Als Carmen Hock-Heyl erfuhr, dass sie für ihr Engagement für Hanf-Dämmmatten den höchstdotierten Umweltpreis Europas erhält, konnte sie es kaum glauben.
"Ich war ganz überrascht, dass ich überhaupt wahrgenommen werde", sagt die 58-Jährige aus Nördlingen. Seit 15 Jahren entwickelt die Unternehmerin Dämmstoff aus dem schnell wachsenden Rohstoff und kämpft dabei unermüdlich gegen Vorurteile in den Köpfen an.
Deutscher Umweltpreis: Lohn für jahrelange Mühen
Der Deutsche Umweltpreis 2013 ist der Lohn der jahrelangen Mühen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU/Osnabrück), die die Auszeichnung vergibt, würdigt damit Hock-Heyls "vorbildliche unternehmerische und ökologische Innovationsleistung", die zum Aufbau der einzigen deutschen Produktion von Dämmstoffen für Dächer und Fassaden aus Hanf geführt habe.
Mit dem Geruch von Holz groß geworden
Hock-Heyl ist durch die Zimmerei ihrer Eltern mit der Baubranche vertraut gewesen. "Mein Vater ist Zimmerer, mein Bruder ist Zimmerer, mein Mann ist Zimmerermeister", sagt sie. "Ich kenn mich aus in dem Metier, ich bin mit dem Geruch von Holz groß geworden." Dennoch schlägt sie erst einmal einen anderen Berufsweg ein. "Ich wollte etwas tun, um den Menschen zu helfen", erklärt sie. "Ich habe Arzthelferin gelernt und als Sanitäterin gearbeitet."
Mit 43 Jahren geht Hock-Heyl doch in die Baubranche und gründet ihr Unternehmen, die Hock GmbH & Co. KG, zunächst in Stutensee bei Karlsruhe, später folgt der Umzug ins bayerische Nördlingen. Heute hat der Betrieb rund 60 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von acht bis zehn Millionen Euro im Jahr.
Thermo-Hanf in verschiedenen Variatonen
Hock-Heyl bietet ihren Thermo-Hanf mittlerweile in verschiedenen Variationen an, für Dächer, Wände oder auch als Schallschutz für Fußböden. Dabei war der Anbau von Hanf (Cannabis) bis Mitte der 1990er Jahre in Deutschland noch generell verboten, also auch der Anbau von Nutzhanf, der nur winzige Mengen von dem berauschenden Tetrahydrocannabinol (THC) enthält. Dieser Hanf sei als Droge überhaupt nicht zu gebrauchen, betont Hock-Heyl. "Sie müssten ein ganzes Feld rauchen, um ungefähr die gleiche Wirkung zu erzielen wie wenn sie drei Halbe trinken", rechnet sie vor. "Also das ist langweilig."
Ein Vorteil von Hanf-Dämmstoff sei, dass er bei der Verarbeitung am Bau den Handwerkern nicht an der Haut hängen bleibe und ein "Jucken ohne Ende" verursache. Doch dies sei nur einer der vielen Vorzüge, sagt die 58-Jährige. Der Rohstoff Hanf wachse innerhalb von 100 Tagen bis zu vier Meter hoch, er brauche keinerlei chemischen Pflanzenschutz und binde das Treibhausgas Kohlendioxid. Als Dämmstoff halte Hanf im Sommer besonders gut die Hitze draußen - die Klimaanlage könne eingespart werden. Für Hock-Heyl alles "Dinge, die für die Zukunft wichtig sind".
Um diese Vorteile bekannter zu machen, will die Unternehmerin das Preisgeld von 250 000 Euro dafür verwenden, einen Interessenverband zu gründen. "Der Marktanteil von Naturdämmstoffen liegt bei nur vier Prozent, das ist natürlich nicht viel", sagt sie. Neben Bauherren müssten auch Architekten und Handwerker noch mehr aufgeklärt werden. "Da muss man noch viel Arbeit leisten." dpa/AZ