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Nördlingen: Stadtführung Nördlingen: Die lange Geschichte der Judenverfolgung

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Stadtführung Nördlingen: Die lange Geschichte der Judenverfolgung

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    Ein Denkmal erinnert an die aus Nördlingen deportierten Juden.
    Ein Denkmal erinnert an die aus Nördlingen deportierten Juden. Foto: E. Mayer

    Was kann man von einer Stadtführung mit dem Titel „Jüdisches Leben in Nördlingen“ erwarten? Kein Gebäude in der Stadt, das darauf hinweist, dass es je ein jüdisches Leben gegeben hätte, keine Synagoge mehr, wo sich einst die Gläubigen versammelten, denn die wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der evangelischen Gemeinde zugunsten eines Gemeindehauses abgerissen.

    Die Synagoge war im Reichspogrom 1938 geplündert, aber nicht zerstört worden. Es war aber auch kein Jude mehr da, weil 1942 die letzten 42 jüdischen Nördlinger im April und August in zwei Schüben ins KZ abtransportiert wurden und keiner mehr von dort zurückkam. Nördlingen war „judenfrei“, was die Angehörigen der Naziorganisationen damals stolz verkündeten. Nur der jüdische Friedhof, draußen vor der Stadt, blieb übrig. Somit bleibt denen, die heute jüdisches Leben in Nördlingen aufspüren wollen, nur der Blick in die Geschichtsbücher. Den Erzählungen der Stadtführerinnen Anneliese Braun und Elisabeth Stempfle gemäß waren die Juden im Lauf der Geschichte auch in Nördlingen eine ohnmächtige Minderheit im Wechsel von Duldung und Verfolgung. Der religiöse Gegensatz über die Rolle von Jesus Christus, vor allem die Bekehrungsverweigerung, war bei den Konzilen des 6. Jahrhunderts der ursprüngliche Grund für den Ausschluss der Juden aus öffentlichen Ämtern, räumlicher Trennung und äußerlicher Kennzeichnung. Angebliche Rassenunterschiede spielten keine Rolle.

    Stadtführung in Nördlingen über das jüdische Leben

    Ab dem Beginn des 13. Jahrhunderts, nach blutigen Massakern und Pogromen während der Kreuzzüge, siedelten sich Juden in Nördlingen an und entwickelten hier eine Gemeinde. Doch schon 1290 und 1298 erlebten sie grausame Verfolgung durch Mitbürger, die sie der Hostienschändung beschuldigten, viele töteten und verbrannten. Die nächste Drangsal ereilte sie, als sie um 1348 der Schuld an der Pest bezichtigt, beraubt und erschlagen wurden. Die Oettinger Grafen bewirkten 1348 einen „Sühnebrief“ bei Kaiser Ludwig, dem Bayern, durch den ihnen der Besitz der ermordeten und zu ihnen geflüchteten Juden übertragen wurde. Sie übten für ihn den Schutz der Juden aus, den diese durch eine „Judensteuer“ bezahlten.

    In Nördlingen siedelten sich immer wieder Juden an

    Die Gewalttaten der Nördlinger wurden verziehen und deren Schulden bei den Juden aufgehoben. In der Folge siedelten sich wieder Juden an und hielten in der Synagoge, im Anwesen Judengasse 1, ihre Gottesdienste ab. Auch diese Judengemeinde endete mit einem Pogrom, der „Judenschlacht“, bei der alle Männer, Frauen und Kinder ermordet wurden und ihr gesamtes Gut genommen wurde. Für diesen Pogrom musste Nördlingen schwer durch hohe Strafzahlungen und den Ausschluss aus dem Schwäbischen Bund büßen. Dennoch gelang es den Nördlingern im Jahr 1506 den Juden für alle Zeit die Stadt zu verbieten. Das durch hohe Zahlungen erworbene kaiserliche Privileg galt bis 1803, als Nördlingen zu Bayern kam. Bis dahin gab es in der Stadt keine jüdischen Ansiedlungen mehr. Weil ihre Geschäfte aber in der Stadt willkommen waren, gelangten die jüdischen Händler gegen Geldzahlungen aus den Oettingischen Gebieten für ihre Geld-, Vieh- und Warenhandlungen in die Stadt.

    1860 musste der Rat aufgrund des „Bayerischen Judenedikts“ die Niederlassung von Juden genehmigen, deren Gemeinde 1895 schon 489 Personen umfasste, die sich weitläufig über die Stadt verteilten. 1886 wurde ihre prächtige Synagoge in der Kreuzgasse eingeweiht. Viele von ihnen gelangten in einem friedlichen Zusammenleben zu Ansehen, bis die Naziherrschaft mit ihrem Juden- und Rassenhass antrat und die totale Vernichtung dieser Bevölkerung beschloss.

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