Als früherer Marathonläufer weiß David Wittner, dass die letzten Kilometer die härtesten sein können. Die, auf denen plötzlich gar nix mehr geht. Auf denen andere mit scheinbarer Leichtigkeit an einem vorbeiziehen – während man sich selbst nur noch mühsam ins Ziel schleppt. So oder so ähnlich hätte es Wittner auch bei der Oberbürgermeister-Wahl in Nördlingen gehen können. Denn dass der 37-Jährige für dieses Amt kandidieren würde, wurde in der Stadt schon lange gemunkelt. Bereits im Herbst 2018 machte Wittner seine Ambitionen öffentlich, als erster Kandidat überhaupt. Eineinhalb Jahre zog sich sein Marathon-Wahlkampf hin. Und gestern endete er für den Familienvater glücklich: Wittner hatte auch auf den letzten Metern die Nase vorn.
Die Coronakrise warf Wittner Wahlkampfpläne um
56,19 Prozent der Wähler, so die erste Schnellmeldung der Stadt, stimmten für den Kandidaten der PWG. Sein Konkurrent von der CSU, Steffen Höhn, erhielt demnach 43,81 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,91 Prozent. Wittners erste Reaktion: Freude – aber auch Erleichterung: „Also der Meteorit, der war groß. Aber mir fällt gerade auch ein riesiger Stein vom Herzen.“ Er und sein Team seien „wirklich lang“ unterwegs gewesen, hätten Ortsteilspaziergänge und Hausbesuche gemacht, Zukunftswerkstätten veranstaltet. Und auch für die zwei Wochen vor der Stichwahl habe man viel vor gehabt – doch dann kamen die Coronakrise, die Ausgangsbeschränkungen. Die Oberbürgermeisterwahl in Nördlingen wurde zur reinen Briefwahl.
Diese Zeit der Pandemie sei eben jetzt auch keine für ausgelassene Feierlichkeiten, meint Wittner. Obwohl er gerne all die Menschen am Wahlsonntag um sich gehabt hätte, die ihn auf dem Weg begleitet hatten. Diese Party werde man nachholen. Unabhängig von der Coronakrise wolle er gerne Nördlingens Oberbürgermeister sein, betont Wittner: „Ich möchte das gerne machen für meine Heimatstadt.“
Wittner sieht große Solidarität in Nördlingen
Sein erstes Ziel sei es jetzt, so schnell wie möglich die Arbeitsfähigkeit herzustellen. Man habe in den vergangenen Tagen gelernt, wie viel über Videokonferenzen erreicht werden könne. Zudem treffe die Krise nicht nur Nördlingen, sie sei global. Schon jetzt sehe man in der Stadt eine unheimliche Solidarität. Es werde deutlich, wie sehr man lokale Produzenten und Händler brauche: „Ich hoffe, wir können diesen positiven Effekt aus der Krise heraus mitnehmen.“
Die verschiedenen Gruppen hätten im Kommunalwahlkampf mit viel Energie gekämpft, sagt Wittner: „Jeder hatte seine eigenen Ziele, aber inhaltlich waren wir uns in viele Dingen einig.“ Wenn alles verarbeitet sei, dann wolle er diese Energien zusammenbringen, kündigte der neue Rathauschef an. Was sein Team in den vergangenen Monaten geleistet habe, sei sensationell gewesen. Doch auch den anderen Wahlkämpfern zollt Wittner Respekt: „Das demokratische Angebot fand ich vorbildlich.“
Höhn will Stadtratsmandat annehmen
Sein Gegner in der Stichwahl, Steffen Höhn, sagte am Sonntagabend: „Es ist natürlich schade.“ Er hätte die Aufgabe des Nördlinger Oberbürgermeisters gerne übernommen, so der 41-Jährige. Doch so sei es nun einmal in der Politik, es gehe ums Gewinnen und Verlieren. Höhn glaubt nicht, dass die Tatsache, dass es nur Briefwahl gab, sich negativ auf sein Wahlergebnis ausgewirkt habe. Mit Blick auf die Wahlbeteiligung meinte er: „66,91 Prozent sind etliche, das passt schon.“ Doch die Briefwahl erschwere die Wahlanalyse, schließlich sehe man dabei nicht, welcher Stadtteil beziehungsweise welcher Wahlbezirk wie abgestimmt habe. Bereits im Wahlkampf hatte Höhn angekündigt, auch im Fall einer Niederlage bei der OB-Wahl sein Mandat für den Nördlinger Stadtrat annehmen zu wollen. 8694 Stimmen hatte der Familienvater bei der Wahl für den Rat erzielt, das zweithöchste Ergebnis hinter Rita Ortler (SPD), die 9149 Stimmen bekommen hatte.
Warum Wittners Amtsantritt in eine schwierige Zeit fällt, lesen Sie im Kommentar zur Oberbürgermeisterwahl.
Lesen Sie mehr zur Wahl in Nördlingen:
Interview zur OB-Stichwahl in Nördlingen: Höhn versus Wittner
Stichwahlen im Kreis Donau-Ries: Wittner gewinnt in Nördlingen, Sorré in Donauwörth
Welche Stadträte ab jetzt über die Zukunft Nördlingens entscheiden