Pflegekräfte und andere Mitarbeiter des Nördlinger Stiftungskrankenhauses hielten am Montag Schilder und Banner vor dem Gebäude in die Höhe: „Es reicht“, „Es geht nicht mehr so weiter“, „Ein Krankenhaus, eine Belegschaft“, stand darauf. Sie alle arbeiten im öffentlichen Dienst, wie rund 4,9 Millionen andere Menschen in Deutschland.
Wie die Mitarbeiter beim Bund und den Kommunen künftig verdienen, darüber diskutieren die Tarifparteien gerade. Die Arbeitnehmer fordern 4,8 Prozent mehr Geld für zwölf Monate. Die Arbeitgeber bieten vorerst: nichts, wie Sonja Kuban, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats des gKU Donau-Ries, klagt.
„Für uns ist das ein Schlag ins Gesicht“, betont sie. Gerade die Pflegekräfte in den Krankenhäusern und Pflegeheimen des Unternehmens seien in der Corona-Pandemie extrem belastet gewesen – mehr als ohnehin schon. „Dass wir Applaus dafür erhalten haben, war schön, aber zufriedengeben werden wir uns damit nicht“, gibt sie sich kämpferisch. „Wir haben einen wunderschönen Beruf, aber wenn die Belastung dauerhaft zu hoch ist, wird das zum Problem.“ Geld alleine löse das Problem zwar nicht, aber es sei eine Wertschätzung und könne die Pflege langfristig attraktiver machen. Das führe nicht nur zu mehr Nachwuchs, sondern könne Fachkräfte auch überzeugen, weniger in Teilzeit zu arbeiten.
Der zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretär Roman Martynez erklärt, die Gewerkschaft fordere am heutigen Freitag weitere Erleichterungen, die speziell die Pflege entlasten sollten – etwa bezahlte Pausen bei Wechselschichten. „Dadurch, dass es das bisher nicht gibt, verlieren Pflegekräfte pro Woche zweieinhalb Stunden.“ Außerdem soll das Gehalt um mindestens 150 Euro, für Auszubildende um 100 Euro steigen. Am Samstag und Sonntag folgen dann die allgemeinen Verhandlungen. „Je nach Ergebnis werden wir danach streiken“, sagt er.
Verdi: Protest in der Mittagspause an Krankenhäusern in Donauwörth und Nördlingen
Jürgen Busse, Vorstandsvorsitzender des gKU Donau-Ries, sieht die Forderung skeptisch. „Ich gönne jedem ein höheres Gehalt, aber ich habe Zweifel, ob 4,8 Prozent in einem Jahr mit der aktuellen Situation angemessen sind.“
Der Tarifvertrag betreffe nicht nur die Pflege, sondern den gesamten öffentlichen Dienst beim Bund und den Kommunen. Dabei trage nicht einmal das gKU die Kosten für das Pflegepersonal, sondern reiche sie weiter an die zuständigen Kostenträger. Lediglich in Bereichen wie der Verwaltung würde das gKU eine Tarifsteigerung wirtschaftlich spüren.
Was die zusätzliche Belastung angeht, betont Busse, habe es Bereiche gegeben, die „bis zum Äußersten gefordert“ waren. Andere Abteilungen seien mangels Auslastung geschlossen worden. Um die Attraktivität der Pflege zu erhöhen, hält Busse nicht mehr Geld, sondern Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für wirksamer. „Der Gesetzgeber müsste zum Beispiel die Dokumentationspflichten reduzieren. Damit verbringen unsere Mitarbeiter unzählige Stunden, die sie für die Pflege dringend bräuchten.“
Und auch die Ausstattung müsste die bestmögliche sein. Schließlich gibt Busse zu bedenken, eine Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst treffe auch Arbeitgeber wie die Kommunen. „Das würde eine Stadt wie Nördlingen massiv belasten in einer Zeit, in der ohnehin Geld fehlt.“
Beschäftigte in den Krankenhäusern Donauwörth und Nördlingen sind bereit, zu streiken
Tatsächlich belaufen sich die Personalausgaben der Stadt Nördlingen auf knapp 12,8 Millionen Euro. Eine Steigerung um 4,8 Prozent würde grob überschlagen Mehrkosten von jährlich 600.000 Euro bedeuten.
Betriebsrats-Chefin Kuban setzt dem entgegen, dass die vielen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes die Nachfrage im Land aufrechterhalten könnten. Davon profitiere die gesamte Wirtschaft.
Außerdem hätten andere Berufsgruppen trotz Corona gute Tarifabschlüsse erzielt. „Wir sehen nicht mehr ein, auf Gehalt zu verzichten, nur weil wir einen sozialen Beruf ausüben.“ Die Beschäftigten würden die Verhandlungen am Wochenende genau beobachten. Und falls sie nicht zufrieden seien, lägen Pläne für das weitere Vorgehen in der Schublade. „Wir sind bereit, zu streiken.“
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