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Nördlingen: Investor verwirft nach Protesten bisherigen Plan des Egerviertels in Nördlingen

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Investor verwirft nach Protesten bisherigen Plan des Egerviertels in Nördlingen

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    Das ehemalige Sudhaus der Ankerbrauerei soll bestehen bleiben und zu Wohnungen umgebaut werden. Stadtratsmitglieder äußern Zweifel im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens.
    Das ehemalige Sudhaus der Ankerbrauerei soll bestehen bleiben und zu Wohnungen umgebaut werden. Stadtratsmitglieder äußern Zweifel im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. Foto: Jochen Aumann

    Beim Egerviertel geht es drunter und drüber: Im Frühjahr hatte sich noch eine Bürgerinitiative gegen den Plan des Investors gebildet. Ihre Kritikpunkte: Die Tiefgarage gefährde die Stadtmauer und Häuser der Anwohner, die Gassen seien zu eng für so viele Wohnungen und der kleine Bürger müsse die Altstadtsatzung einhalten, Großinvestoren nicht. Am Mittwochmorgen hatte die Initiative 1269 Unterschriften an Oberbürgermeister David Wittner übergeben. Am Abend darauf wollte der Investor eine modifizierte Ursprungsversion sowie einen ganz neuen Plan vorstellen – doch eigentlich wollte er einen der beiden schon gar nicht mehr umsetzen.

    Investor Stephan Deurer, Chef der Firma Eco Residential, Vertreter der Eigentümerfamilie Haag des Ankergeländes, Planer, ein Versicherungsmakler und ein Experte für Öffentlichkeitsarbeit waren zur Stadtratssitzung in den Klösterle-Saal gekommen. Erst an deren Ende stellt sich heraus, dass der Investor eine der beiden Möglichkeiten eigentlich schon verworfen hat – und der Stadtrat künftig weniger Mitspracherecht haben wird.

    Der Nördlinger Architekt Reiner Schlientz begann mit einem ausführlichen Abriss zum bisherigen Plan. Er schilderte, wie man im Herbst 2018 mit Stadtverwaltung und Stadtrat sprach und sie über die Pläne informierte. Dass man gemeinsam das Ziel gehabt habe, eine Kita auf dem Gelände unterzubringen, Autoverkehr darauf vermeiden wollte, das Areal für Fußgänger offen sein sollte und dass die Eger zugänglich werden sollte.

    Verschiedene Gutachten hätten die Sicherheit der Stadtmauer, eine geringe Verkehrsauswirkung und die Umweltverträglichkeit des Projekts bestätigt. Der Versicherungsmakler führte aus, das Vorhaben genieße den bestmöglichen Versicherungsschutz – auf Wunsch des Investors.

    Im Januar 2020 war man mit dem Plan an die Öffentlichkeit getreten, wie Schlientz sagte. Das Konzept sah, wie berichtet, 82 Wohnungen vor. Bis Mai habe man es etwas überarbeitet, nachdem Ende 2019 eine neue Altstadtsatzung verabschiedet wurde. Im Mai bekam es der Stadtrat zu Gesicht – hinter verschlossenen Türen. In der überarbeiteten Version sei der Blick auf den Daniel aus allen Perspektiven möglich, das Gebäude an der Steinernen Brücke sei schmäler geworden, auf Fassadengestaltung habe man dieses Mal verzichtet, betont Schlientz.

    Der neue Plan sieht wesentlich weniger Wohnungen vor

    Dann stellte der Architekt den neuen Plan vor. Dem Stadtrat war er neu, Oberbürgermeister David Wittner hatte ihn nach eigenen Angaben erst am Abend zuvor sehen dürfen. Vorgesehen ist, mehrere denkmalgeschützte Gebäude zu sanieren und zu Wohnungen umzubauen, wie Schlientz sagte. Außerdem sollen mehrere Neubauten mit je zwei statt bisher drei Vollgeschossen errichtet werden. Geplant sind grob 50 Wohnungen statt der bisher vorgesehenen 82.

