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Neresheim: Als an den Grenzen ins Ries die Strafverfolgung endete

Neresheim

Als an den Grenzen ins Ries die Strafverfolgung endete

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    Links ist die Gemeinde Riesbürg im Ostalbkreis, rechts liegen die Ofnethöhlen im Landkreis Donau-Ries. Die kleinteiligen Territorien, wie es sie im 18. Jahrhundert gab, sind heute nicht mehr vorhanden.
    Links ist die Gemeinde Riesbürg im Ostalbkreis, rechts liegen die Ofnethöhlen im Landkreis Donau-Ries. Die kleinteiligen Territorien, wie es sie im 18. Jahrhundert gab, sind heute nicht mehr vorhanden. Foto: Sophia Huber

    Die zersplitterten Kleinst-Territorien im Ries und auf dem Härtsfeld sind im 18. Jahrhundert ein ideales Biotop für zwielichtige Gestalten und Kriminelle gewesen. Denn hier war es nicht weit bis zur nächsten Grenze, an der nicht selten die Strafverfolgung endete, denn die jeweiligen Territorialherren waren eifersüchtig und eigensüchtig. Zu ihnen drang nicht immer durch, was jemand jenseits der Grenzen angestellt hatte. Wer kümmerte sich dann darum?

    Nördlingen und Oettingen beispielsweise hätten versucht, sich gegenseitig die Kriminellen zuzuschieben. Neresheim habe sich bei deren Verfolgung sehr zurückgehalten. Dieses Bild entwarf Professor Gerhard Fritz, Historiker an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd, bei einer Vortrag im Rahmen der Tagung im Kloster

    Eine Polizei habe es nicht gegeben

    „Finstere Gesellen und umherschweifendes Gesindel - öffentliche Sicherheit, Bettel und Kriminalität im 18. Jahrhundert rund um Albuch, Ostalb und Härtsfeld“ lautete der Titel des Vortrags, der sich streckenweise wie ein spannender Kriminalroman anhörte. Dies sei alles andere als eine Zeit beschaulicher Ruhe und Sicherheit gewesen, wie manchmal angenommen werde, stellte der Referent fest.

    In den Kleinstaaten am Rande Württembergs und im Ries habe es so etwas wie eine Polizei nicht gegeben, berichtete Fritz, sehr wohl aber Arrangements zwischen der Unterwelt und der für die Kriminalität zuständigen Verwaltung. Kriminelle zu jagen, sei mitunter sogar gefährlich gewesen, denn Amtmänner seien bedroht und Schlösser angezündet worden. Da habe man schon mal Kriminelle laufen lassen oder versucht, sie und Bettler größeren Nachbarn zu übergeben.

    Zwar wären der Herzog von Württemberg und der Bischof von Konstanz, die den übergeordneten Schwäbischen Kreis regierten, dafür zuständig gewesen, Fahndungen zu koordinieren und für die öffentliche Sicherheit zu sorgen, aber nicht alle Kleinstaaten hätten mitgezogen. Im Großraum Stuttgart habe die Kriminalitätsbekämpfung noch einigermaßen funktioniert. Aber Heidenheim sei weit weg vom Schuss, seine Umgebung sei zudem noch sehr kleinräumig gewesen.

    Der Bevölkerung seien solche Leute lästig gewesen

    In Zeiten einer stets wachsenden Bevölkerungszahl habe im 18. Jahrhundert die Zahl der Armen zugenommen, die als meist beschäftigungslose Gelegenheitsarbeiter und Bettler von Ort zu Ort gezogen und ein bescheidenes, meist elendes Auskommen gesucht hätten. Der ortsansässigen Bevölkerung seien diese Leute lästig gewesen. Oft sei die Haltung gegen sie sogar ausgesprochen feindselig gewesen. Das habe umso mehr gegolten, als für die Ortsansässigen oft nicht erkennbar gewesen sei, bei wem es sich um harmlose Bettler und bei wem um Kriminelle gehandelt habe. Diese zu identifizieren, fuhr der Referent fort, sei in der Tat sehr schwierig gewesen. Es gab zwar Anfang des 18. Jahrhunderts gedruckte so genannte Diebeslisten in Ellwangen, Oettingen-Wallerstein, Dillingen oder Donauwörth. Aber ihre Grundlage waren bereits geführte Verfahren, in denen oft gefoltert worden sei. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gab es zwar Bilder, aber sie zeigten bereits Verurteilte oder Hinrichtungen.

    Die Verbrecher, erzählte der Referent, hätten damals alle verwüstete Lebensläufe gehabt und über keinerlei bürgerliche Moralvorstellungen verfügt.

    Folterungen wiederum seien sehr sadistisch gewesen. Fritz: „Ich war überrascht, wie kriminalitäts- und bettelbelastet diese Region wegen ihrer Kleinräumigkeit war.“ Um teure Hinrichtungen zu vermeiden, habe man versucht, die Verbrecher des Landes zu verwiesen. Jedoch sei ihre Rückkehr nicht zu verhindern gewesen.

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