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Justiz: Gülle-Mordprozess: Wenn sich Richter blaue Gummihandschuhe überziehen

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Gülle-Mordprozess: Wenn sich Richter blaue Gummihandschuhe überziehen

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    In Augsburg wird heute der sogenannte Güllemord-Prozess fortgesetzt.
    In Augsburg wird heute der sogenannte Güllemord-Prozess fortgesetzt. Foto: Alexander Kaya

    In der rechten Ecke des Sitzungssaals in Augsburg, zwischen Schöffengericht, Angeklagtem und Verteidigung, lehnt ein hohes Etwas in blauer Plastikverpackung. Die Richter streifen dunkelblaue Plastikhandschuhe über.

    Denn die Prozessbeteiligten des elften Verhandlungstags im Gülle-Mordprozess sehen eine Reihe von Asservaten. Gezeigt wird ein schwarzer Plastikmülleimer, eine Misthacke, ein Kreuzpickel und die Halbschuhe, die nach mehreren Wochen in einem Güllefass gefunden wurden. Als einer der verdreckten Schuhe aus dem Papierbeutel gezogen wird, tritt Staatsanwalt Michael Nißl einen Schritt zurück.

    Mit einem Messer schlitzen die Vorführbeamten danach eine Plastikverpackung auf, bis eine mehrere Meter lange Holzleiter zum Vorschein kommt. Staatsanwalt und Richter, Verteidiger, Angeklagte und Sachverständige streifen um das Beweismittel, als würden sie nach etwas suchen. Beugen sich nach unten, drehen den Kopf. Dann sagt die Vorsitzende

    Ein Beamter korrigiert seine Aussage

    Ein Beamter erscheint am Montag zum zweiten Mal im Zeugenstand. Er korrigiert seine Annahme, die Leiter in der Grube gesehen zu haben. Sie sei mit Sicherheit doch draußen gelegen.

    Zeuge ist am Montag auch der Sachverständige des Falls. Verteidiger Peter Witting will von ihm wissen, welchen Thesen er nachgegangen sei und zeigt deutlich, dass er von den Ermittlungen nicht viel halte.

    Die Verteidigung des Riesers reicht außerdem zwei Beweisanträge ein. Dazu wiederholt Rechtsanwalt Witting, was der Landwirt in einer Vernehmung am Tag nach dem Tod seiner Frau der Polizei sagte. Der Mann bestreite von Anfang an, dass er seine Frau umgebracht habe. In Befragungen soll er stets gesagt haben, dass er sie an der Güllegrube liegend gefunden und den Notruf verständigt habe.

    Einen Tag nach dem Vorfall soll er der Polizei gesagt haben, dass eine Holzleiter in der Güllegrube steckte. Mit der Polizei sei er dann dort gewesen. Die Beamten hätten gefragt, was das für ein Stock in der Grube sei. In der Vernehmung sei festgehalten worden, so erklärt Witting weiter, dass er den Stock selbst rausgeholt habe. Beamte hätten ihn am Hosenbund gehalten, sodass er nicht hineinfalle. Es habe sich dann herausgestellt, dass in der Grube auch eine Misthacke gelegen sei, erklärt Witting weiter. Dann soll der Angeklagte gesagt haben, dass seiner Frau ja vielleicht etwas „heruntergefallen“ und sie deshalb in die Grube gestiegen sei. Aber er wisse es nicht. Als er den Hof verlassen habe, um am Unglückstag Gülle auf das Feld auszubringen, habe die Leiter noch im Stadel gestanden.

    Güllespuren am oberen Teil der Leiter

    Witting verweist in seinem Antrag zudem auf die Zeugenaussage eines Polizisten. Diese soll nach Ansicht der Verteidigung belegen, dass es sich bei dem Tod der Frau um einen Unfall gehandelt haben müsse. Am oberen Teil der Leiter seien Güllespuren bis zu der Höhe zu sehen, in der sich die Ehefrau dann nach oben gezogen haben soll und letztlich am Rand der Grube zum Sitzen gekommen sei. So sei sie später von ihrem Mann gefunden und von ihm und einem Nachbarn erfolglos reanimiert worden, weil bereits zu viel Gülle in ihrem Körper gewesen sei. Dieser Beweis sei unverzichtbar, meint Witting. Einen weiteren Beweisantrag trägt Wittings Kollege Nico Werning vor. Darin geht es um die Arbeitsweise der Polizei. Er kritisiert, dass der Versuch, die Fahrtzeit zwischen Hof und Feld zu bestimmen, (dort soll der Angeklagte Gülle vor dem Tod seiner Frau Gülle ausgebracht haben) mit einem Mercedes Sprinter durchgeführt worden ist. Nicht etwa mit einem Traktor und einem schwer beladenen Güllefass, so wie es in Wirklichkeit geschehen sein soll.

    Werning kritisiert außerdem die Strafkammer scharf, als er sagt, dass sie mit den einfachsten landwirtschaftlichen Gegebenheiten nicht vertraut sei und forderte eine Ortseinsicht. „Nur Lichtbilder und Zeugen reichen nicht, um Fehlvorstellungen vorzubeugen“, sagt Werning.

    Zu beiden Beweisanträgen der Verteidiger hat die Staatsanwaltschaft während der Sitzung noch keine Stellung genommen.

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