Eigentlich hatte Roland Kiechle alles, was man sich wünschen kann: einen guten Job nach dem Studium, noch dazu in der Heimat. Eine Freundin, die beiden wollten heiraten. „Es hat alles gepasst“, sagt Kiechle. Doch dann schmeißt der damals 29-Jährige alles über den Haufen: Er beschließt, Pfarrer zu werden.
Diese Entscheidung kam einerseits nicht aus heiterem Himmel, andererseits aber auch irgendwie schon. Kiechle kommt aus Wildpoldsried im Allgäu. Negatives über die Kirche, Kritik, all das habe er damals nicht gekannt, sagt Kiechle. In Wildpoldsried war er Ministrant, geprägt vom damaligen Pfarrer. „Er war authentisch, man hat gewusst, woran man bei ihm ist. Und er hat einen unerschütterlichen Glauben an Gott gehabt, das hat uns als Kinder stark beeindruckt“, beschreibt Kiechle sein Vorbild.
Der Gedanke, Pfarrer zu werden, ließ Roland Kiechle nie ganz los
Bereits damals überlegte er, Priester zu werden, doch er verwarf die Pläne wieder. Machte Zivildienst und studierte in München Technomathematik. In dem Fach gehe es viel um Simulationen, wie sie beispielsweise große Autohersteller verwenden. Kiechle selbst kam nach dem Studium bei einer Firma im Allgäu unter.
„Aber der Gedanke, Pfarrer zu werden, hat mich nie ganz losgelassen. Ich habe mich dann noch einmal damit auseinandergesetzt“, schildert Kiechle. In dieser Phase sei ihm der Wert von Freundschaft noch einmal besonders deutlich geworden, seine Freunde hätten ihn in seiner Entscheidung bestärkt. Etwas besorgt waren Kiechles Eltern. Zwar seien sie sehr gläubig, fanden es aber riskant, dass er alles hinschmeißt.
Das Verhältnis mit seiner damaligen Freundin war anfangs schwierig
Auch für ihn selbst war es eine schwierige Entscheidung und ein gewisses Risiko. Schließlich wusste er nicht genau, wohin die Entscheidung ihn führen würde. Doch er entschied sich dafür. Manche Leute hätten gesagt: „Der arme Kerl, jetzt hat er keine Frau.“ Doch er entschied sich bewusst für diesen Weg und ist glücklich damit, wie er sagt.
Apropos Frau: Wie reagierte seine damalige Partnerin darauf? Kiechle sagt, mit seiner Entscheidung sei das Verhältnis zunächst schwierig gewesen. Doch sie stehen noch heute in Kontakt und wüssten mittlerweile, dass es so für sie beide die beste Entscheidung gewesen sei.
In Nördlingen wird Kiechle in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen
So führte ihn der Weg schließlich ins Ries, tief aus dem Süden Bayerns bis zum nördlichsten Teil des Bistums. Seit September ist Kiechle hier Pastoralpraktikant in der katholischen Pfarreiengemeinschaft Nördlingen. Im Mai kommenden Jahres wird der 35-Jährige die Diakonenweihe bekommen, der letzte Schritt vor der Priesterweihe, wie Kiechle sagt.
Laut Pfarrer Benjamin Beck wird Kiechle in den kommenden Monaten nach und nach mehr Aufgaben wie beispielsweise in der Seelsorge übernehmen. Bisher habe er Pfarrer Beck viel begleitet, wie Kiechle erzählt, war bei Trau- oder Taufgesprächen mit dabei. Nach der Diakonenweihe dürfe er diese dann auch selbst führen. Natürlich sei es wichtig, da herangeführt zu werden.
Theoretisch kann er Menschen ihr ganzes Leben lang begleiten
Kiechle lacht, als er erzählt, dass ihn Kollegen – nachdem er seine Entscheidung bekannt gegeben hatte – gefragt hatten, ob er dann eigentlich jeden Sonntag zur Messe in die Kirche müsse. „Ich muss und will jeden Tag in die Kirche“, sagt Kiechle.
Was ihn am Beruf des Pfarrers reizt, sei, dass er Menschen theoretisch ihr ganzes Leben lang begleiten könne: „Ob Feste oder schwere Zeiten, von der Firmung bis zum Tod, es ist das ganze Spektrum mit dabei.“
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