Im Sommer dieses Jahres haben im neuen Baugebiet West III „In der Scher“ in Mönchsdeggingen archäologische Ausgrabungen begonnen. Gefunden wurde ein keltisches Siedlungsgebiet aus den Jahren etwa 1000 bis 600 vor Christus mit bislang 20 Häusergrundrissen. Zusätzlich konnten Objekte aus dem Textil- und Metallhandwerk ausgegraben werden.
Nachdem die oberste Erdschicht im Baugebiet weggeschoben ist, erhält man die Grabungsfläche, erklärt Archäologe Dr. Manfred Woidich. Auf dem von Lös gelblich gefärbten Erdboden fallen deutlich dunklere Bodenstellen auf. Das seien frühere Siedlungsgruben für Abfälle gewesen, sagt Woidich. Die Abfälle hätten sich zu Humus umgewandelt, das sei der Grund für die grauen Verfärbungen. Die grauen Stellen im Boden tauchen zusätzlich punktuell auf. Dort können Pfostengruben nachgewiesen werden. „Die Gruben wurden zum Hausbau ausgehoben und dann mit einer anderen Erde zugeschüttet“, so Woidich, daran könne man Häuser nachvollziehen. Viele kleine Bauten mit einer größe von fünf auf 4,5 Meter sind gefunden worden.
Ausgrabungen in Mönchsdeggingen zeigen Erstaunliches über die Kelten
Woidich geht davon aus, das es sich hierbei um sogenannte Mehrhausgehöfte handelt. Dort sei die funktionelle Trennung vorherrschend gewesen, so Woidich. Das bedeute, dass zum Beispiel der Stall oder die Scheune nicht im Wohnhaus integriert waren. Dafür gab es eigene kleine Gebäude. Vorwiegend gäbe es Vierpfostenbauten, aber auch größere Familienhäuser mit sechs Pfosten. Viele der vorgefundenen Häuser weisen Überlagerungen mit anderen Bauten auf, weshalb Woidich davon ausgeht, dass über 200 bis 300 Jahre lang etwa drei bis vier Familien auf dieser Fläche wohnten und immer wieder Gebäude abgerissen und neu gebaut wurde.
Vor allem in den Pfostengruben der vorgefundenen Häuser fanden Archäologen interessante Objekte. „Wir haben Keramik- und Eisengegenstände entdeckt“, sagt Woidich, dies zeuge von der späten Bronze- und frühen Eisenzeit. Spinnwirteln in unterschiedlichen Größen kamen bei den Ausgrabungen zum Vorschein. Diese seien unterschiedlich schwer, weshalb Woidich davon ausgeht, dass diese für verschiedene Techniken genutzt wurden. Sogar eine Nähnadel, wie sie noch heute bekannt ist, wurde entdeckt. Dr. Johann Friedrich Tolksdorf vom Landesamt für Denkmalschutz erklärt, dass die Textilherstellung für die damalige Zeit einen gewissen Wohlstand aufzeigte. Der Herstellungsvorgang beanspruchte lange Arbeitszeiten und die Produkte konnten daher als wertvoll angesehen werden. Auch damals hieß es vermutlich schon „Kleider machen Leute“, erklärt Tolksdorf. Ebenso wurden verzierte Trinkgefäße und Scherben mit sogenannten Graphitierungen aus Keramik gefunden. Die Scherben waren vermutlich einst Vorratsgefäße. Sie wurden mit Graphit bearbeitet und verziert, um teure Metallgefäße zu imitieren, sagt Woidich.
Ausgrabungen in Mönchsdeggingen: Das gesamte Baugebiet wurde untersucht
Ganz besonders freute sich der Archäologe über einen Fragmentfund: ein sogenanntes Mondidol, das als Feuerbock gedient haben könnte. Dieses sichelförmige Horn sei in der Regel aus Ton hergestellt. Mithilfe des Mondidols konnten Lebensmittel über dem Feuer gebraten werden. „Der Feuerbock ist sozusagen ein keltischer Grill“, erläutert Woidich. Das vorgefundene Fragment erinnere stark an solch ein Mondidol und weise dazu Verzierungen auf. „Auch dieser Fund zeugt vom Wohlstand“, sagt Tolksdorf. Denn beim Braten über dem offenen Feuer tropfe das Fett in die Glut. Nur wenige konnten sich diesen Lebensmittelverlust leisten, so Tolksdorf. Bei einem Fund ist sich Woidich noch nicht ganz sicher: ein Gusstropfen. Dieser könne zusätzlich zum Textilhandwerk das Metallhandwerk nachweisen, was nochmals von ambitionierten Kelten zeuge.
Für die Mönchsdegginger Bürgermeisterin Karin Bergdolt sei es wichtig, Fairness für die künftigen Bauherren zu schaffen. Deshalb wurde im Gemeinderat entschieden, dass das gesamte Baugebiet ausgegraben werden soll, sonst hätte jeder Bauherr bei einem Fund eine eigene Ausgrabungsfirma engagieren müssen. Ende der Woche sollen die Ausgrabungen im Baugebiet in Mönchsdeggingen abgeschlossen werden, so Woidich. Zu den bereits 20 vorgefundenen Häusern werden vorraussichtlich noch drei weitere hinzukommen.
Lesen Sie auch:
- Mönchsdeggingens Bürgermeisterin Karin Bergdolt: „Das Almarin hat eine realistische Chance“
- Überraschende Entdeckung unter dem Acker bei Appetshofen
- Archäologen kommen dem Ur-Utzwinger auf die Spur