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Feldpostbrief Jahrzehnte auf dem Dachboden vergessen

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Feldpostbrief Jahrzehnte auf dem Dachboden vergessen

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    65 Jahre hat es gedauert, bis dieser Feldpostbrief bei Dorothea Hueber ankam. Es ist der letzte Brief, den ihr Vater Wilhelm Gommert aus dem Krieg geschickt hat. Wegen der damaligen Wirren gelangte der Brief auf einen Dachboden in Holzkirchen. Und jetzt wurde er entdeckt. Foto: gne
    65 Jahre hat es gedauert, bis dieser Feldpostbrief bei Dorothea Hueber ankam. Es ist der letzte Brief, den ihr Vater Wilhelm Gommert aus dem Krieg geschickt hat. Wegen der damaligen Wirren gelangte der Brief auf einen Dachboden in Holzkirchen. Und jetzt wurde er entdeckt. Foto: gne Foto: gne

    Wilhelm Gommert war Angehöriger der Marine in Eckernförde und im Krieg in Estland und Lettland. "Liebe Dore, mit Sehnsucht erwarte ich Post von dir oder liegt es daran, dass du meinen letzten Brief nicht erhalten hast? In kurzer Zeit wirst du wohl Familie Ziegelmeier verlassen … hoffentlich wirst du es an deiner neuen Arbeitsstelle so gut haben wie bisher", schrieb der Vater am 9. Februar 1945 an seine damals 16-jährige Tochter.

    Die lebte seit fast zwei Jahren rund 1000 Kilometer fern der oberschlesischen Heimat im Landdienstlager der Hitlerjugend in Wechingen, um sich, wie es damals in der Propaganda hieß, auf ihre zukünftige Aufgabe als Großbäuerin im zu erobernden Osten vorzubereiten. Dazu absolvierte das junge Mädchen zunächst ein Pflichtjahr auf dem Erbhof der Familie Ziegelmeier in Holzkirchen, bevor sie im Januar 1945 ihre Ausbildung auf einem Lehrbauernhof bei Lauingen fortsetzte.

    "Mein Vater wusste das", erinnert sich die alte Dame. Dennoch schickte Wilhelm Gommert seinen Feldpostbrief, der im Marinepostamt Hamburg abgestempelt ist, ins Landdienstlager nach Wechingen. "Von dort muss der Brief irgendwie an die Familie Ziegelmeier weitergeleitet worden sein", vermutet Dorothea Hueber. Doch als sie nach Kriegsende im Juli 1945 von dem Lehrbauernhof weggelaufen sei zurück nach Holzkirchen zu den Ziegelmeiers, habe niemand mehr an den Brief gedacht.

    Die Mutter musste mit ihren vier Kindern fliehen

    Es war der letzte Feldpostbrief des Wilhelm Gommert. Und es dauerte über 65 Jahre, bis er endlich ankam. Denn Dores Mutter Sophie Gommert hatte am 17. Januar 1945 mit Dores vier jüngeren Geschwistern aus Rosenberg fliehen müssen und der Vater wusste nichts über den Verbleib seiner Angehörigen. Nach Kriegsende fand die Flüchtlingsfamilie auf Vermittlung des damaligen Holzkirchener Bürgermeisters Johann Wiedenmann dann in dem kleinen Rieser Dorf eine neue Heimat. "Meine Mutter musste uns fünf Kinder allein durchbringen", erzählt Dorothea Hueber, denn nach dem Krieg hatte die Familie nie mehr Kontakt zum Vater. Wilhelm Gommert galt als vermisst.

    1947 begann Dore Gommert eine kaufmännische Lehre in Nördlingen, lernte in der Berufsschule ihren späteren Mann Paul Hueber kennen. 1949 heirateten die beiden und zogen nach Wallerstein, in das Vaterhaus Huebers. Zwei Söhne zog das Paar groß und war, bis zum Tod

    Die Nachfahren bauen das Haus um

    Ein erfülltes, ein arbeitsreiches Leben. Und all die vielen Jahre lag der Feldpostbrief des Vaters zusammen mit den Feldpostbriefen der Familie Ziegelmeier auf dem Dachboden des alten Bauernhauses in Holzkirchen. Als die Nachkommen der damaligen Bauern dann das Haus vor etwa einem Jahr ausräumten, weil an seiner Stelle ein neues Haus gebaut werden sollte, entdeckten sie den Koffer mit Feldpostbriefen. Doch erst nach dem Neubau fanden sie Zeit, die Briefe genauer in Augenschein zu nehmen. Und dann fanden sie den Brief an Dore Gommert und gaben ihn deren Schwester Christine Greiner.

    Dorothea Hueber bewahrt den Brief nun zusammen mit anderen Erinnerungsstücken in einer selbst genähten Mappe auf. Viele Geschichten über ein bewegtes Leben sprudeln beim Durchblättern der alten Zeugnisse und Fotografien nur so aus ihr heraus. "Es ist schon ein seltsames Gefühl nach so vielen Jahren, ja nach einem ganzen Leben, so unverhofft seiner eigenen Vergangenheit zu begegnen", sagt sie und betrachtet nachdenklich den vergilbten Brief mit der akkuraten Handschrift ihres Vaters.

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