Seinen ersten offiziellen Termin als Nördlinger Oberbürgermeister hatte David Wittner am vergangenen Samstag. Am Marktplatz eröffnete das Unternehmen Steingass seine neue Esprit-Filiale, im ersten Stock des ehemaligen Müller-Drogeriemarktes befindet sich jetzt das Lederwaren-Geschäft „Bags & more“. Natürlich war zu diesem Anlass auch der neue Chef im Rathaus eingeladen. Schmunzelnd erzählt Wittner, dass ihn seine Frau zuvor gefragt habe, wer denn da sonst noch so zu dieser Eröffnung komme. „Ja der OB halt und ich“, habe er geantwortet. Und dann sei es ihm schlagartig wieder bewusst geworden: „Aber halt. Der OB, das bin ja jetzt ich.“
Hermann Faul gibt Schlüssel und Parkausweis ab
Pünktlich zum Tag der Arbeit, am 1. Mai, hat Wittner die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger Hermann Faul übernommen. Man habe sich trotz Feiertags im Rathaus getroffen, Faul habe seinen Parkausweis und seinen Schlüssel abgegeben, erzählt Wittner. Die Akten hat der Nachfolger bereits schrittweise zuvor übernommen, das lange Wochenende dann dazu genutzt, das Büro im Rathaus für sich einzurichten. Viel verändert hat Wittner allerdings nicht. Der Schreibtisch ist offensichtlich der gleiche geblieben, am gegenüberliegenden Ende des Raumes steht noch immer der historische Schrank. Doch das System Wittner ist eingezogen: Fein säuberlich nach Themen geordnet stapeln sich die Unterlagen auf der Fensterbank und auf dem Schreibtisch. „Für mich ist eine funktionierende Grundordnung wichtig“, erklärt der 37-Jährige. Im Vorzimmer unterstützt Martina Strobel den neuen Oberbürgermeister so wie schon Vorgänger Faul. Wie wichtig seine Mitarbeiterin für ihn ist, hat Wittner schon nach kurzer Zeit erkannt: „Sie ist ein sehr guter Moderator.“ Und sie hat auch einen Blick auf Wittners Kalender. Der wird digital geführt und als Tagesagenda auch ausgedruckt. Neben dem Kaffee und den Rieser Nachrichten am Morgen brauche er einen Überblick, was der Tag so mit sich bringe, sagt Wittner.
Bestandsaufnahme: Was kostet Corona die Stadt Nördlingen?
Zudem hat er für sich Meilensteine festgelegt, die er bis Ende Juli abgearbeitet haben will. Vieles wird von der Corona-Pandemie dominiert, auch bei Wittner liegt an diesem Tag eine Mundschutz-Maske auf dem Schreibtisch. Für die Stadt will er jetzt erst einmal eine Bestandsaufnahme machen: Wie viel Gewerbesteuer, wie viel Einkommenssteuer bricht weg? „Das trägt Kämmerer Bernhard Kugler gerade zusammen.“ Zudem seien sämtliche Bereiche im Rathaus dazu aufgerufen, Konsolidierungsvorschläge – also Ideen zum Sparen – einzubringen.
Wittner will sich mit führenden Köpfen aus der Wirtschaft zusammensetzen. Auf der einen Seite gebe es Unternehmen, die derzeit „am Anschlag“ arbeiteten, andere dagegen seien schwer von der Corona-Krise getroffen. Der neue Oberbürgermeister will wissen, ob Schließungen Thema sind, was der Status quo ist. Auch mit Vertretern aus dem Hotelgewerbe will er sich zusammensetzen.
Doch es gebe auch Dinge, die über Corona hinausgingen: „Natürlich ist und bleibt das Hallenbad ein Ziel, das wir realisieren wollen.“ Auch im Kulturbereich wolle die Stadt Akzente setzen, eventuell mit einer Neuauflage der „Luftart“. Man müsse schon auch weiterhin das, was Nördlingen ausmache, im Auge behalten, sich trotz der Krise trauen, über den Tellerrand hinauszuschauen und positiv zu bleiben.
Viel Zeit zum Grübeln hat Wittner derzeit sowieso nicht. Viel wird an ihn herangetragen: „Neulich habe ich jemand um 11.55 Uhr mit „Guten Morgen“ am Telefon begrüßt.“ Das Gegenüber habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass doch schon Mittag sei. „Das habe ich da erst realisiert.“ Die Zeit, sie vergeht wie im Flug. Dass der Job eines Oberbürgermeisters kein klassischer ist, sei ihm schon vorher bewusst gewesen, betont der 37-Jährige. Er will trotz Amtsgeschäften und OB für die Menschen ansprechbar bleiben, ihre Alltagssorgen kennen: „Vieles lässt sich im Gespräch leichter auflösen, wenn es direkt angesprochen wird.“ Und dass ihm der neue Posten nicht zu Kopf steige, dafür sorge schon die Familie, meint Wittner schmunzelnd: „Wir haben ja noch ein Wickelkind. Da bin ich regelmäßig gefordert.“
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