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Fremdingen: Corona-Vorbild im Landkreis: Auf Spurensuche mit den Fremdingern

Fremdingen

Corona-Vorbild im Landkreis: Auf Spurensuche mit den Fremdingern

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    Menschenleer: Nur die Autos geben Anhaltspunkte dafür, dass die Bewohner in Fremdingen zu Hause sind. Spielt das eine Rolle im niedrigen Infektionsgeschehen?
    Menschenleer: Nur die Autos geben Anhaltspunkte dafür, dass die Bewohner in Fremdingen zu Hause sind. Spielt das eine Rolle im niedrigen Infektionsgeschehen? Foto: Lisa Gilz.

    Es ist ruhig in Fremdingen, sehr ruhig. Der Platz vor dem Rathaus ist leer. Auch weiter in Richtung der St. Gallus-Pfarrkirche sind keine Menschen unterwegs. Es ist Freitagnachmittag und vor vielen der Häuser stehen Autos. Doch offenbar bleiben die Menschen lieber innerhalb ihrer vier Wände. Wem will man es verübeln. Es regnet zwar gerade nicht, aber die grauen Wolken verdecken den Blick auf die Sonne. Innerhalb von zwei Wochen ist die Anzahl von Corona-Fällen in der Gemeinde Fremdingen von sieben auf nur noch einen Infizierten gefallen. Einer der Top-Werte im Landkreis. Halten sich die Fremdinger einfach gut an die Regeln oder gibt es einen Trick? Ein Besuch in der Nordrieser Gemeinde soll dem Grund für die niedrige Fallzahl auf die Spur kommen.

    Das Kreischen einer Säge durchbricht die Ruhe. Es ist ein unangenehm aufdringliches Geräusch, das nur das Gezwitscher der Vögel übertönen kann. Christa Kolb arbeitet in ihrem Garten. Mit einem rot-gepolsterten Sitzkissen macht sie es sich an ihrem kleinen Mosaiktisch bequem. Die 76-Jährige kann bloß lachen, als sie über den Grund nachdenkt, wieso es nur noch einen Fall gibt. „Man kann doch nirgendwo hin“. Ihr bleibt ebenfalls nichts anderes übrig, als die Zeit im Garten oder im Haus zu verbringen. Schimpfen würden alle über die Situation und sich dennoch daran halten, sagt die Rentnerin. „Ich sehe jeden mit Mundschutz“. Hinzu käme, dass Fremdinger das Nötigste vor Ort bekämen. Edeka, zwei Bäckereien, eine Bank, einen Arzt und einen Zahnarzt gibt es hier. Fort müsste man nicht. Das Wetter und die Impfungen würden bestimmt ebenfalls dazu beitragen, sagt Kolb. Sie verabschiedet sich, wünscht eine schönes Wochenende und einen schönen Feiertag. Dann verschwindet sie wieder in ihrem Garten.

    Freitagnachmittag vor einem langen Wochenende am Edeka: Vorwochenendlicher Geschäftsbetrieb sieht anders aus.
    Freitagnachmittag vor einem langen Wochenende am Edeka: Vorwochenendlicher Geschäftsbetrieb sieht anders aus. Foto: Lisa Gilz

    Am Montag ist Pfingsten. Vielleicht sind mehr Menschen im Einkaufsmarkt anzutreffen. Diejenigen, die bereits den Wochenendeinkauf erledigen wollen, um samstags nicht in das Vorfeiertags-Gedränge zu geraten. Doch auch am anderen Ende der Oettinger Straße hält sich der Trubel in Grenzen. Ein Lastwagen brettert in Richtung Ortsausfahrt. Auf dem Parkplatz am und gegenüber dem Edeka parken vereinzelt Autos. Im Supermarkt selbst sind eine Handvoll Kunden. Alle tragen ihre Maske und halten an der Kasse den Abstand ein.

    Vorbildliches Verhalten in Fremdingen? Auf Nachfrage gibt es nur eine Antwort

    Ist es also doch das disziplinierte Verhalten, das die Bewohner der Gemeinde an den Tag legen? In der Sparkasse nebenan können es sich die Mitarbeiterinnen Lisa Vaas und Simone Kränzlein nicht anders erklären. Die Leute seien mittlerweile sehr aufmerksam, sagt Vaas und klingt dabei zufrieden. Dass nur vier Kunden gleichzeitig in die Räumlichkeiten der Bank dürfen, sei offenbar bei allen angekommen und darauf hinweisen müssten sie nicht mehr. „Wenn wir ein Geheimnis hätten, würden wir es gleich weiter an die anderen Gemeinden geben“, sagt ihre Kollegin. Einen niedrigen Inzidenzwert wünschten sich schließlich alle im Landkreis.

    Beim Musikpavillon sind keine Spaziergänger zu sehen.
    Beim Musikpavillon sind keine Spaziergänger zu sehen. Foto: Lisa Gilz

    Bis jetzt weist nichts auf eine besondere Formel hin, die den Rückgang an Corona-Fällen erklären könnte. Zurück in die Ortsmitte, zum leeren Platz vor dem Rathaus. Dort war bereits um zwölf Uhr Feierabend. Gerhard Gloning, der Kämmerer und Geschäftsleiter im Rathaus Fremdingen, hatte am Vormittag erklärt, dass die Frage nach dem Grund für niedrige Coronazahlen „schwierig“ sei. Von Ausschreitungen innerhalb der Gemeinde wüsste er nichts. „Es liegt sehr wahrscheinlich daran, dass sich alle so diszipliniert verhalten. Wird wohl so sein“, sagt der Kämmerer und betont, dass es nur eine Vermutung ist. Diese Vermutung scheint nicht so weit von der Wahrheit entfernt zu liegen. Zumindest dann, wenn man die Informationen der Polizeiinspektion Nördlingen als Anhaltspunkt für die Disziplin der Fremdinger nimmt.

    Kaum Verstöße gegen die Infektionsschutzmaßnahmen in Fremdingen

    Auf Anfrage der Rieser Nachrichten erklärt Robert Schmitt, Polizeihauptkommissar und stellvertretender Dienststellenleiter in Nördlingen, dass es vom 1. Januar bis zum 21. Mai 2021 insgesamt sechs Verstöße in Fremdingen gab. Infektionsschutzmaßnahmen wurden dabei im Bereich der Kontaktbeschränkung und der Ausgangssperre missachtet. Eine Auswertung der weiteren einzelnen Gemeinden könne aufgrund der Fülle der Daten nicht erfolgen, erklärt der Beamte. So ist ein Vergleich mit ähnlich großen Gemeinden nicht möglich. Sechs Verstöße innerhalb von etwas mehr als fünf Monaten. Allein in der Mainacht wurden im Ries 24 solcher Regelverletzungen gemeldet.

    Es ist 17 Uhr. Die Anzahl der Autos, die in Fremdingen reinfährt und sich in den Seitenstraßen verteilt, nimmt etwas zu. Es sind noch immer keine Personen auf den Fußgängerwegen oder auf den Grundstücken unterwegs. Am frühen Abend riecht es nach Regen. Scheint so, als würde sich für Fremdingen die Regel „weniger ist mehr“ in Zeiten von Corona bewähren. Weniger außerhalb des eigenen Zuhauses machen und weniger direkten Kontakt zu anderen Menschen haben.

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