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Nördlingen: Eltern bemängeln Infos der Nördlinger Lebenshilfe nach Corona-Ausbruch

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Eltern bemängeln Infos der Nördlinger Lebenshilfe nach Corona-Ausbruch

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    In dieser Einrichtung der Lebenshilfe Donau-Ries am Baldinger Tor in Nördlingen sind keine Corona-Infizierten untergebracht. Die sozialpsychiatrische Tagesstätte dient unter anderem als Begegnungsort für Menschen mit psychischen Erkrankungen.
    In dieser Einrichtung der Lebenshilfe Donau-Ries am Baldinger Tor in Nördlingen sind keine Corona-Infizierten untergebracht. Die sozialpsychiatrische Tagesstätte dient unter anderem als Begegnungsort für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Foto: David Holzapfel (Symbol)

    Dass es in den Einrichtungen der Lebenshilfe Donau-Ries bis zu 62 Corona-Infektionen gegeben hat, will Elke Zwölfer der Einrichtung gar nicht vorwerfen. „Das kann man momentan vielleicht gar nicht verhindern“, sagt die Mutter aus dem Alerheimer Ortsteil Bühl. Was sie allerdings bemängelt, ist die Kommunikation der Lebenshilfe. Denn obwohl ihr Sohn in den Werkstätten der Einrichtung arbeitet, habe sie erst aus der Zeitung vom massiven Ausbruch erfahren.

    Vor zwei Wochen hatte das Landratsamt Donauwörth bekannt gegeben, dass in verschiedenen Lebenshilfe-Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderung arbeiten und teils auch leben, mehrere Dutzend Personen mit dem Coronavirus infiziert seien. Nach Angaben der Leitung seien die meisten Erkrankungen glimpflich oder teils ohne Symptome verlaufen. Eine 47-Jährige starb jedoch. Menschen mit Behinderungen haben im Falle einer Infektion häufiger ein erhöhtes Risiko, schwer zu erkranken.

    Schwendner: "Natürlich sorgen sich gerade die Eltern von Behinderten aktuell um ihre Kinder“

    Zwölfers Sohn wurde mit Down-Syndrom geboren. Weil er große Schwierigkeiten damit habe, zu sprechen, habe sie vergangene Woche nur zufällig aus seinen Erzählungen erfahren, dass in der Einrichtung Corona-Tests durchgeführt worden seien. Seither bleibe ihr Sohn zu Hause. „Ich habe Angst um ihn“, sagt Zwölfer. Sie habe Verständnis für die Schwierigkeiten, mit denen die Leitung der Einrichtung gerade zu kämpfen habe. „Ich möchte keine Unruhe stiften, ich bin froh um die Lebenshilfe“, betont sie. Allerdings hofft Zwölfer, einen Anstoß geben zu können. „Ein kurzes Informationsschreiben hätte mir schon genügt.“

    Günter Schwendner kann die Lage Zwölfers und anderer Eltern nachvollziehen. „Natürlich sorgen sich gerade die Eltern von Behinderten aktuell um ihre Kinder“, sagt der Geschäftsführer der Lebenshilfe, die in Nördlingen unter anderem ein Wohnheim und eine Werkstätte betreibt. Die Bewohner der verschiedenen Wohnheimgruppen seien momentan voneinander isoliert. Auch die Arbeiter, die statt im Wohnheim der Lebenshilfe zu Hause wohnen – wie etwa Zwölfers Sohn – kämen mit den anderen Gruppierungen nicht in Kontakt. Aufgrund der Infektionen in der Einrichtung habe man die Vormünder informiert, diese mussten anschließend eine Erklärung unterschreiben, dass die Arbeiter die Werkstatt fortan auf eigenes Risiko besuchen.

    Schwer, das Risiko einzuschätzen

    Auf das Informationsproblem aufmerksam gemacht hatte Sabine Stolch aus Möttingen. In einem Leserbrief an unsere Redaktion bemängelte sie ebenfalls, aus der Zeitung vom Ausbruch erfahren zu haben. Ihre Tochter arbeitet auch in den Werkstätten der Lebenshilfe. Dabei hatte sie sich zuvor telefonisch an die Einrichtung gewandt, wie Schwendner bestätigt. Dort sei ihr zugesichert worden, dass „alles in Ordnung sei und aufgrund von Datenschutz sowieso nichts gesagt werden dürfe“, schreibt sie. „Ich habe meine Tochter mehr als eine Woche lang ahnungslos jeden Tag der erhöhten Gefahr ausgesetzt, sich anzustecken.“ Inzwischen bleibe sie zu Hause.

    Schwendner erklärt, Stolch sei bei ihrem Anruf korrekt über die Infektionen in anderen Gruppen aufgeklärt worden. Es sei jedoch schwierig gewesen, das Risiko einzuschätzen, ob das Virus von einer Gruppe auf andere überspringen könne, sagt er. Und schon die Auskunft, ob Personen der gleichen Gruppe betroffen sind, sei in Bezug auf den Datenschutz fragwürdig. Stolch hätte sich jedoch gewünscht, auch ohne telefonische Nachfrage von den Infektionen in anderen Bereichen zu erfahren – aus Sorge um ihre Tochter. Die Erklärung, dass die Besucher auf eigenes Risiko zur Lebenshilfe kommen, habe sie bereits im Frühjahr unterschrieben. Wie Schwendner in einem Interview in unserer Zeitung kürzlich gesagt hatte, gab es damals in der Einrichtung noch gar keine Infektionen.

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