Der Chef eines größeren Rieser Sicherheitsdienstes und einer seiner Mitarbeiter haben sich vergangenen Donnerstag vor dem Nördlinger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft warf den beiden vor, am 5. Januar 2019 in einer Nördlinger Diskothek gegen etwa vier Uhr morgens einen 23-jährigen aus Reimlingen stammenden Besucher mit auf den Rücken gedrehten Armen nach draußen gezerrt zu haben. Dort habe der Mitarbeiter den Geschädigten festgehalten, während der Chef ihm mit der Faust – er trug dabei einen Lederhandschuh – zweimal ins Gesicht geschlagen. Vor der Tür sackte das blutende Opfer zusammen und wurde ohnmächtig, ohne dass sich die Sicherheitsmänner um ihn anschließend gekümmert hätten. Die Anklage lautete bei dem Chef auf gefährliche Körperverletzung und bei seinem Mitarbeiter auf Beihilfe hierzu.
Richter Schamann regt Geständnis und Opfer-Entschädigung an
Gleich nach der Anklageverlesung regte Richter Gerhard Schamann die beiden Strafverteidigerinnen Bettina Grupp und Kerstin Küfner dazu an, mit Staatsanwalt Johannes Pausch und Nebenklagevertreter Axel Wernitz zu besprechen, inwieweit eine Strafmilderung möglich wäre, wenn die Angeklagten noch vor der Beweisaufnahme ein Geständnis ablegen und eine Opferentschädigung vereinbaren würden. Denn nur dann gäbe es einen Weg zu einer milderen Geldstrafe von 90 Tagessätzen, womit der Firmenchef seine Gewerbezulassung möglicherweise behalten könnte, kündigte Schamann an, der dem Angeklagten damit eine goldene Brücke zu bauen versuchte. Daraufhin wurde die Sitzung für zehn Minuten unterbrochen, das Gericht beteiligte sich an den Gesprächen zwischen Verteidigung, Anklage und Nebenklagevertretung in einem Nebenzimmer nicht.
Der Firmenchef legte anschließend ein Teilgeständnis ab und räumte einen Faustschlag ins Gesicht des 23-Jährigen ein. Die Chefin der Diskothek, sagte der Security-Chef, habe ihn angewiesen, den 23-Jährigen nach draußen zu bringen, nachdem dieser bei einem vorausgegangenen Streit im Raucherbereich dabei gewesen war, ohne jedoch darin involviert gewesen zu sein. Da der 23-Jährige aber nicht freiwillig gehen wollte, hätten sie ihn an den Armen gepackt. Draußen sei es dann zu dem Schlag ins Gesicht des jungen Mannes gekommen, weil dessen Hand in Richtung des Gesichts des Security-Chefs gegangen sei. Weil der Angeklagte auf Notwehr beharrte, wurde nun doch die Beweisaufnahme durchgeführt.
Sieben Zeugen am Nördlinger Amtsgericht
Unter den sieben Zeugen, die vernommen wurden, waren neben dem Geschädigten dessen Freund, ein anderer Gast, ein Polizist, die Barkeeperin, eine weitere Diskotheken-Mitarbeiterin und die Chefin der Diskothek.
Für den Geschädigten kam der Faustschlag nach eigenen Angaben völlig überraschend. „Ich bin entsetzt, ich habe nie versucht mich loszureißen“, sagte er. Er habe auch nie eine Entschuldigung erhalten oder Schmerzensgeld. Er erlitt eigenen Angaben zufolge eine Nasenbeinfraktur und sein sogenannter Retainer an seinen Zähnen sei gebrochen. Seine Schneidezähne hätten noch zwei Wochen lang geschmerzt, sagte er.
Das Bundeszentralregister wies für beide Angeklagten keine Eintragungen auf. Staatsanwalt Johannes Pausch stellte das Verfahren gegen den wegen Beihilfe angeklagten Mitarbeiter ein, gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1000 Euro. In seinem Plädoyer gegen den Firmenchef forderte Pausch eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt werden könne, gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 20000 Euro und einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 5000 Euro. Verteidigerin Bettina Grupp plädierte auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen und Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro. Richter Gerhard Schamann verurteilte den Angeklagten wegen eines minder schweren Falls von gefährlicher Körperverletzung zu fünf Monaten Freiheitsstrafe, die jedoch in eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 100 Euro umgewandelt wird. Gerhard Schamann sah einen Faustschlag als erwiesen an, er ging ferner davon aus, dass der Geschädigte bei dem Vorfall zwar „herumgefuchtelt“ habe, aber das rechtfertige keinen Faustschlag als Notwehr, sagte er. Da kein Attest für einen Nasenbeinbruch vorliege, sei dieser nicht erwiesen. Somit sei keine schwere Verletzung nachweisbar, weshalb es sich um einen minderschweren Fall handle. Der Firmenchef nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an, es ist damit rechtskräftig.
Kein Einzelfall im Ries
Nebenklageanwalt Axel Wernitz kündigte an, nun zivilrechtlich auf 2000 Euro Schadensersatz zu klagen. Das Landratsamt Donau-Ries, welches die Erlaubnis für Bewachungsgewerbe ausstellt, teilte auf Nachfrage mit, dass die erforderliche Zuverlässigkeit der Gewerbetreibenden ab einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen als nicht mehr gegeben gelte. Ob in dem vorliegenden Fall jedoch die Erlaubnis wieder entzogen werde, könne derzeit nicht gesagt werden, da es immer einer Einzelfallprüfung der Sachlage bedürfe. In der Verhandlung gab der Angeklagte an, dass er 20 Mitarbeiter beschäftige. Deren Zukunft ist nun ungewiss.
Schon im Oktober 2019 war ein Chef einer anderen Sicherheitsfirma aus dem Landkreis Donau-Ries verurteilt worden – wegen gewerbsmäßigen Betrugs.
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