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Interview mit Oettingens neuem Bürgermeister: Heydecker: „Ich will eine Digitalisierungs-Offensive“

Interview mit Oettingens neuem Bürgermeister

Heydecker: „Ich will eine Digitalisierungs-Offensive“

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    Hat ein anstrengendes Jahr hinter sich: Oettingens neuer Bürgermeister Thomas Heydecker an seinem Schreibtisch im Oettinger Rathaus.
    Hat ein anstrengendes Jahr hinter sich: Oettingens neuer Bürgermeister Thomas Heydecker an seinem Schreibtisch im Oettinger Rathaus. Foto: Jochen Aumann

    Gut 100 Tage ist er nun Amt, der neue Oettinger Bürgermeister Thomas Heydecker (SPD). Im Exklusiv-Interview mit den Rieser Nachrichten zieht er eine erste Bilanz und verrät vor allem Details, wie es mit dem Hotel Krone weitergehen soll.

    Nach der Vorstellung der Sozialraumanalyse im Oettinger Stadtrat waren doch einige überrascht, dass die Zahl der Kindergartenplätze so schnell so stark steigen wird. Plätze sind schon knapp. Wie schafft es die Stadt, die Kapazität so schnell wie möglich anzupassen?

    Thomas Heydecker: Ich hatte bereits vor der Vorstellung der Sozialraumanalyse eine erste Besprechung mit der Kämmerei zu diesem Thema. Deswegen war schon kurze Zeit später ein Termin mit dem Landratsamt vereinbart, um das weitere Vorgehen abzuklären. Die bisherigen Träger, der Waldkindergarten, evangelische und katholische Kirche, fragen wir nun, inwieweit sie die bestehenden Kapazitäten erweitern können. Der katholische Kindergarten würde Platz für mehr Erweiterung bieten, aber will man dann wirklich so einen Großkindergarten? Klar ließe der sich wirtschaftlicher betreiben, aber es gebe auch Nachteile. Bei zu vielen Gruppen gibt es sicher die eine oder andere Schwierigkeit. Ansonsten hatten wir ebenfalls einen Alternativstandort mit einem Neubau überlegt. Wir könnten auch noch weitere Träger anschreiben, die AWO zum Beispiel.

    Was wäre ein solcher Alternativstandort?

    Heydecker: Da sind wir in Gesprächen und ich kann deshalb noch nichts dazu sagen. Es gibt zwei bis drei Standorte. Ein Gedanke ist, sofern bei den Betreibern Interesse besteht, in Richtung Montessori-Kindergarten zu gehen. Das wäre auch eine meiner favorisierten Lösungen, nachdem wir die Schule nun am Standort Oettingen haben. Auch das Thema Hort ist für mich noch immer aktuell.

    Diesbezüglich hieß es bis zuletzt, dass die Nachfrage zu klein sei, ein Hort würde sich nicht lohnen.

    Heydecker: Im Endeffekt ist in diesem Bereich in Oettingen noch sehr viel Dynamik gegeben. Ich freue mich natürlich, dass wir eine Stadt haben, die attraktiv für junge Leute und Familien ist. Wir haben einen sehr guten Bildungsstandort und wollen auch in Bezug auf Vorschulkinder attraktiv sein. Das ist ein wichtiger Standortfaktor, den wir ausbauen müssen.

    Ein großes Projekt bleibt die Krone. Wie läuft die Betreibersuche?

    Heydecker: Die Betreibersuche ist zu Corona-Zeiten schwierig. Hotelangestellte, die sich zukünftig eine Selbstständigkeit vorstellen können oder Hoteliers, die bereits ein Hotel betreiben, sagen aktuell bei solchen Neuprojekten: Jetzt warten wir erst einmal ab.

    Weil das Risiko zu groß ist?

    Heydecker: Ja, momentan ist das Risiko aufgrund der hohen Unsicherheit, wie sich Corona weiterentwickelt, sehr groß. Wir befinden uns in grundlegenden Vorgesprächen. Ich hatte zum Beispiel Kontakt zu einer Agentur, die sich mit besonderen Hotelkonzepten beschäftigt. Wir haben uns aber auch ein vergleichbares Hotel angeschaut, das zu einem Großteil von der Kommune mit umgesetzt und renoviert wurde, die Alte Vogtei in Wolframs-Eschenbach. Wir haben uns dort mit Bürgermeister und Betreibern ausgetauscht. Mit einem konkreten Betreiber für die Krone haben wir noch nicht gesprochen.

