Die Frau eines Landwirts aus Birkhausen soll auf dem Rücken liegend neben einer Güllegrube gefunden worden sein, die Beine hingen in die Grube. Könnte sie versucht haben, aus der Grube zu steigen und in diese Position gelangt sein?
Mit dieser Frage beschäftigte sich im Prozess vor dem Augsburger Landgericht ein Biomechaniker, der bereits am Mittwoch vor Gericht aussagte. Damals sagte er, anhand der Spuren an der Leiter sei es möglich, dass die Frau herausgeklettert sei. Nun ging es um die Auffindeposition. Diese hat der Sachverständige mit einem Nachbarn, der vor Ort war, nachgestellt. Der Biomechaniker sagte, dass das Hinaufsteigen in Anbetracht der Umstände – voller Gülle – eine anspruchsvolle Aufgabe gewesen sei. Während des Erklimmens der Leiter befinde sich der Körperschwerpunkt über den Sprossen, dieser müsse dann über die Grubenkante verlagert werden.
Sachverständige über Theorien zur Kopfverletzung im Gülle-Mordprozess
Des Weiteren hat sich der Sachverständige mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Verletzungen am Kopf entstanden sein könnten. An drei Stellen hat sich die Frau verletzt, das könne grundsätzlich durch Gewalteinwirkung geschehen, aber auch durch einen Sturz. Es gebe aber keine Begleitverletzungen, wie sie bei einem Sturz entstehen können. Diese müssen nicht auftreten, kämen aber häufig vor.
Der Sachverständige schilderte, wie die Frau in die Grube gefallen sein könnte. Wäre sie mit dem Kopf oder den Füßen voran gestürzt, sei eine schwere Verletzung wahrscheinlich. Ein Fall, bei dem sie mit dem Bauch voran stürzt, könne sich aber auch ohne Verletzungen zutragen. Es gebe einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde, bei dem eine Person aus mehr als elf Metern in ein mit 30 Zentimeter Wasser gefülltes Becken springe, ohne sich zu verletzten. Der Sachverständige konnte aber nicht die Frage beantworten, wie sich die Frau ihre Verletzungen zugezogen habe. Zwei Verletzungen könne er sich bei einem Sturz erklären, drei nicht.
Zu einer möglichen Erklärung äußerte sich der Rechtsmediziner Klaus Püschel. Er kam zu Beginn des Prozesses auf einen Antrag der Verteidigung zu den Sachverständigen dazu. Er bewertete die bisherigen Erkenntnisse. Laut seinen Ausführungen habe die Frau des Angeklagten wohl auf der Leiter gestanden und sei hineingefallen. Dabei sei sie vielleicht mit dem Kopf gegen eine Wand der Grube gestoßen und habe sich so eine Verletzung zugezogen. Auch könne sie sich am scharfkantigen Flügel des Güllemixers gestoßen haben. Sie sei nicht bewusstlos, aber beeinträchtigt gewesen. In der Gülle liegend hätte sie mehrere Schlücke der Flüssigkeit zu sich nehmen können. So könne er sich die Gülle im Körper erklären. Die Frau habe es geschafft, über die Leiter heraufzuklettern und sich zum Grubenrand zu bewegen. Dort sei sie dann verstorben.
Die Richter wollten jedoch auch der Theorie aus der Anklageschrift nachgehen, laut der der Landwirt seiner Frau Schläge verpasst und ihr Gülle eingeflößt haben soll. „Wir müssen uns damit auseinandersetzen“, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser. Verteidiger Peter Witting warf den Richtern vor, dass sie nach alternativen Möglichkeiten suchten, obwohl hier eine Variante von Püschel vorgestellt worden sei. Riedel-Mitterwieser sagte, man wolle alle Varianten erörtern.
Gülle mit Trichter oder Gießkanne eingeflößt?
Die Richter wollten vom Rechtsmediziner wissen, ob der Frau nicht auch Gülle mit einem Trichter oder einer Gießkanne eingeflößt hätte werden können. Püschel sagte, dass es keine Verletzungen im Mundbereich gebe, die darauf schließen lassen. Es sei aber grundsätzlich möglich, wenn die Frau wehrlos sei. Seiner Meinung nach spreche die Gesamtsituation aber dagegen. Witting stellte am Ende des Verhandlungstages noch einen Beweisantrag. Man wolle sich noch einmal mit dem abgesetzten Notruf des Angeklagten beschäftigen. Verteidigerin Martina Sulzberger stellte keinen Antrag, regte aber an, ob der Angeklagte nicht Weihnachten mit seinen Kindern verbringen dürfe. Die Richter äußerten sich dazu nicht.
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