    Statt 125 Stellplätzen soll die Tiefgarage nur rund 30 fassen. Sie werde 20 bis 25 Meter von der Stadtmauer entfernt sein. Dafür will der Investor etwa 40 bis 50 überirdische Parkplätze bauen, auch an der Eger entlang. Die vorgesehene Kindertagesstätte allerdings bleibt. Schlientz nennt einen Vorteil, den auch mehrere Stadträte und der Oberbürgermeister hervorheben: Weil die Kindertagesstätte nicht mehr über der Tiefgarage liege, könne man sie unabhängig vom Rest des Areals bauen.

    Wittner sagte, man müsse festhalten, dass damit ein unterschiedliches Verfahren einhergehe. Beim bisherigen Plan wollte der Investor gemeinsam mit dem Stadtrat einen sogenannten verfahrensbezogenen Bebauungsplan erarbeiten. Nun würde für jedes Gebäude ein Bauantrag eingereicht – und die bearbeite dann zunächst das Stadtbauamt.

    Jörg Schwarzer (CSU) sagte, damit gebe der Stadtrat das Zepter aus der Hand. Das bisherige Egerviertel hätte die überbaute Eger freigelegt. Vielleicht bestehe noch eine Chance dafür, sagte er – vergebens, wie sich später herausstellte.

    Alexander Deffner (PWG) betonte, er habe „massive Probleme“ damit, viele Ausnahmen und Abweichungen von der Altstadtsatzung zu genehmigen, während man Bürger zum Rückbau gezwungen habe. „Wie wollen sie verhindern, dass wir bald nicht wieder am selben Punkt stehen?“, fragte er den Investor Stephan Deurer.

    Der betonte, man werde Ausnahmen und Abweichungen auf ein Minimum begrenzen, manches aber nicht vermeiden können. Schließlich wolle man so schnell wie möglich bauen. „Die Zeitschiene ist extrem wichtig für unsere Wirtschaftlichkeit.“ Die Familie Haag habe bereits auf sechsstellige Mieterträge verzichtet.

    Rita Ortler (SPD) sagte, man habe sich beim ersten Entwurf zu lange nicht über die Ausmaße der Gebäude unterhalten. „Mir gefallen beide Lösungen nicht optimal.“ Beim Sudhaus – dem großen Gebäude mit dem Ankerbräu-Schriftzug – seien viele Ausnahmen notwendig. Sie hoffe auf einen Kompromiss.

    Wolfgang Goschenhofer (Grüne/Frauenliste) sah das ähnlich: Er wünsche sich das „Beste zweier Welten“. Im Hinblick auf die fast 1300 Unterschriften gegen das ursprüngliche Projekt empfahl er Deurer, Kontakt mit der Initiative herzustellen.

    OB Wittner: Keine seriöse Einschätzung möglich

    Wittner betonte, weil er und die Verwaltung den zweiten Plan nicht vorab begutachten konnten, könne er „keine Einschätzung seriöser Natur“ dazu abgeben. Entscheidend sei jetzt, ob der Investor den ursprünglichen Plan überhaupt noch verfolge und der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung über den dafür notwendigen Bebauungsplan abstimmen soll. Es brauchte einige Anläufe, eine Unterbrechung der Sitzung und erneutes Nachhaken Wittners, bis Deurer diese Frage beantwortete. „Dann verfolgen wir Plan B“, sagte er schließlich.

    Wie bewertet die Bürgerinitiative die Entwicklung? Andreas Lachenmeyer sagte unserer Redaktion, man betrachte die Entwicklung als Erfolg. Die Tiefgarage werde kleiner, die Zahl der Geschosse der Neubauten sinke und die Stellplätze ließen sich begrünen. Nun komme es darauf an, wie die einzelnen Gebäude umgesetzt werden.

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