    Verlaufen die Bauarbeiten im Zeitplan?

    Heydecker: Wir sind minimal hinten dran, was den nichtstatischen Abbruch angeht.

    An was liegt das?

    Heydecker: Die Firma hatte personelle Engpässe. Nachdem der Projektmanager Martin Götz und ich das Gespräch gesucht haben, wurde das Personal aufgestockt. Darüber sind wir jetzt sehr zufrieden. Wer in Oettingen am Marktplatz vorbeikommt, hört es jeden Tag Scheppern, da tut sich was. Dann geht es los mit dem Architektenwettbewerb. Eine Jury entscheidet dann darüber.

    Wann ist der Abbruch des Mittelgebäudes und des Müllerstadels geplant?

    Heydecker: Bis Ende des Jahres wollen wir den Müllerstadel leer geräumt haben. Er wird noch als Lagerfläche genutzt und der Bayern-Fanclub hat dort noch ein Vereinsheim. 2021 wird abgebrochen. Es hängt aber auch am Konzept des Architekten. Es macht ja jetzt keinen Sinn, alles platt zu machen. Ihre ersten 100 Tage im Amt sind in eine schwierige Zeit gefallen. Wenig Vorbereitung, viel Neues.

    Wie ging es Ihnen damit?

    Heydecker: Ich hatte im März und April versucht, mich daheim möglichst tief in die allgemeinen Dinge einzuarbeiten. Natürlich habe ich sehr vom Wissen meines Vaters profitiert. Seminare haben coronabedingt erst ab Juni stattgefunden. Neben den fachlichen Themen ist in diesen Bürgermeisterseminaren der Austausch untereinander sehr wichtig. Es tut einfach gut, auch mal längere Gespräche mit den Amtskollegen zu führen. Geht’s euch auch so? Ist bei euch auch manchmal Land unter mit den neuen Tätigkeiten? Es ist ein sehr fordernder Job, definitiv. Aber es macht sehr viel Spaß. Man hat eine Aufgabenvielfalt, die man sonst wohl in wenig anderen Berufen hat.

    Jetzt ist aber erst einmal Sommerpause.

    Heydecker: Die tut auch wirklich gut. Vor der Einarbeitung ins neue Amt, war mein Wahlkampf schon sehr lange. Neulich habe ich für mich rekapituliert: Ich habe mich Anfang August 2019 dazu entschieden, zu kandidieren, und dann waren wir ab Ende August im

    Welche Projekte könnten auf der Strecke bleiben?

    Heydecker: Großes Thema ist ja aktuell die Turnhalle. Es war mir wichtig, dass wir das vor meinem Urlaub mit der Nachricht über die Sanierung der Lüftung wegen bedenklichen Dämmstoffen in der Dreifachturnhalle nach außen geben. Man schluckt natürlich schon, wenn man karzinogen liest, also krebserregend. Dann habe ich den Bericht der Untersuchungen vorgelegt bekommen. Mir war wichtig, die Fakten zu prüfen. Wir haben zwei unterschiedliche Büros beauftragt, Proben zu nehmen. Es wurden aber in der Turnhalle keine Belastungen festgestellt. Wir haben keine Gesundheitsbelastung in der Halle vorliegen. Die Halle wird demnächst ganz massiv drücken, die werden wir machen müssen. Sie ist 50 Jahre alt. Aber für die nächsten zwei bis vier Jahre sehe ich da wenig Spielraum.

    Kleinere Projekte, wie der Pumptrack, werden durchgeführt?

