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Nördlingen: Mann fotografiert und filmt in Nördlingen in fremde Wohnung

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Mann fotografiert und filmt in Nördlingen in fremde Wohnung

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    Ein Rieser musste sich vor dem Nördlinger Amtsgericht verantworten. (Archivfoto)
    Ein Rieser musste sich vor dem Nördlinger Amtsgericht verantworten. (Archivfoto) Foto: Verena Mörzl

    Worte und Handlungen des Angeklagten passten dem Gericht einfach nicht gut genug zusammen, um Milde walten zu lassen: Der 45-jährige Angeklagte in der Verhandlung vor dem Nördlinger Amtsgericht unter Vorsitz von Richterin Katrin Wegele hatte sowohl von seiner Wohnung als auch von der Straße aus Dutzende Bilder und etliche Videos durch das Fenster einer Nördlinger Wohnung gemacht, eine einzelne Frau sowie weitere Personen in höchst privaten Situationen fotografiert.

    Seine Schuld stellte der Angeklagte nicht infrage und nahm sie „zu 100 Prozent“ auf sich, beteuerte, es tue im sehr leid und er habe seine Lektion gelernt. Er habe sich in „Übermut, Naivität und Dummheit“ hinreißen lassen, „den Zufall herausgefordert“, aber keinen Aufwand betrieben, sei nicht herumgeklettert oder eingestiegen. Doch Staatsanwalt Johannes Pausch ließ diese Darstellung impulsgesteuerter Aussetzer nicht gelten, zumal sich die Taten über Jahre hinweg erstreckten, in vier nachgewiesenen Einzelfällen von August 2017 bis Juni 2019. Auch monierte Pausch, dass es mit echter Wiedergutmachung nicht weit her sei: Eine Schmerzensgeldzahlung sei bisher ausgeblieben, eine schriftliche Entschuldigung ebenso. Zwar hatte der Angeklagte eine Unterlassungserklärung unterzeichnet, aber das sei laut dem Staatsanwalt selbstverständlich und zudem im Sinne des Angeklagten, weil dieser sonst eine Unterlassungsklage am Hals gehabt hätte.

    Bewohnerin nimmt Entschuldigung nicht an

    Strafverteidiger Heiko Loder erklärte, sein Mandant hätte über die Polizei eine Entschuldigung an das Hauptopfer, die Bewohnerin der Wohnung, gerichtet, die sie aber nicht angenommen hätte. Und eine Schadensersatzforderung sei von ihr nicht gestellt worden. Der Angeklagte war durch schriftlichen Strafbefehl wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches“ zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden, wogegen dieser Einspruch einlegte. Die Strafe erscheine ihm zu hart, da sie jahrelang berufliche Schäden mit sich bringen könne. Der Anwalt hatte dem Gericht signalisiert, dass er sich eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen vorstellen könne. Pausch erklärte, 90 Tagessätze habe man schon für das Schießen einzelner verbotener Bilder verhängt, das käme von der Staatsanwaltschaft aus in diesem Fall gar nicht infrage.

    Richterin Wegele erklärte, sie sehe das genauso – alles, was für den Angeklagten spreche und er aufgezählt hatte, sei schließlich schon im Strafbefehl berücksichtigt. Auch die Ergründung von Einzelheiten brachte keine weiteren Entlastungsmomente. So ließ das Gericht die Rechtfertigung des Angeklagten, er sei auf der Straße vor dem Haus „dem Zufall gefolgt“, nicht gelten – er habe zum Teil gezielt die Aufnahmeperspektive gewechselt und mit Absicht über eine Sichtschutzfolie des betreffenden Fensters hinweg fotografiert.

    Der Staatsanwalt deutete auch die Folgen für das Opfer an, das wohl immer, wenn es sich an bestimmten Orten in der eigenen Wohnung aufhalte, an den versteckten Fotografen erinnert werde. Nach einer kurzen, von Richterin Wegele vorgeschlagenen Beratungspause für den Angeklagten und seinen Anwalt zogen diese ihren Einspruch gegen den Strafbefehl zurück. Mit dessen Rechtsgültigkeit tritt auch die Bewährungsauflage in Kraft, 4000 Euro Schmerzensgeld an das Hauptopfer zu bezahlen.

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