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Nördlingen/Oettingen: Thema der Woche: Hybridzüge für die Hesselbergbahn?

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Thema der Woche: Hybridzüge für die Hesselbergbahn?

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    Ab Dezember 2024 sollen auf der Strecke zwischen Wassertrüdingen (hier im Bild) und Gunzenhausen wieder Personenzüge fahren. Die Verantwortlichen der BayernBahn wünschen sich auch eine Reaktivierung des Südabschnittes der Hesselbergbahn.
    Ab Dezember 2024 sollen auf der Strecke zwischen Wassertrüdingen (hier im Bild) und Gunzenhausen wieder Personenzüge fahren. Die Verantwortlichen der BayernBahn wünschen sich auch eine Reaktivierung des Südabschnittes der Hesselbergbahn. Foto: Josef Heckl

    Herr Zeitlmann, Herr Braun, Sie arbeiten für die BayernBahn und kämpfen für die Reaktivierung der Hesselbergbahn. Dabei gibt es doch eine Studie, die besagt, dass nur wenige Menschen diese Bahnstrecke nutzen würden. Warum fordern Sie dennoch die Reaktivierung?

    Andreas Braun: Diese Aussage, dass zu wenig Leute mitfahren, ist so nicht richtig. Das Problem sind die Kriterien, die es für solch eine Reaktivierung einzuhalten gilt. Diese sind in den 90er Jahren definiert worden, als es darum ging, den Bahnverkehr in der Fläche auf den Bus umzustellen. Damals hat man sich auf den Zug-Fernverkehr fokussiert und zeitgleich die größten Autobahnprojekte realisiert. Heute sind wir unter Umweltgesichtspunkten gedanklich weiter, die Rahmenbedingungen für die Förderung der Eisenbahninfrastrukturen sind aber insgesamt zurückgeblieben.

    Glauben Sie denn, dass man mit der Reaktivierung der Hesselbergbahn Geld verdienen kann?

    Patrick Zeitlmann: Das können wir nicht beantworten. Wir stellen ja auch nur die Strecke zur Verfügung und betreiben nicht den Personennahverkehr. Die Strecke nach Gunzenhausen gehört der BayernBahn Infra GmbH. Was wir betreiben, ist Güterverkehr. Jeden Tag fahren zwei Züge unseres Unternehmens zu Schwarzkopf nach Wassertrüdingen und holen dort Shampoo und Deo ab; das Werk ist übrigens das größte in ganz Europa. Von dort fahren wir dann weiter in den Rhein-Ruhr-Raum.

    Braun: Mit einem Zug ersetzen wir jeden Tag 50 bis 55 Lastwagen.

    Zeitlmann: Der Vorteil der Reaktivierung der Hesselbergbahn wäre für uns, dass wir die Kosten für die Instandhaltung der Strecke auf mehrere Züge umlegen könnten. Es wäre also auch für Schwarzkopf billiger und die Chance, dass das Unternehmen weiter auf den Zug setzt, wäre größer. Schließlich stehen wir immer in Konkurrenz mit der Straße. Wer den Personennahverkehr zukünftig betreibt, ist ein Ergebnis europaweiter Ausschreibung. Das könnte ein Anbieter wie beispielsweise Agilis, GoAhead oder die DB Regio sein.

    Wollen die Strecke der Hesselbergbahn nicht stilllegen

    Glaubt man den Gegnern der Reaktivierung, müssen hohe Millionenbeträge in die Hand genommen werden, um die Strecke für den Personennahverkehr fit zu machen.

    Braun: Ich würde wirklich gerne wissen, woher die Leute diese Zahlen haben. Wir haben die Strecke nicht erworben, um sie stillzulegen, sondern um sie zu erhalten. Sie gehört ja auch in unser Konzept für das Eisenbahnmuseum, wir fahren mit unseren Dampfloks auf der Strecke.

    Ok, aber jetzt ganz konkret: Was kostet es, um die Strecke bis Gunzenhausen fit für den Personennahverkehr zu machen?

    Braun: Wir haben bislang nur eine Bestellgarantie für die Strecke zwischen Wassertrüdingen und Gunzenhausen, die soll im Dezember 2024 wieder für den Personennahverkehr geöffnet werden. Die Züge sollen dann dort im Stundentakt zwischen 5 und 23 Uhr fahren. In Unterschwaningen und Cronheim müssen wir den Bahnsteig herrichten, für die Beleuchtung und den Zugang sorgen. Das kostet uns etwa eine halbe Million Euro. In Unterwurmbach soll es einen völlig neuen Haltepunkt geben. Die Kosten hierfür liegen ebenfalls etwa bei einer halben Million Euro. Mehr brauchen wir für den reinen Personennahverkehr eigentlich nicht. Um allerdings noch Trassen für den Güterverkehr anbieten zu können, benötigen wir in Cronheim ein zweites Gleis, weil sich die Züge dort begegnen müssen. Das kostet uns dann etwa 1,5 Millionen Euro. Die Überholmöglichkeit wäre an dieser Stelle jedoch hinfällig, wenn die Personenzüge bis Nördlingen durchfahren würden.

