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Munningen: Wirtshaus-Serie: Der Herrenwirt am Knotenpunkt

Munningen

Wirtshaus-Serie: Der Herrenwirt am Knotenpunkt

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    Im „Schwarzen Adler“ in Munningen gastierten vor rund 500 Jahren vor allem die Männer aus der Oberschicht. Zu der Zeit gab es in Munningen noch fünf weitere Wirte. 
    Im „Schwarzen Adler“ in Munningen gastierten vor rund 500 Jahren vor allem die Männer aus der Oberschicht. Zu der Zeit gab es in Munningen noch fünf weitere Wirte. 

    An der langen Dorfstraße Munningens stand bis 1980 das Wirtshaus „Zum schwarzen Adler“ samt einem Hofgut. Die Historie dieses Gasthauses geht bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. Es dürfte mit zu den ältesten durchgehend betriebenen Wirtshäusern im Ries zählen. Im Urbar des Deutschen Ordens Oettingen von 1346/47 wird die Hofstätte des Inhabers Cuntz Eppelein samt seiner Gültabgaben beschrieben. Die Grundausstattung ist aus Urkunden von 1265 und 1272 zu erschließen.

    Das wenig entwickelte Tavernenwesen des Hochmittelalters nahm ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts einen starken Aufschwung. Die Gründe waren der enorme Aufstieg des Handwerker-, Markt-, Handels-, Transport- und Pilgerwesens. Nutznießer waren die Anliegerorte an den Reichs- und Landesstraßen. Grundgelegt durch das römische Straßennetz lag Munningen im Knotenpunkt zweier Verkehrslinien, welche die Wirtschaftsräume Nürnberg-Augsburg-Nördlingen-Ulm verbanden. Der Aufstieg Nördlingens zu einer der bedeutendsten Messe- und Warenumschlagplätze des Reiches, gespeist durch die Getreideüberschussproduktion des Rieses und der Leinen- und Wolltuchweberei, begünstigte auch das Anwachsen des Wirtsgewerbes im Umland.

    Ein oettingisches Gültbuch nennt zwischen 1410 bis 1420 bereits drei weitere Herbergen und zwei Schankwirte in Munningen. Ab dem 15. Jahrhundert entstanden wesentliche Unterschiede zwischen den Wirten. Als oberste Schicht galten die „Herrenwirte“, welche mit Bräu- und Zapfrecht, Verlag zur Weinfuhr, Herbergsrecht samt Stallung und Futter für Anspann- und Reittiere und mit Räumen zur Gepäckverwahrung ausgestattet waren. Die mittlere Schicht nahmen die Zapf- oder Gassenwirte ein, welche nur Getränke weiter verzapfen durften. Als unterste und verrufene Schicht galten die Frauenwirte. Bei ihnen kehrten die „üppigen Weiber“ und „wandernde Dirnen“ ein. 1534 wurde Hans Beck als „Herrenwirt und Brui“ (Bräuer) neben fünf weiteren Wirten im Dorf genannt. Eine Blütezeit des Wirtshausbetriebes begann vor dem Ausbruch des 30-jährigen Krieges. Der Wirt Caspar Scheuring erhielt 1616 das Recht zur Führung eines Wirtshausschildes mit dem doppelköpfigen schwarzen Reichsadler samt Krone, Schwert und Reichsapfel. Ab dieser Zeit wurde der Name „Zum schwarzen Adler“ geführt.

    Die katastrophalen Kriegsjahre von 1634-48 und deren soziale und wirtschaftliche Folgen, der Rückgang der Nördlinger Messe sowie Missernten, Hungerjahre und Viehseuchen aber führten zum Abstieg der Wirte. So fiel das Anwesen 1755 infolge von Konkurs an die oettingisch-spielbergische Landesherrschaft.

    1766 erwarb Bäckermeister Franz Anton Ziegelmüller das Wirtsgut und betrieb neben dem Wirts- auch das Bäcker- und Krämergewerbe. Ab 1785 wurde der Schwerpunkt mehr auf den Ausbau der Landwirtschaft gerichtet. Beides stärkte die Wirtschaftskraft des Gutes. 1836 war es zweitstärkster Steuerzahler der Gemeinde. Ab 1851 setzte wiederum ein Rückgang ein. Aus Rentabilitätsgründen wurde das Braugewerbe 1868 aufgegeben. Das Bier wurde nun von der Post-Brauerei Oettingen bezogen.

    Einen nochmaligen aber letzten Aufschwung des Gast- und Landwirtschaftsbetriebes gab es ab 1890 mit der Einführung des neuen Modegetränks „Bohnenkaffee“ und die Anlage eines Bier- und Laubengartens mit Kastanienbepflanzung. Bis zum Beginn des 1. Weltkrieges florierte das Geschäft. Familiäre Ereignisse führten ab 1932 zum allmählichen Niedergang des über 700 Jahre alten Gasthauses. 1964 wurde es nach dem Tod der letzten Besitzerin Barbara Fuchs geschlossen. Der Anlagenkomplex wurde größtenteils abgebrochen. Die Munninger Familie Friedel kaufte 1980 das Anwesen und baute darauf eine neue Haus- und Hofanlage in landschaftstypischer Rieser Bauweise.

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