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Häuser im Ries: Eine Geschichte über die „verruchten“ Orte Nördlingens

Häuser im Ries

Eine Geschichte über die „verruchten“ Orte Nördlingens

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    Bei genauem Hinsehen kann man die Inschrift „1401“ in der Fassade erkennen. Zu dieser Zeit könnte das Haus schon als Badestube gedient haben.
    Bei genauem Hinsehen kann man die Inschrift „1401“ in der Fassade erkennen. Zu dieser Zeit könnte das Haus schon als Badestube gedient haben. Foto: Sophia Huber

    Die großen Knetmaschinen sind abgedeckt und stehen unverändert an ihrem alten Platz. Auch die Backbretter für die Brote lehnen immer noch im Regal. Der ehemalige Bäckermeister Richard Rudler und auch seine Frau Christine können sich nur schwer von den Gegenständen in ihrer ehemaligen Backstube trennen, wie sie selber sagen. Dass im Haus in der Baldinger Straße 11 einmal eine Backstube war, sieht man sowohl an den großen Lettern an der Fassade des Hauses, aber auch wenn man den Eingangsbereich betritt. Heute dient das Gebäude als Wohnhaus der Familie Rudler.

    Welches außergewöhnliche Handwerk vor Jahrhunderten in diesem Haus untergebracht war, das lässt sich nur herausfinden, wenn man ins Nördlinger Stadtarchiv geht. Stadtarchivar Wilfried Sponsel beschäftigt sich schon lange mit den Geschichten und Bewohnern der Nördlinger Häuser, in seiner Vortragsreihe „Hausgeschichten“ hat er einige aufgeschrieben. Seine Informationen zeigen Spuren der Badehauskultur in Nördlingen. Eines der bekanntesten Badehäuser im Mittelalter war das Haus der Rudlers. „Das Haus in der Baldinger Straße 11 ist im Kern spätmittelalterlich, anhand der Fachwerkkonstruktion lässt sich eine Entstehungszeit um 1400 ansetzen“, sagt Sponsel. Die am Giebel angebrachte Datierung „1401“ stimme ungefähr überein mit der Nutzung des Hauses als Badhaus.

    Der Stadtarchivar kennt den Namen Gustav Wulz

    1491 sei das sogenannte „Spiegelbad“ erstmals genannt worden. Auch der Inhaber des Hauses, Richard Rudler, erinnert sich an die Geschichten zu seinem Haus: „Die Adresse hieß früher ,Das

    Der damalige Besitzer des Spiegelbades hieß Hans Metzensun. „Ein Name, der aufhorchen lässt“, meint Sponsel. Laut Wulz war dem Bader der Name gegeben worden, weil er oder vielleicht auch schon dessen Vater, der Sohn einer Metze, also einer Dirne war. Wie historische Aufzeichnungen zeigen, konnten sowohl Männer als auch Frauen zum Baden kommen. Daher stammt laut Sponsel vielleicht auch der schlechte Ruf des Baders und die Anrüchigkeit des Badehandwerks im Mittelalter. Denn der Aufenthalt in einer Badstube diente nicht nur dem Sauber werden.

    Wofür das warme Bad diente

    „Das warme Bad sollte der Reinigung des Körpers dienen, im Schwitzbad erhoffte man sich Heilung oder Verhütung von Krankheiten“, sagt Sponsel. Andererseits habe das Bad zur Vergnügung gedient, man aß und trank und spielte – und fand Gelegenheit zur Buhlerei, erklärt Sponsel das Treiben im Spiegelbad weiter. Sogenannte Baddirnen, die weiblichen Angestellten des Baders, wuschen die Gäste, rieben sie ab und sorgten sich um deren Wohlbefinden. Der Sohn des Herzogs von Bayern hatte sich wohl einmal in eine Baddirne aus Augsburg, Agnes Bernauer, verliebt, weiß Sponsel aus den Archivtexten.

    Die Bader waren oft auch Ärzte, allerdings nicht in der Form wie man sie heute kennt: „Wundarzt konnte werden, wer eine eigene offene und konzessionierte Badstube besaß. Zu diesen Badern gehörten damals der Bader Mönch in der Bauhofgasse, der Bader Fuchs in der Münzgasse und der Zindelbader“, schrieb Gustav Wulz in seinem Aufsatz „Bader und Babiere in Nördlingen“. Am Weinmarkt 2 sei ebenfalls ein Bad gewesen. Die Badestuben lagen ausschließlich in der Altstadt, nördlich der Deininger Straße, in der Schrannengasse, Polizeigasse und Bergergasse und möglichst in der Nähe der Eger. Wulz erklärt die Standorte damit, dass das verbrauchte Wasser zurück in die

    Info: Die Serie „Wohnen im Ries“ geht auch in diesem Jahr weiter. In den nächsten Wochen werden historisch bedeutsame oder besondere Häuser vorgestellt.

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