Es gibt nur wenige Straftaten, die gesellschaftlich mehr geächtet sind, als der Besitz von Kinderpornografie. Wohl auch das ist der Grund, warum ein Nördlinger Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt hat. Die Staatsanwaltschaft warf dem 49-Jährigen vor, drei kinderpornografische Schriften auf seinem Laptop besessen zu haben, es soll sich um ein Mädchen im Alter von zehn bis 14 Jahren handeln. Doch der Angeklagte bestritt das: Es seien nur Urlaubsfotos.
Fotos hat die Mutter des Kindes gemacht
Richterin Sandra Fischer fragt zu Beginn der Verhandlung, was denn das Ziel des Einspruchs sei? Schließlich sei es unstrittig, dass die Fotos auf dem Laptop des Mannes gefunden wurden. Das bestreitet der Angeklagte auch nicht. „Aber es sind nur Urlaubsbilder, die vor zehn, elf Jahren gemacht wurden. Das Kind war damals sieben oder acht Jahre alt, das war am Gardasee, meine (heutige, Anm.) Exfreundin hat die Fotos mit meiner Digitalkamera gemacht. Ich bin nicht so der Fotomensch“, sagt der 49-Jährige. Richterin Fischer entgegnet, dass der Besitz solch sexuell aufreizender Fotos nun einmal strafbar sei. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe im Jahr 2020 in einem Urteil festgelegt, dass es maßgeblich sei, was auf dem Foto zu sehen ist. Da sei es völlig egal, ob die Fotos im Urlaub oder von der Mutter des Kindes gemacht wurden. Verteidiger Axel Wernitz sagt, er und sein Mandant würden bestreiten, dass dies sexuell aufreizende Fotos seien, nur weil dort Nacktheit zu sehen sei. Und auch der Angeklagte schildert ein Erlebnis, wie er es kürzlich in Nördlingen gesehen haben will: Bei der Kneippanlage habe er Mütter gesehen, die mit ihren Kindern dort ins Wasser gehen. Die Kleider hingen über einem Zaun, die sechs, sieben Jahre alten Kinder spielten im Wasser. Die Mütter machten Fotos: „Da müsste man jeden anzeigen.“
Fokus liegt auf der Nacktheit
Also schauen sich Richterin, Angeklagter samt Anwalt und Staatsanwalt Maximilian Dauer die Fotos gemeinsam an. Richterin Fischer zeigt auf eines der Fotos, offenbar auch ein Nacktbild, und sagt, dass ein solches Bild nicht angeklagt wurde, ein Foto in der Öffentlichkeit, mit anderen Personen darauf, das nicht unter Zwang entstanden sei. Oder hier, das Kind spiele im Wasser, auch das falle nicht darunter. Ein anderes Bild dagegen zeige nicht einmal das Gesicht des Mädchens. „Der Fokus liegt auf der Nacktheit und den unbekleideten Genitalien“, so die Richterin. Auf einem anderen Bild sei nur der unbekleidete Hintern zu sehen. Der Nördlinger sagt, dass die Bilder aus seiner Sicht nichts Pornografisches hätten. „Für mich als Laie ist das nicht nachvollziehbar“, so der Angeklagte. Das seien Urlaubsbilder, wer mache sich da Gedanken.
Angeklagter fordert eine Entschädigung
Die Richterin hält ihm vor, dass die Staatsanwaltschaft ihm ja angeboten habe, das Verfahren einzustellen, wenn er sich mit der Einziehung des Laptops einverstanden erklärt hätte. Doch der Mann wollte die Geldstrafe nicht akzeptieren und eine Entschädigung, weil sein Handy zwischenzeitlich eingezogen worden sei und er sich ein neues besorgen musste. Die damalige Freundin des Mannes und Mutter des Kindes sagt vor Gericht aus, sie habe die Fotos gemacht und sich dabei nichts gedacht. Auch ihre Mutter habe solche Bilder von ihr gemacht. In seinem letzten Wort sagt der Nördlinger: „Ich komme mir vor wie im falschen Film. Ich habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Wenn ich ein Profil hätte, mehr Dinge vorliegen würden... Aber bei Urlaubsbildern, das ist nicht in Ordnung.“ Der Nördlinger wird dennoch zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt, die Entschädigung bekommt er nicht. „Sinn und Zweck ist es, dass derartige Fotos von Kindern in dem Alter nicht in Umlauf sein sollen. Kinder sollen vor Sexualisierung geschützt werden“, begründet die Richterin das Urteil. Die Bilder zeigten hinsichtlich Aufbau, Haltung und Kameraausschnitt keine unbeschwerten Urlaubsbilder, sondern nackten Genitalbereich. Der Besitz solcher Bilder sei nach dem BGH–Urteil aus dem vergangenen Jahr strafbar. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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