    Heydecker: Jetzt in der Krise, in der wir einen Konjunktureinbruch haben, ist es in meinen Augen nicht zielführend, wenn die Unternehmen vorsichtig reagieren und dann auch noch der Staat seine Investitionstätigkeiten komplett zurückfährt. Aktuell ist es so, dass eine der großen Stützen der Konjunktur nach wie vor das Baugewerbe ist, die Industrie schwächelt. Wenn der Staat dann noch sagt, ich halte mein Geld zusammen, wird es zu einer noch nachhaltigeren Konjunktur-Delle führen. Schulden und Ausgaben müssen aber im Rahmen bleiben. An einem kleineren Projekt wie dem Bikepark, das vor allem auch ein Projekt für die jungen Leute ist, werde ich nicht den Rotstift ansetzen.

    Wo könnte das sein?

    Heydecker: Eine Herausforderung wird, wie wir Kosten in der Verwaltung reduzieren können, ich will eine Digitalisierungs-Offensive. So etwas gibt es auch auf Landkreisebene und ich will, dass wir auch in unserer Verwaltung Abläufe überdenken. Können wir Dinge einfacher machen? So können wir sicher administrative Arbeitszeiten einsparen, die wir dann in Tätigkeiten einbringen können, die Oettingen noch mehr voranbringen. Zusätzlich müssen wir unsere Einnahmen-Seite weiter stärken.

    Wo sehen Sie da Möglichkeiten?

    Heydecker: Wie im Wahlkampf schon thematisiert, sehe ich erheblichen Spielraum im Tourismus. Für das Konzept sind wir mit Vertretern einiger Oettinger Einrichtungen zusammengesessen. Anja Friedel und Ulla Stiegler vom Tourismusmanagement waren hier sehr aktiv. Ich habe mich ebenfalls mit Erbprinzessin Cleopatra ausgetauscht, weil natürlich auch das fürstliche Haus Interesse hat, den Tourismus weiter auszubauen. Mit dem Geopark Ries, dem sanften Wandertourismus, dem tollen Residenzschloss, der schönen Altstadt und den Störchen sehe ich gute Vermarktungsmöglichkeiten. Einnahmen lassen sich auch mit Wohnmobilstellplatz und Campingplatz generieren. Da ist jetzt aber viel Grundlagenarbeit gefragt.

    Cleopatra Erbprinzessin zu Oettingen-Spielberg hat natürlich eine große Reichweite über ihre Sozialen Netzwerke, von denen die Stadt profitieren könnte. Sie wirbt für die Veranstaltungen im Schloss, für das Museum selber. Ein guter Promifaktor.

    Heydecker: So sehe ich das schon auch und ich bin mir sicher, dass wir die ohnehin schon gute Zusammenarbeit weiter ausbauen können. Mit dem gesamten fürstlichen Haus besteht bisher ein sehr guter Kontakt. Das ist auch ein Aushängeschild für unsere Stadt, ähnlich wie unsere Brauerei. Es ist ganz zentral, dass zwischen Politik und den Institutionen in Oettingen ein guter Draht besteht.

    Wie ist der Stand der Dinge bezüglich der Netzabdeckung in den Stadtteilen Niederhofen und Erlbach?

    Heydecker: Da haben wir jetzt einen Standort gefunden, der in unseren Augen gut infrage käme. Wenn es Corona zulässt, wollen wir eine Bürgerinformation halten.

    Abhängig von Ehingen macht sich Oettingen jetzt nicht mehr? Die Gemeinde scheint sich nicht entscheiden zu können.

    Heydecker: Nein, das Thema ist tatsächlich durch.

    Das Thema Bürgerladen hat nun doch einige Leute interessiert. Wie geht es weiter?

    Heydecker: Für mich ist der Orgelhof der bestmögliche Standort. Er ist ausreichend weit weg von den Supermärkten am Sauereck, es gibt Parkmöglichkeiten und das Gebäude hat eine relativ große Grundfläche. Sabine Koloska betreut schwerpunktmäßig das Projekt. Der Charme eines Bürgerladens ist natürlich die Nahversorgung der Nordstadt, aber auf der anderen Seite würde ich es gern als soziales und ökologisches Projekt aufziehen. Die Oettinger müssen sich überlegen, ob sie sich das leisten wollen. Ziel ist es, den Laden genossenschaftlich zu organisieren. Dass der Bürgerladen großartig Rendite abwirft, von der Vorstellung muss man sich vermutlich verabschieden. Er muss eine schwarze Null schreiben.

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