch etwas Pufferzeit dazugerechnet. Anfangs habe ich viel Zeit, gehe durch den Wald, zur Ruine Hochhaus und fotografiere, wie sich die Burg im Tümpel spiegelt. Immer wieder schaue ich auf die Uhr, kontrolliere in meinem Konto, wann genau ich die Abfahrt gebucht habe. Oben bei der Ruine angekommen, schweift mein Blick nur kurz über jenen kleinen See, die grünen Wiesen und Felder. Dann schnaufe ich wieder den Berg zum Parkplatz herauf, zu groß ist mir das Risiko, den Bus zu verpassen.

    Das Handy klingelt, die Buchungszentrale von NÖ-Mobil ruft an. Für mich geht es danach noch einmal quer durchs Ries nach Wallerstein. Ob es in Ordnung wäre, wenn ich dort fünf Minuten später abfahre? Kein Problem, es wird wohl eine Fahrt davor zusammengelegt.

    Warum NÖ-Mobil nicht zu günstig sein darf

    In Wallerstein verzögert sich meine Abfahrt dann noch einmal, wie mir mit einem Anruf mitgeteilt wird. Der Fahrer erklärt mir später, dass Fahrgäste manchmal nicht ganz pünktlich vor Ort seien, man warte dann auch mal fünf Minuten. So könne eine Verspätung zustande kommen, die Zentrale versuche aber, die Menschen telefonisch zu erreichen. Meine Fahrt endet so mit kleiner Verzögerung am Stadtmuseum. 19,30 Euro kostet meine Ries-Rundfahrt. Mit dem Taxi wäre es deutlich teurer geworden. Deutlich günstiger dürfe das Angebot nicht sein, sagt Jörg Schwarzer, weil man sonst dem regulären ÖPNV Konkurrenz mache.

    Mein Fazit: Das Angebot stellt eine gute Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr dar und erhöht die Flexibilität der Fahrgäste. Besonders gut ist NÖ-Mobil für regelmäßige Fahrten geeignet, selbst Wanderungen sind dabei möglich. Doch das setzt eine gute Planung voraus. Man muss wissen, wie lange man braucht, um rechtzeitig seine Fahrt buchen zu können. Für eine spontane Fahrt ist NÖ-Mobil nur bedingt geeignet.

    Info: Video-Eindrücke vom Selbsttest finden Sie in den Story-Highlights auf dem Instagram-Kanal der Rieser Nachrichten unter www.instagram.com/ rieser_nachrichten.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden