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Nördlingen: Mehr Baumarten, weniger Wild: Wie sich der Nördlinger Forst entwickeln soll

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Mehr Baumarten, weniger Wild: Wie sich der Nördlinger Forst entwickeln soll

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    Klaus Schuler von der Forstdirektion Freiburg (hinten), Revierleiter Sven Schmidt (rechts) und Forsteinrichter Oliver Braun (vorne) machen sich ein Bild vom Nördlinger Stiftungswald. Revierleiter Horst Ferner, Wolfgang Müller von der Forstaußenstelle Bopfingen und deren Leiterin Marieke Plate haben sie begleitet.
    Klaus Schuler von der Forstdirektion Freiburg (hinten), Revierleiter Sven Schmidt (rechts) und Forsteinrichter Oliver Braun (vorne) machen sich ein Bild vom Nördlinger Stiftungswald. Revierleiter Horst Ferner, Wolfgang Müller von der Forstaußenstelle Bopfingen und deren Leiterin Marieke Plate haben sie begleitet. Foto: Marieke Plate

    Die Forstwirtschaft denkt in Generationen. Einige der alten Buchen im Wald der Stadt Nördlingen wuchsen dort schon zu Lebzeiten Napoleons – viele sind 120 bis 130 Jahre alt. Beim Wald plant man entsprechend nicht in Jahres-, sondern in Zehnjahreszyklen – bei der sogenannten Forsteinrichtung. Die steht nun für die 1446 Hektar Forst der Vereinigten Wohltätigkeitsstiftungen Nördlingens und die 151 Hektar stadteigenen Wälder an. Unter anderem sieht sie vor, einige der alten Buchen zu fällen – was Kritik aus dem Stadtrat hervorruft.

    In der Sitzung des Nördlinger Haupt- und Finanzausschusses haben Oberbürgermeister David Wittner und Marieke Plate, Leiterin der Bopfinger Forstaußenstelle, die Zielsetzungen vorgestellt. Plates Behörde bewirtschaftet die Wälder als Dienstleister für die Stadt. Ein zweiseitiges Schreiben ist die Grundlage für die eigentliche Forsteinrichtung, die in einem komplexen Prozess bis zum Frühjahr erarbeitet werden soll.

    OB Wittner: "Es geht um die Zukunft unseres Waldes"

    Oberbürgermeister David Wittner sagte: „Es geht um die Zukunft unseres Waldes unter den sich wandelnden klimatischen Bedingungen.“ Man wolle die Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder erhalten und gleichzeitig ein günstiges Wirtschaftsergebnis erzielen, aber kein maximales, wie er betonte.

    Steffen Höhn (CSU) fragte, ob es sinnvoll sei, den Nadelholzanteil von 40 Prozent zu erhalten, obwohl die Arten nicht heimisch seien und gleichzeitig alte Buchen zu entnehmen. Plate antwortete, je bunter die Mischung, desto besser sei ein Wald gegen Risiken wie den Klimawandel oder Schädlinge wie den Borkenkäfer gewappnet. Außerdem nannte sie die wirtschaftliche Bedeutung der Nadelbäume: Eine Fichte könne beispielsweise bereits nach 60 Jahren verwertet werden, bei einer Eiche hingegen dauere das 200 bis 250 Jahre. „Wenn ein Betrieb eine gewisse Gewinnmarge hat, dann kann er auch ökologisch wertvolle Projekte umsetzen“, betonte sie.

    Dann kommt sie auf die Fällung alter Buchenbestände zu sprechen. „Den Buchen könnte es besser gehen“, sagt sie. Viele Kronen seien bereits licht. Es drohe die Gefahr, dass Bäume abstürben oder durch Pilze entwertet würden. Dem wolle man zuvorkommen, indem man einzelne Bäume entnehme. Zudem wüchsen unter den Buchen bereits junge Bäume, die bis fünf Meter hoch seien, stellenweise aber zu wenig Licht erhalten. Diesen wolle man Platz schaffen. „Selbstverständlich werden Bäume nicht entnommen, die Biotopeigenschaften aufweisen, also beispielsweise einen Specht beheimaten.“ So etwas berücksichtige auch der Forsteinrichter, bei dem es sich um einen unabhängigen Sachverständigen handle.

    Wildbestand in den Wäldern soll reduziert werden

    Gabriele Fograscher (SPD) betonte, man müsse die Öffentlichkeit laufend darüber informieren, was im Forst passiere und warum, um Proteste zu vermeiden. Thomas Mittring (Stadtteilliste) fügte hinzu, dass der Forst die wichtigste finanzielle Stütze der Stiftung sei und er daher wirtschaftlich genutzt werden müsse. Er fragte die Behördenleiterin, ob sich beim Wildverbiss etwas verbessert habe. Diese antwortete, das Verjüngungspotenzial des Waldes sei sehr gut, der Wildverbiss werde aber reduziert werden müssen. Auch in den schriftlichen Zielsetzungen heißt es, der Wildbestand müsse angepasst werden, sonst sei eine Entmischung zu befürchten. „Was selten ist, schmeckt besonders gut, das ist bei den Tieren genauso wie bei uns“, fügt Plate hinzu.

    Rudi Koukol (Grüne-Frauenliste) erkundigte sich, ob hinsichtlich der städtischen Wälder und der dort stärker anvisierten Erholungsfunktion nicht eine Aufforstung weiterer Flächen möglich wäre. Wittner entgegnete, es gebe im Zusammenhang mit Landrat Stefan Rößles Vorhaben, 100000 Bäume zu pflanzen, Ideen für Nördlingen. Voraussichtlich werde die Stadt in der Nähe der Marienhöhe neue Bäume pflanzen.

    Im Stiftungsforst hingegen soll die Vermarktung von Brennholz verstärkt werden. Das hinterfragte Rita Ortler (SPD). „In meiner Übersetzung heißt das, dass mehr Bäume gefällt werden müssen.“ Wittner antwortete: „Dann ist vielleicht die Übersetzung falsch, sorry.“ Es würden nicht mehr Bäume entnommen, sie würden nur stärker vermarktet und nicht sich selbst überlassen. Höhn hakte sich erneut ein und fragte, ob es nicht gut sei, wenn Totholz im Wald belassen werde. Er wünsche sich, dass Umweltverbände mit einbezogen würden, und fühle sich nicht ausreichend informiert, um die Zielsetzung zu beschließen. Plate ging darauf ein und sagte, es gebe eine Totholzstrategie, jedoch könne in der Zielsetzung nicht jedes Detail aufgenommen werden. Dafür sei die eigentliche Einrichtung gedacht. Zudem sei der staatliche Naturschutz in den Vorgang eingebunden und auch sie und ihre Mitarbeiter legten Wert auf naturschutzfachliche Belange. „Das Forststudium dauert zehn Semester. Das ist nicht ohne Grund so.“

    Der Forst finanziert die sozialen Zwecke der Stiftung

    Dass man nicht nur ökologische, sondern besonders wirtschaftliche Faktoren berücksichtigen müsse, betonte auch Johannes Ziegelmeier (PWG). „Sonst macht sich die Stadt gegenüber der Stiftung schadensersatzpflichtig.“ Schließlich diene der Forst vorrangig dem Zweck, die sozialen Aufgaben der Stiftung zu finanzieren. Stadtkämmerer Bernhard Kugler pflichtete ihm bei. Wer hauptsächlich ökologische Ziele verfolgen wolle, der müsse den Stiftungszweck ändern und sich damit gegen den Willen der Stifter stellen. „Das fände ich bedenklich.“

    Am Ende beschloss der Haupt- und Finanzausschuss gegen Höhns Stimme die Zielsetzungen mit 15 Stimmen. Demnächst soll sich der Stadtrat die Wälder mit den Experten vor Ort ansehen.

    Plate erklärte im Gespräch mit unserer Redaktion, die alten Buchenbestände erstreckten sich verteilt auf etwa 300 der 1446 Hektar. Auf rund 100 Hektar wolle man verstärkt Buchen entnehmen, um einer neuen Generation von Bäumen zu ermöglichen, zu wachsen. „Unser Ziel ist ein optimales Gleichgewicht von ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten.“ Es sei Sache des Eigentümers, in diesem Fall der Stadt, die Ziele vorzugeben. „Extreme beider Richtung würden wir abfedern, allein schon, weil zum Beispiel ein Kahlschlag gesetzlich verboten wäre.“ Sie freue sich, dass das Interesse am Wald und das Bewusstsein um seine Bedeutung zunehme.

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