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Nördlingen: Ein Nördlinger Stadtrat fühlt sich von Kirche erpresst

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Ein Nördlinger Stadtrat fühlt sich von Kirche erpresst

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    Das Pfarrheim von Sankt Josef wurde 1960 nach den Plänen des Architekten Hansjakob Lill erbaut. Es steht unter Denkmalschutz. Im Stadtrat ging es um die Frage, ob es dennoch abgerissen werden darf oder nicht.
    Das Pfarrheim von Sankt Josef wurde 1960 nach den Plänen des Architekten Hansjakob Lill erbaut. Es steht unter Denkmalschutz. Im Stadtrat ging es um die Frage, ob es dennoch abgerissen werden darf oder nicht. Foto: Jochen Aumann

    Harte Worte wählte Rudi Koukol: „In der jetzigen Situation fühle ich mich als Stadtrat erpresst.“ Und zwar von der Katholischen Kirche – genauer gesagt von der

    Neuer Kindergarten mit Hort und ein Hospiz geplant

    Doch der Reihe nach: Wie berichtet, plant die Kirchenstiftung in Zusammenarbeit mit der Stadt ein neues Quartierszentrum rund um die Sankt-Josefs-Kirche im Wemdinger Viertel. Unter anderem sind dort ein neuer Kindergarten mit Hort, ein Hospiz, ein Bürgersaal sowie Räume für die Sozialstation Sankt Vinzenz geplant. Die Kirche selbst soll selbstverständlich stehen bleiben – doch das Pfarrheim, erbaut 1960, soll abgerissen werden und damit einem kleineren Neubau an gleicher Stelle weichen.

    Warum, erklärte der Nördlinger Architekt Anton Ziegelbauer den Stadträten: Das bestehende Gebäude sei nur zehn Meter tief, da sei es schwierig, einen vernünftigen Saal unterzubringen. Außerdem führten sechs Stufen ins Erdgeschoss, ein Saal wäre an dieser Stelle also nicht barrierefrei zu erreichen und man könnte von ihm aus auch nicht direkt in den Garten gehen. Da ein Teil des Pfarrhauses als Wohnhaus konzipiert sei, sei es auch nicht möglich, sämtliche Wände einfach herauszunehmen. Im Dachbereich vermutete Ziegelbauer weitere Probleme, unter anderem wegen der dort verwendeten Baumaterialien. Mit vielen Zwängen wäre es vielleicht möglich, das Pfarrhaus zu erhalten, so der Architekt – aber funktional sowie technisch und energetisch sinnvoll sei das nicht. Deshalb: Lieber ein Abriss, lieber ein Neubau.

    Stadtheimatpfleger Dr. Sponsel ist anwesend, erhält aber nicht das Wort

    Aber genau dafür musste erst einmal der Stadtrat stimmen. Denn das Pfarrheim ist ein Baudenkmal, es steht in der Denkmalliste, wie Thorsten Vogelgsang von der Stadtverwaltung erläuterte. Für den Erhalt spreche, dass die Kombination aus Kirche und Pfarrheim „ein Zeugnis des Kirchenbaus im Rahmen der Siedlungstätigkeit der Nachkriegszeit“ darstelle. Stadtheimatpfleger Dr. Wilfried Sponsel führe aus, dass die Architektursprache und die Bauästhetik der 1950er- und 1960er-Jahre zunehmend im Interesse der Denkmalpflege stehe. Und: Werde das Pfarrheim abgerissen, dann beeinträchtige das auch die Kirche. Sponsel selbst war in der Stadtratssitzung anwesend, bekam aber nicht das Wort erteilt. Vogelgsang führte auch Argumente für den Abriss ins Feld: Beispielsweise, dass die Kellerräume zu niedrig seien, um sie als Aufenthaltsräume zu nutzen. Oberbürgermeister David Wittner ergänzte, die Kinder des Architekten hätten ihr Einverständnis zum Abriss erklärt. Wichtig sei ihnen, dass der Eingangsbereich zur Kirche erhalten bleibe.

    In den Wortmeldungen im Rat war teils Überraschung herauszuhören – darüber, dass das Pfarrheim überhaupt in der Denkmalliste steht. Jörg Schwarzer (CSU) stellte für seine Fraktion klar, dass man den Neubau favorisiere, zum Pfarrheim sagte er: „Für uns ist das schwer zu verstehen, warum das ein Denkmal ist.“ Der Fraktionsvorsitzende der Stadtteilliste, Thomas Mittring, äußerte sich differenzierter: Man treffe eine Bauchentscheidung. Und: Man habe an anderer Stelle bereits einen Abriss verhindert – in der Salvatorgasse. PWG-Fraktionsvorsitzender Helmut Beyschlag meinte, dem Rat stehe es nicht zu, über die Sinnhaftigkeit des Denkmalschutzes zu entscheiden. Er wog ab, wo es mehr öffentliches Interesse gibt: Denkmalschutz oder Quartierszentrum? Beyschlag gab zweiterem den Vorzug: „Mehr öffentliches Interesse geht nicht.“ SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriele Fograscher sprach sich kurz und klar für einen Abriss aus. Mit einer Sanierung seien die Mängel des Pfarrheims – niedrige Kellerräume, fehlende Barrierefreiheit – nicht zu beseitigen.

    Mussgnug: Schafft einen Präzedenzfall

    Mussgnug dagegen argumentierte, man schaffe einen Präzedenzfall. Es gebe Möglichkeiten, das Pfarrheim zu erhalten, wenn man nur den äußeren Bestand erhalten und das Gebäude innen neu gestalten würde. Seine Fraktion schließe sich der Meinung von Stadtheimatpfleger Sponsel an. Erpresst fühlte sich Koukol, weil er den Eindruck hatte, entweder man stimme dem Abriss zu oder das ganze Quartierszentrum werde nicht gebaut. „Erpresst wird hier niemand“, entgegnete daraufhin Wittner. Die Grünen fanden auch in anderen Fraktionen Mitstreiter: Dr. Heinrich Richter (CSU) dankte seinem Ratskollegen für dessen klare Worte.

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