Es gibt sie noch, die Mühlen im Ries. „Man muss aber die Augen gut aufmachen, um sie noch zu erkennen“, erklärt Dr. Josef Hopfenzitz. „Man findet sie auch noch vereinzelt in Rieskarten mit eigenen Namen, und aufmerksame Beobachter erkennen sie an ihrer besonderen Lage an Bächen und Flüssen.“ Hopfenzitz war einer von drei kenntnisreichen Referenten des virtuellen Mühlenabends im Rahmen der Rieser Kulturtage, der von rund hundert Gästen besucht wurde.
Die meisten Müller gaben nach den Weltkriegen auf
Die meisten Müller gaben nach dem Ersten und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Betriebe auf. Moderne Zeiten brachen an, und ein Teil der überlieferten Kultur verfiel. Mit großem Elan setzte sich anfangs der 1970er-Jahre Staatsminister Anton Jaumann für den Wert der Heimatkultur ein. Mit der Bewegung der Rieser Kulturtage seit 1975 schuf er sich ein bleibendes Denkmal.
Um diese Zeit nahm auch das Landesamt für Denkmalpflege 22 Rieser Mühlen in die Liste der denkmalgeschützten Häuser auf, sozusagen eine Adelung ihrer früher unersetzlichen Dienste in besonders alten oder stattlichen Gebäuden.
Zusätzlich zündete die Idee des Deutschen Mühlentags auch im Ries: Im Frühjahr 1993 gründete sich der Rieser Mühlenverein und beging im selben Jahr den ersten allgemeinen Mühlentag mit. Auch die nächsten Mühlentage feierte der Verein auf bayerischer und württembergischer Seite mit dem Zuspruch Tausender Leute.
Seit 1997 gibt es einen Mühlen-Wander- und Fahrradweg im Ries
Günstige Umstände erlaubten die Einrichtung eines Museums in der Maihinger Klostermühle und der seit 1997 eingerichtete Mühlen-Wander- und Fahrradweg an der Eger von Nördlingen bis zur Quelle in Aufhausen bietet weitere Einblicke ins ehemalige Mühlenwesen. Und nun hat sich vor zwei Jahren ein Kreis von Heimat- und Geschichtsfreunden gebildet, der sich zum Ziel gesetzt hat, die annähernd 200 Rieser Mühlen zu erforschen und zu dokumentieren.
Gerhard Beck übernahm den zweiten Teil des Vortragsabends und stellte einige Mühlen vor, die eigentlich bei einer Bus-Exkursion am Nachmittag angefahren und vorgestellt worden wären. Die Mühlen in Ederheim, die Pulver-, Papier- und die Brunnenmühle bei Christgarten im Kartäusertal, die Frohnmühle und die Ganzenmühle bei Niederaltheim, weitere drei Betriebe in und bei Balgheim – alle liegen sie am Retzen- und Forellenbach. Beck stellte bei jeder Mühle einen interessanten Aspekt heraus, zum Beispiel Unglücksfälle, die Grundherrschaft, besondere Mahleinrichtungen, die Denkmaleigenschaft, konfessionelle Eigenheiten und vieles mehr, also eine ganz abwechslungsreiche und interessante Mischung. Mit der Windmühle von Marktoffingen und dem „Mühlenpflaster“ in der Wörnitz bei Holzkirchen beendete er seinen Part.
Sage vom Reiter ohne Kopf
Manfred Luff berichtete über die frühere Existenz und das oftmalige Verschwinden von Mühlen, wie das auch in einigen Sagen überliefert ist. Er trug die Sage „Vom Reiter ohne Kopf“, der im Kohlenbachtal bei Katzenstein umgeht, aus dem Rieser Sagenbuch vor. Danach befasste sich Luff mit den zwölf Mühlen an der Schwalb von der Quelle bis nach Bühl. Schon im Jahr 793 ist die „Suala“ mit einigen Mühlen urkundlich erwähnt. Mit der Wennenmühle an der Wörnitz bei Alerheim, die als eine der ersten Betriebe seit 1909 Strom erzeugte und bis zum heutigen Tag die Stadt Wemding und das Umland versorgt, endete seine Präsentation.
Im letzten Teil des Abends übernahm noch einmal Hopfenzitz – als Sohn eines Müllers ein absoluter Kenner auch des Mahlbetriebs – das Wort und berichtete abschließend über die Schwierigkeit vieler Müller, die Technisierung der Betriebe bis hin zum Einbau von Turbinen und modernen Walzenstühlen mitzumachen. So gibt es von ursprünglich etwa 200 Mühlen gegenwärtig nur noch vier Mühlen, die aktiv sind, letztlich aber genauso viel, wenn nicht mehr Produkte erzeugen, als alle in früheren Zeiten zusammen. Für die nächsten Rieser Kulturtage versprach Hopfenzitz einen zünftigen Mühlenabend in der Ziegelmühle bei Munningen mit einem weiteren Vortrag, mit Liedern, Brotzeit und geselligem Beisammensein.
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