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Munningen: Mit Werner Paa auf den Spuren der Römer im Ries

Munningen

Mit Werner Paa auf den Spuren der Römer im Ries

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    Werner Paa bei der historischen Spurensuche – zahlreiche Zeugnisse der Vergangenheit hat er im Nordries entdeckt.
    Werner Paa bei der historischen Spurensuche – zahlreiche Zeugnisse der Vergangenheit hat er im Nordries entdeckt. Foto: Ingrid Paa

    Es ist trüb an diesem Donnerstagmorgen und kalt – die Sorte Kälte, die einem in die Knochen zieht. Werner Paa aber macht das offensichtlich nichts aus. Der 73-Jährige läuft vorsichtig über ein umgepflügtes Feld, balanciert auf großen, festen, fast schwarzen Erdklumpen. Den Blick auf den Boden gerichtet, bückt er sich schließlich hinunter und hebt eine Tonscherbe auf. Er betrachtet sie von allen Seiten, dann meint er mit zufriedenem Gesichtsausdruck: „Die ist so um die 1900 Jahre alt.“ Was kann er aus Funden alles lesen?

    Das Feld, auf dem Paa in diesem Moment steht, liegt unweit des Munninger Ortschilds. Man braucht ein bisschen Fantasie, um sich vorzustellen, wie es an dieser Stelle vor rund 2000 Jahren aussah. Doch Paa macht es einem leicht. „Da war der Graben“, sagt er und zeigt auf den Boden. Dann holt er eine Skizze des Kastells heraus.

    Werner Paa sucht in seiner Freizeit stundenlang nach Funden

    „Da, sehen Sie, das waren die Schutzmauern. Und da ging es rein.“ 600 Soldaten hätten einst auf 2,7 Hektar beim heutigen Munningen gelebt, die meisten von ihnen waren Söldner, Hilfstruppen, keine „echten“ Römer. Und sie durften offiziell erst heiraten, nachdem sie 25 Jahre in der Truppe gedient hatten – dann bekamen sie auch das römische Bürgerrecht.

    Woher man heute so etwas weiß? Weil es Menschen wie Werner Paa gibt, die ihre Freizeit geopfert haben und stundenlang über Äcker und Wiesen gelaufen sind, den Blick nach unten gerichtet. Kürzlich wurde der Oettinger für sein großes Engagement mit dem Rieser Kulturpreis ausgezeichnet (wir berichteten).

    Auf den ersten Blick mag es nämlich nur eine Tonscherbe sein, die Paa an jenem Donnerstag auf dem Acker in den Händen hält. Mancher würde sogar sagen: Das ist Müll, das kann weg. Doch wenn man genauer hinschaut, sieht man vielleicht sogar eine Gravur, einen Stempel, einen Namen. Oder wie Paa es formuliert: „Die können reden, die Sachen.“

    Mit dem Fahrrad fuhr Paa schon als Jugendliche durch das Ries

    Schon als Jugendlicher hat ihn die Leidenschaft für die Vergangenheit gepackt, schon damals fuhr er mit dem Rad nach Munningen, um nach Spuren der Römer zu suchen. Jahrzehnte später sind einige seiner Funde im Oettinger Rathaus zu sehen. Bei manchem stellt sich unweigerlich die Frage, warum der gelernte Schriftsetzer dieses oder jenes überhaupt aufgehoben hat. Denn für das ungeschulte Auge ist es entweder ein Stein oder ein Klumpen Batz.

    „Da hab ich mir gedacht, der gehört da nicht hin“, erklärt er selbst. Tatsächlich handle es sich in diesem bestimmten Fall gar nicht um einen Stein oder um Batz, sondern um verziegelten Lehm. Daraus könne man schließen, dass an dieser Stelle einmal ein Haus in Fachwerkbauweise gestanden sei.

    Wo ein Haus war, da war auch ein Mensch, der Besitztümer hatte. Es ist eine historische Spurensuche, fast schon Detektivarbeit, die Paa betreibt. Bestes Beispiel, was sich dabei alles herausfinden lässt, ist die Plakette, die in einer Vitrine im Oettinger Rathaus liegt. Sie ist nicht groß – in einem Acker sicher leicht zu übersehen – und trägt die Inschrift „T – MOD – PATERNI“.

    Viele Funde stehen im Museum oder Depot - oder bei Paa im Keller

    Nur wer Latein in der Schule hatte und sich an das Gelernte noch erinnern kann, kann das ohne Probleme übersetzen. Paa erklärt: T stehe für Turma, was wiederum eine Reiterschwadron gewesen sei. MOD sei eine Abkürzung und beziehe sich auf den Anführer der Gruppe. In diesem Fall hieß der vielleicht Modestus. Paterni wiederum ist der Genitiv des Namens.

    Diese Plakette hat Werner Paa bei Munningen gefunden – dort, wo einst ein römisches Kastell war. Aus der Aufschrift lässt sich vieles ablesen.
    Diese Plakette hat Werner Paa bei Munningen gefunden – dort, wo einst ein römisches Kastell war. Aus der Aufschrift lässt sich vieles ablesen. Foto: Ingrid Paa

    Paa schlussfolgert: Die Plakette habe einst einem Mann gehört, der Paternus hieß und unter einem Modestus – oder ähnlich – in einer Reiterschwadron diente. Da Paa die Plakette in Munningen gefunden hat, kann man davon ausgehen, dass dort nicht nur Fußsoldaten stationiert waren, sondern auch Kavallerie.

    Paas Funde finden sich nicht nur im Rathaus, in Museen oder in Depots in München. Er hat auch einige in seinem Keller. Zu viele, findet seine Frau, erzählt er. Und eigentlich sieht er das auch so: „Ich wäre froh, wenn die Sachen in einem Museum wären.“ Schließlich gehe es ja auch um die Kultur des Rieses: „Ich sammle das ja nicht, damit ich es daheim im Wohnzimmer aufhänge, sondern damit es öffentlich zugänglich ist.“

    Und beendet ist seine Detektivarbeit noch lange nicht. Luftaufnahmen ließen vermuten, dass sich unweit von Munningen auch noch ein Theater befunden haben könnte, sagt Paa. Denn dort, wo einst eine Mauer stand, wächst die Ackerfrucht nicht ganz so gut – die Farbe des Getreides ist anders. Paa hofft, mithilfe von speziellen Untersuchungen bald mehr zu wissen. Welch eine Fundgrube das für historische Spurensucher wäre.

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