Nördlingen Die Corona-Epidemie nimmt Menschen das Leben, anderen die Gesundheit, einigen den Arbeitsplatz, vielen die finanzielle Stabilität. Uns allen aber nimmt sie die sozialen Kontakte, die Begegnungen mit anderen Menschen, die herzlichen Umarmungen, ja oft sogar das Miteinander-Lachen. Ausgerechnet in dieser Corona-Zeit geht Hermann Faul, Nördlingens Oberbürgermeister, in den Ruhestand.
Faul sagte einmal, an Nördlingen schätze er vor allem die Menschen, das Miteinander, die Vereine. Ein wenig stolz, begeistert und manchmal auch berührt war Faul bei den großen Festen in der Stadt – Staben, die Mess’, das Historische Stadtmauerfest. Dann feierte er mit seinen Nördlingern, ratschte und lachte, war eben einer von ihnen. All das fällt ausgerechnet in dem Jahr flach, in dem Faul seinen Posten im Rathaus nach 14 Jahren verlässt.
Als Oberbürgermeister versuchte der 70-Jährige meist, einen Ausgleich zwischen verschiedenen Standpunkten zu finden. Er ließ sich vom Gegenteil seiner Meinung überzeugen, wenn sein Gesprächspartner die besseren Argumente hatte. Er suchte auch dann noch nach einem Kompromiss, wenn er hinterher von seiner eigenen Gruppierung, der PWG, dafür öffentlich massiv gescholten wurde. Überhaupt der Stadtrat – Sitzfleisch und Geduld bewies Faul immer wieder, selbst angesichts langer Tagesordnungen und ausschweifender Statements einzelner Redner. Vielen anderen Teilnehmern im Raum war er da um Längen voraus.
Doch Faul konnte auch seinen Standpunkt durchsetzen, wenn er von einer Sache überzeugt war. 2015 etwa erteilte er dem Neubau eines Hallenbades beim Neujahrsempfang eine klare Absage. Bei einer Bürgerversammlung im Sommer des gleichen Jahres kämpfte Faul dagegen für den Neubau der Wemdinger Unterführung. Gegenargumente räumte Faul rigoros aus. Und mit der Unterstützung des Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange gelang es schließlich, das Projekt umzusetzen. Heute führt eine helle, lichte und deutlich breitere Unterführung in Nördlingens größtes Stadtviertel. Deren Einweihung 2018 wurde zum großen Bürgerfest, inklusive Freibier und kostenloser Mess’-Würste für die Besucher.
Zuletzt hatte Faul dann wieder das Hallenbad ganz oben auf die politische Agenda gesetzt. Alles sollte noch für seinen Nachfolger in die Wege geleitet werden. Doch am Ende fehlte die Zeit für weitreichendere Entscheidungen, auch wegen Corona. Die Pandemie ist ebenfalls der Grund dafür, dass der große Festakt zu Fauls Verabschiedung am morgigen Donnerstag abgesagt wurde. Oder aufgeschoben. Denn dieses Fest müssen Faul und seine Nördlinger auf jeden Fall noch gemeinsam feiern. (tiba)
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