    Für Park&Ride-Parkplatz müsste die Stadt Oettingen aufkommen

    Die Verantwortlichen in den Kommunen an den Strecken haben teilweise die Befürchtung, dass hohe Kosten auf die Städte und Gemeinden zukommen, wenn die Hesselbergbahn reaktiviert werden würde.

    Braun: Die müssen gar nichts bezahlen, null Komma null. Die Kosten für die Bahnstrecke und die Instandsetzung der Bahnhaltepunkte tragen wir. Nur wenn eine Kommune einen Park&Ride-Parkplatz wünscht, muss sie selbst dafür aufkommen. Im Norden von Oettingen würde sich das unserer Meinung nach anbieten, aber das ist Sache der Stadt.

    Wie viel bringt es der BayernBahn finanziell, wenn die Hesselbergbahn reaktiviert wird?

    Zeitlmann: Wir arbeiten beide für dieses Unternehmen, weil wir an das Verkehrsmittel Eisenbahn glauben. Der ÖPNV im Ries ist – besonders in Richtung Norden – deutlich verbesserungsfähig und die Hesselbergbahn kann dafür das geeignete Mittel sein.

    Braun: Es sind 39 Kilometer Schiene von Nördlingen nach Gunzenhausen. Pro Zug und pro Kilometer würden wir circa 5,75 Euro Trassenentgelt – nach aktuellem Stand – vom Betreiber der Züge bekommen. Rechnet man das auf das Jahr nur für den kurzen Abschnitt zwischen Wassertrüdingen und Gunzenhausen – das sind nur 14 Kilometer – aus, dann sind wir etwa bei einer Million Euro Einnahmen. Wir müssen aber neues Personal einstellen – einen Zugleiter im Schichtdienst und Personen, die für die ständige Instandhaltung der Strecke und Signalanlagen sorgen. Mit Personenverkehr sind die Ansprüche an die Verfügbarkeit der Infrastruktur höher als nur für den Güterverkehr. Wenn es etwa ein schweres Unwetter gibt, müssen die Kollegen die Strecke schnellstmöglich wieder freiräumen und reparieren. Da wir das Personal sieben Tage die Woche brauchen, rechnen wir mit rund 700.000 Euro. Bleiben noch 300.000 Euro für die Strecke selbst. Das ist nicht viel. Daraus folgt: Je mehr Zugkilometer wir haben, desto besser. Denn im Gegensatz zur Deutschen Bahn bekommen wir aktuell keine Zuschüsse vom Bund und müssen alle Kosten aus dem Betrieb selbst erwirtschaften.

    Als kürzlich der ICE in Nördlingen getauft wurde, meinte der Lokführer, die Riesbahn zwischen Donauwörth und Nördlingen sei nicht die modernste.

    Zeitlmann: Naja, auf der Riesbahn können Sie auch nur 120 Stundenkilometer schnell fahren. Das ist, als ob Sie mit einem Ferrari auf dem Feldweg unterwegs sind.

    Braun: Die Riesbahn ist insgesamt in die Jahre gekommen.

    Nun heißt es aber von den Kritikern der Reaktivierung der Hesselbergbahn, man müsse erst einmal die Riesbahn modernisieren und schneller machen, damit man die Strecke nach Gunzenhausen wieder reaktivieren kann.

    Braun: Der Hintergrund dieser Argumentation ist, dass die Züge sich künftig in Nördlingen und nicht in Möttingen kreuzen sollen, damit würde ein sogenannter 30’-Knoten in Nördlingen realisiert. Das hätte den Vorteil, dass dann zur Minute 30 sämtliche Busse und Bahnen optimal verknüpft wären. Dafür kann man entweder die Bahnstrecke ertüchtigen – was die nächsten zehn Jahre wohl nicht geschehen wird und Millionen kostet – oder den Halt in Wörnitzstein schließen, was die DB Netz als mögliche Lösung vorgeschlagen haben soll. Ich kann mir das gut vorstellen, dass man Wörnitzstein als Stadtteil von Donauwörth sehr gut auch in das Stadtbusnetz einbinden könnte. Das habe ich auch Landrat Stefan Rößle vorgeschlagen.

    In der Potenzialanalyse ist immer von 1000 Fahrgästen die Rede…

    Braun: Nein, das ist so nicht richtig. Es geht um 1000 Personenkilometer pro Streckenkilometer. Wenn nur zehn Leute in einem Zug der Hesselbergbahn sitzen, die dann aber bis nach Hamburg reisen, ist dieses Kriterium schon erfüllt. Ob dieses Kriterium überhaupt noch geeignet ist, wird aktuell in zahlreichen Gremien diskutiert.

    Würde man eigentlich von Nördlingen direkt nach Nürnberg fahren, wenn die Hesselbergbahn reaktiviert werden würde?

    Braun: Das ist noch gar nicht untersucht worden. Es gibt mittlerweile sogenannte Hybridzüge. Die laden ihre Batterien auf elektrifizierten Strecken auf und nutzen die Energie dann auf Trassen wie der Hesselbergbahn ohne Oberleitung. Ein Zug könnte also von Nürnberg oder ab S-Bahnhof Roth bis nach Gunzenhausen und dann im Batteriebetrieb bis nach Nördlingen fahren. Dann könnte er sich wieder ins Oberleitungsnetz einklinken und bis zur Endstation Donauwörth oder Augsburg fahren.

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