So umstritten der Anbau an der Grundschule Mitte in der Nördlinger Altstadt war, so entschlossen zeigte sich mancher noch vor kurzem, ihn umzusetzen: „Wenn uns jetzt nicht der Himmel auf den Kopf fällt, sollten wir es durchziehen“, sagte eine Stadträtin Ende Dezember. Lange schien ausgemacht, dass für das Hallenbad nur eine Sanierung infrage kommt. Nun reißt die Corona-Krise in den kommenden Jahren ein Acht-Millionen-Euro-Loch in die Stadtkasse. Deshalb könnte alles anders kommen, als geplant.
Nur dafür könne die Stadt bis zu 2,7 Millionen Euro Förderung vom Bund erhalten, hieß es bislang von der Verwaltung. Auf der Grundlage einer neuen Kostenschätzung ist nun doch wieder ein Neubau im Gespräch. Eine Sanierung wäre wohl „unwirtschaftlich teurer“ als ein Neubau, wie es hinter vorgehaltener Hand heißt. Unklar ist, ob er vom Bund gefördert würde. In der kommenden Woche beschäftigt sich voraussichtlich am Dienstag der Haupt- und Finanzausschuss, und am Donnerstag die Vollsitzung des Stadtrats mit den Sparmaßnahmen und einem Nachtragshaushalt.
Die Entscheidung über Sanierung oder Neubau steht noch aus
Steffen Höhn (CSU) sagt, seine Fraktion sei stets gegen den Anbau gewesen. Er habe eine gemeinsame Lösung mit der Mittelschule bevorzugt und halte es nach wie vor für möglich, die Anzahl der Klassen pro Jahrgang auf eine zu reduzieren, sodass der bestehende Platz ausreichen würde. Jetzt sei der Anbau für die Stadt auch nicht mehr finanzierbar. Das Hallenbad lasse sich kaum aufschieben. „Die Nördlinger warten darauf.“ Zudem dränge die Zeit wegen eines Legionellenproblems und des undichten Dachs. Zur Frage, ob eine Sanierung oder ein Neubau bevorzugt würde, befinde sich seine Fraktion noch im „Findungsprozess“. Höhn betont, auch im Verwaltungshaushalt sehe er Sparpotenzial. „Ich halte Neueinstellungen in der derzeitigen Situation nicht für vertretbar.“
Wolfgang Goschenhofer (Grüne/Frauenliste) sagt, in jedem Falle müsse eine Lösung für das Hallenbad und die Grundschule Mitte gefunden werden – in Abstimmung mit der Schulleitung. „Wenn es rechtlich möglich ist, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Rückzug von dem Anbau.“ Dafür habe die Stadt durch die Corona-Krise schlicht zu wenig Geld. Stattdessen müssten Räume für die Schule gefunden werden. Eine Möglichkeit dafür wären die Räume des Archivs, das daraufhin an einen neuen, zentralen Standort ziehen könnte. Bis die Räume mittelfristig nutzbar wären, könne man auf eine Container-Lösung zurückgreifen, um eine reibungslose Mittagsbetreuung sowie offenen Ganztag zu gewährleisten. Bezüglich des Hallenbads habe er immer dafür plädiert, einen Neubau in die Überlegungen einzubeziehen. „Ein Neubau, insbesondere in Modulbauweise, war immer einer meiner Favoriten. Das sehe ich weiterhin so.“
Die Steuern könnten noch stärker einbrechen
Thomas Mittring (Stadtteilliste) sagt, seiner Einschätzung nach könnten die Steuern noch stärker einbrechen als prognostiziert. „Der Anbau an die Grundschule Mitte war ohnehin extrem umstritten“, sagt er. Der Zuzug in die Stadt sei aber nach wie vor hoch. Vor dem finanziellen Hintergrund der Stadt Nördlingen werde man deshalb andere Räume finden müssen. Beim Hallenbad seien „exorbitante“ Zahlen im Gespräch, die zugunsten eines Neubaus sprechen würden. Mittring betont jedoch, dass man nach wie vor ein Gebäude mit einer Halle darauf hätte, mit dem etwas geschehen müsste.
Gabriele Fograscher (SPD) sagt, der Stadtrat müsse die Erweiterung der Grundschule Mitte neu prüfen. Finde man Räume, etwa im Erdgeschoss der Grundschule, die den Platzbedarf decken würden, wäre diese Lösung aus ihrer Sicht vorzuziehen. „Es wäre unvorteilhaft, einen Großteil des Pausenhofs zu bebauen.“ Bezüglich des Hallenbads hält sie eine Sanierung im Bestand angesichts der Mehrkosten für nicht realistisch. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete sagt, die Stadt könne in Verhandlungen mit dem Bund durchsetzen, dass auch ein Neubau gefördert würde, wenn dieser wirtschaftlicher wäre. Insgesamt sei die derzeitige Situation geprägt von Unwägbarkeiten. „Wir fahren auf Sicht.“
Eine Abkehr vom Anbau an die Grundschule Mitte deutet sich an
Helmut Beyschlag (PWG) betont, die Stadt Nördlingen müsse sich im Hinblick auf die geänderten finanziellen Rahmenbedingungen auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichtaufgaben konzentrieren. Ein Hallenbad zähle dazu zwar nicht, sagt er auf Nachfrage. „Allerdings steht es unserer Stadt als Oberzentrum und touristischem Schwerpunkt gut zu Gesicht.“ Das Projekt habe eine sehr hohe Priorität und werde, wenn irgendwie möglich, umgesetzt. „Weil sich die finanziellen Rahmenbedingungen geändert haben und weiter ändern werden, müssen jetzt alle Projekte auf den Prüfstand.“ Der Bund dürfe Nördlingen mit der Förderung nicht hängen lassen, wenn sich die Stadt gegen eine Sanierung und für eine günstigere Variante entscheiden würde. Die Entscheidung für den Anbau der Grundschule Mitte sei unter anderen Voraussetzungen getroffen worden. „Es ist eine Lösung, mit der nicht alle zufrieden waren, für die wir aber im Interesse der Kinder vor Corona hohe Kosten in Kauf genommen hätten.“ Nun müssten Alternativen gesucht werden. „Ich kann derzeit nicht die eine, optimale Lösung nennen. Vielleicht stehen wir wieder am Anfang der Diskussion.“
Oberbürgermeister David Wittner wollte sich auf Anfrage der Rieser Nachrichten nicht zu konkreten Sparmaßnahmen der Stadt Nördlingen äußern.
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