An normalen Tagen ist die Gaststube gut besucht. An den Tischen sitzen dann Übernachtungsgäste, die den ersten Kaffee des Tages trinken, Touristen aus allen Ecken der Erde oder Nördlinger, die abends gemütlich bei einem Bier zusammenkommen. Gerade aber stehen Uli Wenger und seine Frau Martina hinter der Theke des Wengers-Brettl und blicken auf leere Bänke. Die beiden wollen nicht klagen. „Aber die Ungewissheit, wie es weitergeht, ist schon groß.“ Auch für sie, die in der Gastronomie schon vieles erlebt haben, ist die aktuelle Situation belastend.
In der Küche steht Uli Wenger beinahe schon sein ganzen Leben. Mit 16 Jahren fängt er eine Lehre als Koch an, die er mit 19 abschließt. Anschließend kocht Wenger für Luxushotels im Schweizer Montreux, in Hannover, Stuttgart und auf Sylt. Irgendwann verschlägt es den Gastronom eher zufällig nach Nördlingen, erst nur für wenige Wochen. „Irgendwann habe ich dann einen Anruf von Ruth Hoffmann von der Weinhandlung Engelhardt bekommen“, sagt Wenger. Sie habe gefragt, ob er nicht interessiert sei, den Nördlinger Rotochsenkeller für ein Jahr zu übernehmen. 1992 war das. Wenger nahm das Angebot an.
Zuhause in Nördlingen
Aus ursprünglich einem Jahr in Nördlingen sind mittlerweile über 25 geworden. „Wir sind hier zu Hause und lieben die Stadt“, sagt das Ehepaar unisono. Im Jahr 1993 pachtet Wenger den Gasthof Engel, er wird hier 19 Jahre lang bleiben. „Irgendwann wollte ich aber was eigenes haben“, sagt der Wirt. 2011 wird er in der Löpsinger Straße 27 fündig und eröffnet das Wengers-Brettl.
Die Wengers sind zufrieden. „Es ist eigentlich genau so, wie wir uns das vorgestellt haben“, betont der Wirt. Wenger deutet mit einem kurzen Kopfnicken in Richtung Gaststube und sagt: „Hier sind schon richtige Freundschaften entstanden.“ Martina Wenger erinnert sich an einen Gast aus den Niederlanden, der vor einigen Jahren als Tourist in der Stadt war, und dabei auch im Wengers-Brettl einkehrte. „Mittlerweile besucht er uns regelmäßig. Aus einem Gast ist ein Freund geworden.“ Dies sei letztlich auch die Philosophie hinter dem Gasthof. „Ich bin mit 80 Prozent der Gäste per du.“ So würden sich automatisch Freundschaften entwickeln. Freundschaften, die aktuell hauptsächlich über das Internet gepflegt werden müssen. „Das schmerzt schon“, sagt Wenger.
Wenger: Keine Lust, von null anfangen zu müssen
In seinem Restaurant legt das Ehepaar den Fokus hauptsächlich auf heimische Produkte. „Bayerisch-schwäbische Küche“, wie Wenger es sagt. Außerdem vermieten sie insgesamt neun Zimmer an Gäste. Nur die bleiben aus, wie aktuell überall.
Das Jahr 2019 sei ein finanziell gutes Jahr gewesen, betont der Wirt. Dennoch wisse auch er nicht, wie lange seine Rücklagen noch hielten, blieben die Gäste weiterhin aus. Drei Monate, vier Monate? „Danach wird es eng.“ Eines ist für das Ehepaar klar: „Bevor wir einen Betriebsmittelkredit aufnehmen müssen, sperren wir lieber zu.“ Sie hätten einfach keine Lust mehr darauf, von null anfangen zu müssen. Doch die Eheleute sind optimistisch, dass sich die Situation bessern wird. Ab dem kommenden Montag werden auch sie ihre Terrasse wieder für Gäste öffnen, unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften.
Wie verbringt das Ehepaar seine Freizeit? „Am liebsten mit unseren drei Kindern“, sagt Wenger. Außerdem machen die beiden Radtouren; gerade vor allem zu ihren Mitarbeitern. „Wir sprechen ihnen über den Gartenzaun Mut zu, sagen, dass sie mit ihrer Unsicherheit nicht allein sind.“
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