Keine Feier, keine Posaunen, kaum Publikum: Hermann Fauls Abschied als Nördlinger Oberbürgermeister schrumpft mitten in der Corona-Krise zu einem Punkt auf der Tagesordnung des Stadtrats – zumindest vorerst. Vielleicht aber passt das so schlecht nicht. Denn wenn sich das Gremium über etwas einig ist, dann ist es offenbar die Bescheidenheit des Rathauschefs. Gab es Ärger mit einem Bürger, setzte sich der OB schon mal in seinen alten Fiat 500 und fuhr zum Beschwerdeführer, wie Helmut Beyschlag erzählt.
Vor dem Abschied gibt es aber eine Tagesordnung abzuarbeiten: Das Gremium beschließt den Haushalt der Vereinigten Wohltätigkeitsstiftungen (wir berichteten). Als erster Fraktionsvorsitzender tritt dann Jörg Schwarzer (CSU) ans Rednerpult. Er hält sich kurz, um Zeit zu sparen – das ist wegen des Infektionsrisikos vereinbart. „Wir haben viele spannende Entscheidungen getroffen und die eine oder andere hitzige Diskussion geführt“, sagt er. Faul sei immer bedacht gewesen, den Ausgleich zu finden. „Du hast nie das kritische Wort gescheut, aber immer wieder den Weg zurück zum Konsens gefunden.“
Mittring erinnert an neue Turnhalle Löpsingen und Bürgerhaus Schmähingen
Thomas Mittring (Stadtteilliste) lobt: „Sie hatten nicht nur die Kernstadt im Blick, auch die zehn Stadtteile lagen Ihnen am Herzen.“ Fast überall seien Baugebiete geschaffen worden, Faul habe Gewerbegebiete erschlossen, Straßen erneuert, Vereine unterstützt und „langersehnte Maßnahmen wie die Turnhalle Löpsingen oder das Bürgerhaus in Schmähingen“ umgesetzt.
„Eine Ära geht mit dem heutigen Tag zu Ende“, betont Helmut Beyschlag, der mit Faul die PWG-Mitgliedschaft, beileibe aber nicht immer die Meinung teilte. Fauls Amtszeit sei geprägt gewesen von seiner Menschlichkeit und Bescheidenheit. „Du warst ein Kümmerer im besten Sinne des Wortes.“ Er habe Nördlingen sehr gutgetan.
Wolfgang Goschenhofer (Grüne/Frauenliste) erzählt, Faul und er hätten sich als Handballspieler beim TSV Nördlingen kennengelernt. Der Sport sei geprägt von Teamgeist, Fairness, Kondition und Kompromissbereitschaft. „Vieles davon konntest du in den 14 Jahren als Oberbürgermeister einbringen.“ Faul habe vieles geleistet, möglich gemacht und angestoßen. „Du hast erheblich zum Wohle Nördlingens beigetragen.“
Ortler: Kollegium am Schluss zusammengeführt
Rita Ortler (SPD) sagte, es werde ihr fehlen, ihn Oberbürgermeister zu nennen. „Du hast es immer geschafft, das Kollegium am Schluss wieder zusammenzuführen.“ Gerade als Sozialdemokratin habe ihr eines besonders imponiert: „Du hast immer die Menschen im Mittelpunkt gesehen, trotz aller wirtschaftlichen Aspekte.“
2. Bürgermeister Landenberger-Schneider (CSU) sagte, die Stadt habe ein anderes Gesicht gehabt, als Faul 2006 als Oberbürgermeister antrat, zum Beispiel im Bereich vom Baywa-Gelände bis zum Wemdinger Tunnel, der eine „Angströhre“ gewesen sei. Eine Amtszeit bestehe aus mehr als Baustellen: „Hermann, du hast der Stadt eine Seele gegeben“, sagte er. Es seien 14 gute Jahre für Nördlingen gewesen. „Es war schön, dein Stellvertreter zu sein.“
Dann tritt Faul selbst ans Mikrofon. Er bedankt sich bei unzähligen Beteiligten: seinen Mitarbeitern, Ehrenamtlichen, Politikern und vielen mehr. „Ich glaube, wir haben zusammen viel erreicht“, sagt er. Es fehle noch ein besonderes Wort zum Schluss, sagt er – seine Stimme stockt: „Danke.“ Er richtet sich an seine Sekretärinnen, seinen Fahrer, besonders an seine Familie. „Wie meine Frau immer wieder betont, hat sie beim Aufsperren, beim Betreten des Hauses schon gemerkt, wie die Sitzung war.“ Fast alle Wege, die er gewählt habe, würde er wieder gehen.
Wie es das Protokoll erfordert, schließt er ab: „Keine nachträglich eingegangenen Beratungsgegenstände.“ Er wird wohl an diesem Abend mit gemischten Gefühlen die Tür geöffnet haben.
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